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Monuments Men

Monuments Men

Titel: Monuments Men Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Edsel
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American School Ballett etc. war, sich als kleiner Gefreiter herumquälen muss, ist schon komisch. Verrückt, würden wir sagen. Aber auch Saroyan ist Gefreiter. Er wird wohl Stücke über den Krieg schreiben. Bei zehn Millionen Männern oder mehr ist es schlicht nicht möglich, jeden optimal einzusetzen. Ich weiß nicht, was wichtiger ist – Glück, Führung, Freunde, Antrieb, etc. Zweifellos wird Befähigung nicht von vornherein großes Gewicht beigemessen.« 163
    Kirstein hatte das Pech, dass Rorimer gerade seinen eigenen monatelangen Kampf um eine Zuteilung zur MFAA zu Ende brachte und für den herausragenden, aber unbeachteten Gefreiten nichts tun konnte. Schließlich gelang es dem unermüdlichen Kirstein, der über gute Kontakte verfügte, eine Versetzung nach Frankreich und schließlich nach Paris zu erreichen, aber auch dort hatte er noch kein formell zugewiesenes Aufgabengebiet. Da er nichts zu tun hatte, richtete er sich mit Packkisten ein kleines Büro ein und stand jeden Morgen früh auf, um Briefe, Gedichte und Zeitschriftenartikel zu schreiben.
    Die Zwecklosigkeit seines Tuns deprimierte ihn zusehends. Das war ein stets wiederkehrendes Muster in seinem Leben: Hektischer Aktivität folgte zermürbende Verzweiflung. Seine manischen Phasen hatten zu außergewöhnlichen kulturellen Erfolgen geführt, mündeten aber gewöhnlich in zunehmender Trübsal und dem Gefühl, eine Gelegenheit verpasst zu haben. Diese depressiven Zustände hatten zur Folge, dass er oft so wirkte, als sei er nicht fähig, konsequent bei einer Sache zu bleiben. Er war ein großer, schwerfälliger Mann mit tief liegenden durchdringenden Augen und einer Hakennase, ein Mann, der einschüchternd wirken konnte, wenn er einen anstarrte, der aber auch ein ausnehmend charmanter Essensgast oder Freund sein konnte. Hinter seinem etwas Furcht einflößenden Äußeren war er ein unsicheres, manchmal herrisches Genie, ständig auf der Suche nach einem kreativen Ventil.
    Konfrontiert mit der zähen Militärbürokratie, trübte sich Kirsteins Stimmung im Frühherbst 1944 immer weiter ein, selbst als die alliierten Armeen ihren Vormarsch durch Europa antraten. Im Oktober, auf dem Tiefpunkt seiner Depression, begann er eine hitzige Korrespondenz mit der Roberts-Kommission. Er erläuterte, dass er die Stelle eines Oberfeldwebels in der Luftwaffe ausgeschlagen habe, um in der MFAA zu arbeiten, beklagte die Sinnlosigkeit seines Daseins als 37 Jahre alter Gefreiter und erklärte, dass »Skilton, Moore, Keck und ich der Kommission entweder zu unbequem waren oder schlicht vergessen wurden ... Ich jedenfalls empfinde das Verhalten der Kommission als gefühllos und beleidigend.« 164 Sofern er nicht bald seinen Verwendungsbescheid erhalte, schrieb er, habe er »absolut keine Lust mehr, weiter auf den Personallisten geführt zu werden«.
    Diese Briefe bewirkten nicht allzu viel. Die Roberts-Kommission wollte Lincoln Kirstein an die Front schicken, aber dieser hatte zu seiner Bestürzung festgestellt, dass es die Regeln des Militärs nicht erlaubten, dass Gefreite in der MFAA dienten. Dies setzte neue bürokratische Verfahrensabläufe in Gang, in die die gesamte Kommandokette einbezogen wurde, während sich die MFAA-Offiziere an der Front aufarbeiteten und ihre Assistenten untätig herumsaßen. Im Dezember 1944 erhielt Kirstein schließlich seinen Marschbefehl, mehr als ein halbes Jahr nach seiner Ankunft in England und er meldete sich am 5. Dezember bei der 3. US-Armee zum zeitlich befristeten Dienst. Diese lange Verzögerung erboste ihn noch mehr, als er herausfand, wie dringend die Monuments Men der 12. US-Heeresgruppe Unterstützung benötigten.
    George Stout, zu dessen Schülern Kirstein in Harvard gezählt hatte, wusste, dass der Gefreite ein brillanter Kopf war. Er kannte wahrscheinlich aber auch seine Schwächen: dass er sich leicht frustrieren ließ, dass er launisch war und ihm das Leben im Militär nicht sonderlich behagte. Ob durch Zufall oder aus Absicht – und wenn man Stout kannte, konnte man mit ziemlicher Sicherheit auf Absicht tippen – wurde Kirstein einem idealen Partner zugewiesen: dem Monuments Man Max Robert Posey aus George Pattons 3. US-Armee.
    Posey und Kirstein waren ein höchst eigenartiges Gespann: ein ruhiger, bodenständiger Architekt aus Alabama und ein manisch-depressiver, verheirateter, aber homosexueller Jude und Lebemann aus New York. Posey war beständig und ausgeglichen, Kirstein emotional. Posey war ein Planer, Kirstein

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