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Monuments Men

Monuments Men

Titel: Monuments Men Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Edsel
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eine Lösung.«
    Die kleine Gruppe stapfte durch den leeren Ort, vorbei an Schneewehen, Eisklumpen, zerborstenen Granaten und Schutthaufen. Jemand hatte den Schlüssel dabei, und daher betraten sie die Kirche durch die Tür, obwohl nur wenige Zentimeter daneben keine Mauer mehr war. Große Schneeflocken fielen herab und blieben auf der Madonna liegen. Die kleine Gruppe versammelte sich um sie, als würde sie sie durch ihr Leuchten wärmen. Hancock blickte in ihr Gesicht. Es zeigte Traurigkeit, Frieden und vielleicht auch Überraschung.
    Gerade als er beginnen wollte, zu den Leuten zu sprechen, gab das Dach nach. Es gab ein plötzliches Knirschen, dann krachte ein großes Holzteil auf den Boden. Schnee und Staub wirbelten in einer Wolke nach oben, und große Eisbrocken regneten herab. Als die Luft wieder klar wurde und sich der Staub gelegt hatte, trat der notaire langsam nach vorn, sein Gesicht war kreidebleich. Er hatte fast unmittelbar unter dem herabgestürzten Balken gestanden. Nur um Haaresbreite hatte er ihn verfehlt.
    »Nun ...«, fing Hancock an, als ein weiteres Stück des Daches herabfiel und ein paar Zentimeter neben den Füßen des Notars aufschlug.
    »Ich schlage vor, dass die Statue in den Keller im Haus von Monsieur George gebracht wird«, sagte der Notar. 157
    Der Maurer hatte recht gehabt: Es war nicht möglich, die Statue von ihrem Fundament zu trennen. Daher wurden zwei zerbrochene Dachbalken zu dem steinernen Sockel gezogen, und ein paar Männer begannen die Skulptur hin und her zu drücken, um sie vom Boden zu lösen. Obwohl das Fundament der Figur nur 1,20 Meter dick war, waren acht Männer nötig, um sie aus der Kirche und über den rutschigen Hang zur Dorfmitte zu schleppen. Die Männer waren gebückt von dem Gewicht, schauten nach unten und suchten sich vorsichtig einen Weg über das Eis. Hancock trug seine Kampfuniform und seinen Helm; die Dorfbewohner hatten Filzhüte und Schirmmützen auf, einige ältere Männer trugen Anzüge und lange Mäntel. Eine junge Frau in einem Cape und einer Kapuze führte den Zug an. Die Madonna überragte alle um einen Kopf, sie wirkte feierlich und friedvoll. Es war der seltsamste Umzug, den La Gleize bisher gesehen hatte.
    Nachdem die Madonna sicher im Keller untergebracht war, lud ein junger Mann Hancock und seinen Fahrer zum Essen ein. Hancock nahm dankbar an und war überrascht, dass er nun abermals die Gastfreundschaft von Monsieur Geenen genoss, des Bauern und Gastwirts, der ihn auch schon bei seinem ersten Besuch im Ort unterhalten und zum Essen eingeladen hatte. Hancock wollte nur seine K-Rationen und etwas heißes Wasser, um sein Kaffeepulver aufzulösen, doch abermals bestand die Familie auf einem vollständigen Mahl. Und dies, obwohl die hintere Hälfte des Hauses nicht mehr vorhanden und der Wohnbereich der Kälte ausgesetzt war. Durch eines der Löcher konnte Hancock einen großen Stapel Granaten, Panzerfäuste und Munition sehen, welche die Familie auf dem Grundstück aufgesammelt hatte, durch das andere sah er nur Dunkelheit. Alles wirkte unrichtig unwirklich. Aber es waren dieselben Menschen, die nun älter und erschöpfter aussahen, doch sie waren am Leben und wohlauf und bereiteten vor ihm nichts Geringeres als ein Festmahl aus. Inmitten all dieser Zerstörung waren frisch gekochtes Fleisch und Gemüse der wundersamste und unerwartetste Anblick den man sich denken konnte.
    Sie unterhielten sich über das Scheitern der deutschen Offensive den Einfallsreichtum der amerikanischen Soldaten und über ihre mögliche Zukunft. Hancock ließ es sich schmecken. Er ließ seinen Blick über die Gesichter schweifen, die Löcher in den Hausmauern, den Stapel mit Sprengmaterial, durch die beiden kleinen Räume und schließlich über das wunderbare Essen vor ihm. Da wurde ihm etwas klar.
    »Das ist nicht das Haus, in dem ich damals war«, sagte er. 158
    Monsieur Geenen legte seine Gabel weg und faltete die Hände. »Mitten in der Nacht«, sagte er, »wurde ich wach und sah vom Bett aus den Himmel durch ein Granatenloch in der Mauer. Und als ich begriff, wo ich war und warum ich hier war, da dachte ich bei mir: ›Ist es nicht schlimm, dass ich in meinem Alter noch so etwas erleben muss, nachdem ich mein ganzes Leben gearbeitet habe? Dass ich um mich und meine Familie herum nicht einmal vier intakte Wände habe?‹ Dann fiel mir ein, dass das nicht einmal mein eigenes Haus war, dass mein Freund, dem es gehört hatte, tot war, und dass von dem Haus, das ich

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