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Moon

Moon

Titel: Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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eingebildeten? - Kraft...?
    »Schlaf jetzt, Amy«, sagte er. »Ruh dich aus.«
    Und sie fühlte sich plötzlich so müde, fast, als hätte er ihr einen Befehl erteilt, dem sich ihr Körper unmöglich widersetzen konnte. Sie war unglaublich müde.
    »Jon... «
    »Morgen, Amy.«
    Seine Stimme klang hohl, der letzte Hauch eines Echos. Der Hörer in ihrer Hand war bleischwer.
    »Also gut, morgen«, sagte sie gedehnt, und ihre Lider waren lächerlich schwer. Was ist das, Hypnose per Telefon? »Jon...« wollte sie protestieren, aber irgendwie hatte sie nicht einmal mehr die Kraft, diesen Satz zu vollenden.
    »Ich liebe dich mehr, als du ahnst, Amy.«
    »Aber das weiß ich doch...«
    Es knackte, die Leitung war tot. Das jähe, tiefe Gefühl des Verlusts weckte ihre Lebensgeister beinahe wieder. Aber er hatte ihr gesagt, sie solle ausruhen, schlafen...
    Der Hörer entglitt ihren Fingern.
    Childes legte auf und fragte sich, ob wirklich die Pillen an Amys Müdigkeit schuld waren. Nun, vermutlich enthielten sie neben dem eigentlichen schmerzstillenden Mittel zusätzlich auch ein Sedativum. Er ging ins Bad. Er wollte sein Gesicht unters Wasser halten, weil auch er sich müde fühlte. Und doch war er sich jeder Einzelheit ringsum überdeutlich bewußt. Er ließ kaltes Wasser ins Waschbecken laufen, beugte sich hinab, tauchte die Hände hinein, bespritzte sich das Gesicht und hielt anschließend die nassen Finger gegen seine geschlossenen Lider. Schließlich richtete er sich auf und betrachtete sein Spiegelbild. Er starrte sich in die Augen und bemerkte die blutunterlaufene Korona rings um die weichen Kontaktlinsen.
    Und wenn Spiegelbilder Auren wiedergeben könnten, so hätte er auch die kurzen, züngelnden, weißen bis violetten Strahlen ätherischer Energie gesehen, die seinen Körper umhüllten.
    Childes rieb Gesicht und Hände trocken und kehrte dann in das schwach beleuchtete Wohnzimmer zurück. Wieder setzte er sich auf das Sofa, und wieder verzichtete er auf den doppelten Whisky. Er wollte, daß seine Sinne ganz klar waren; er wollte nicht riskieren, daß sie getrübt wurden. Der Mondstein leuchtete heller, das bläuliche Flackern darin versiegte.
    Wieder brandeten Schmerzen in seinem Kopf, diesmal winzige, immer neue Messerstiche. Aber er würde nicht aufhören. Nur das plötzliche Bedürfnis, mit Amy zu sprechen, hatte den langen, sehr langen Prozeß unterbrochen - und davor das dringende Bedürfnis, Gabbys Stimme zu hören... Jetzt konnte es nichts mehr geben, was ihn noch störte, denn Amy und Gabby waren in Sicherheit, fern von allem Bösen. Er konnte sich konzentrieren. Aber es tat weh; Gott, und wie es weh tat. Er schloß die Augen - und sah den Stein noch immer.
    Er öffnete die Lider erst wieder, als er das Flüstern hörte.
    Childes blickte sich um. Das Flüstern verstummte. Er war ganz allein in dem Zimmer. Erneut schloß er die Augen.
    Und hörte es wieder - jetzt ein dumpfes Raunen.
    Er gestattete seinen Gedanken, mit dem Raunen davonzutreiben, und dann ging alles so schnell (so schnell nach diesen langen Stunden des geistigen Hinausgreifens, des Suchens, des Tastens), als stürzte er in eine Schneeverwehung. Das gleitende Tiefersinken war weich und angenehm, der Aufschlag ganz ohne jeden Ruck... er versank in gepolstertem Erdreich.
    Flüstern. Raunen.
    Stimmen.
    Manche erkannte er wieder. Manche gehörten Mädchen aus dem La Roche-College - Mädchen, die in dem feurigen Mahlstrom ums Leben gekommen waren, verbrannt und verkohlt und verklumpt zu einer einzigen fleischigen Masse... und schließlich zu Asche geworden, zu einem einzigen pulverisierten Etwas.
    Andere.
    Eine junge, piepsige Stimme. Wie Gabbys Stimme -aber es war nicht Gabbys Stimme.
    Andere.
    Selbst im Tod wahnsinnig.
    Er konnte ihre Präsenz beinahe fühlen.
    Stimmen, die ihn warnten.
    Stimmen, die ihn willkommen hießen.
    Sie kreisten in seinem Kopf, und sein Kopf kreiste mit ihnen. Und der Mondschein, der jetzt der Mond selbst war, pochte und pulsierte, wurde groß, alles umhüllend... bedrohlich...
    Und dieses Mal tauchte er tief in den bösartigen und kranken anderen Geist hinab...

Wenn dem Police Constable Donnelly nicht alles Leben heilig gewesen wäre - selbst das von Kaninchen, die, von Scheinwerfern geblendet und gelähmt, spät nachts mitten auf der Straße hockten -, dann hätte er den Wagen höchstwahrscheinlich nicht aus den Augen verloren.
    Wie auch immer - aus dem Dunkel seines Streifenwagens heraus hatte er beobachtet, wie dieser

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