Monument 14: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
seitlich in ihrer Nische, mit dem Rücken zur Wand. Mrs. Wooly hatte ihr Gesicht und ihre Hände gesäubert, aber an ihren Armen und ihrem restlichen Körper klebte noch getrocknetes Blut, an dem die Rettungsdecke haftete. Sie hatte sich nicht mal umgezogen. Ich hatte Mitleid mit ihr. Alle anderen ließen sich ihre Pizza schmecken, nur sie saß offensichtlich noch im Bus.
Ich nahm mein frisches Pizzastück und setzte mich ihr gegenüber an den Tisch. » Josie « , meinte ich leise. » Ich hab dir Pizza gebracht. Komm schon, iss was. Das wird dir guttun. «
Josie sah mich an und schüttelte wortlos den Kopf. Einer ihrer seitlich abstehenden Haarknoten hatte sich aufgelöst. Die Strähnen hingen windschief in der Luft, wie abgeknickte Äste.
» Nur ein Bissen « , versuchte ich es noch einmal. » Dann lass ich dich in Ruhe. «
Sie drehte sich zur Wand.
» Okay, ich lass die Pizza hier. Falls du’s dir anders überlegst. «
Astrid holte gerade ein Blech scharfe Salamipizza aus dem Ofen. Weil ich immer noch ein bisschen Hunger hatte, ging ich zur Theke.
» Magst du Salami? « , fragte sie mich.
Mein Herz hämmerte.
» Ja « , sagte ich. Wie lässig.
Sie legte mir ein Stück auf einen Pappteller. » Bitte. «
» Danke « , antwortete ich. Enorm lässig.
Ich drehte mich um und ging.
Das war meine zweite Unterhaltung mit Astrid. Wenigstens hatte ich diesmal geantwortet.
Auf dem Rückweg zu unserer Nische hörte ich ein lautes, metallisches Grollen. Ein schweres, rollendes Scheppern.
» Was … « , stotterte Max, » … ist das? «
Vor dem klaffenden Loch am Eingang des Greenway senkten sich drei schwere Stahltore aus der Decke. Eins, zwei, drei Tore unmittelbar nebeneinander. Die beiden an den Seiten entrollten sich vor den Fenstern. Das mittlere, etwas breitere, deckte den gesamten Bereich der ehemaligen Schiebetür ab.
Die Tore hatten Löcher, sodass weiterhin Luft reinkam und wir noch rausschauen konnten. Trotzdem war es irgendwie beängstigend.
Wir wurden eingesperrt.
Die Kleinen rasteten sofort aus: » Was ist da los? « , » Wir sind gefangen! « , » Ich will nach Hause! « und so weiter.
Niko stand auf und sah reglos zu, wie sich die Tore schlossen.
» Wir sollten was drunterschieben! « , rief Jake. » Um … um es zu blockieren! «
Er griff sich einen Einkaufswagen und rollte ihn nach vorne, unter das mittlere Tor.
Doch das Tor schubste den Wagen einfach beiseite.
Mit einem lauten BUMMMMM setzten die Tore auf dem Boden auf. Es klang sehr endgültig.
» Wir sind eingesperrt « , meinte ich.
» Und alle anderen sind ausgesperrt « , ergänzte Niko ruhig.
» Was soll’s. « Jake klatschte in die Hände. » Kann mir einer von euch kleinen Scheißern erklären, wie dieses komische Leiterspiel geht? «
Alex tauchte neben mir auf. » Dean. « Er zupfte mich am Shirt. » Gehen wir mal in die Elektronikabteilung? «
Natürlich waren alle Bigtabs in der Elektronikabteilung tot – sie hingen genau wie unsere Minitabs am Network. Doch Alex machte den einzigen altmodischen Flachbildfernseher ausfindig. Das Ding war ganz unten an der Seite angebracht, knapp über dem Boden.
Ich hatte mich schon immer gefragt, warum man sich heutzutage noch einen normalen Fernseher kaufen sollte. Schließlich konnte man sich für ein paar Dollar mehr gleich ein Bigtab holen, das man zum Fernsehen und Internetsurfen und SMS-Schreiben und Spielen und für Skype und Facebook und tausend andere nützliche Dinge hernehmen konnte. Trotzdem hatte jeder große Laden auch ein paar Fernseher im Angebot – und jetzt wusste ich warum: Sie liefen ohne National Connectivity. Offenbar empfingen sie ein Signal nur für Fernseher. Ab und zu wurde das Bild ein bisschen körnig und streifig, aber wir sahen gebannt hin.
Alex schaltete auf CNN.
Nach und nach kamen die anderen rüber, wahrscheinlich angelockt vom Sound der Fernsehübertragung.
Ich hatte gedacht, in den Nachrichten würden sie rund um die Uhr von unserem Hagelsturm reden. Irrtum.
Unser mickriger Hagelsturm war gar nichts.
Vor der Kamera saßen zwei Nachrichtensprecher, ein Mann und eine Frau, die ganz ruhig erklärten, was geschehen war. Doch die Frau war komplett durch den Wind. Sie hatte eindeutig geweint, um die Augen herum war ihr Make-up vollkommen verschmiert. Warum hatte das keiner in Ordnung gebracht? Das war immerhin CNN.
Der Mann im blauen Anzug meinte gerade, er würde die Verkettung der Ereignisse nochmals durchgehen, für alle, die sich erst vor
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