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Moon

Moon

Titel: Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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wir einen Schnelldurchlauf... Apropos. Sie hatten es ziemlich eilig mit dem Verhör. Schnellfeuerfragen. Es ging schon im Krankenhaus los, noch während sie Sauerstoff in mich hineingepumpt haben.«
    »Diese undankbaren... «
    »Die Schule ist ausgebrannt, Menschen sind gestorben, einer ihrer Kollegen wurde ermordet... Was erwartest du denn? Und es war das zweite Mal, daß ich vor allen andern am Schauplatz des Verbrechens war.«
    »Sie verdächtigen dich also der Brandstiftung und des Mordes, o großartig! Jon, das ist furchtbar. Warum, zum Teufel, kommst du nicht zurück, jetzt gleich. Nimm die Nachtmaschine, oder die erste morgen früh. Warum gibst du dich mit alldem ab?«
    »Ich glaube nicht, daß ihnen das gefallen würde.«
    »Sie können dich doch nicht daran hindern?«
    »Vielleicht doch. Ich will nicht weg von hier, Fran. Noch nicht.« Sie war verärgert - nein, mehr noch; sie wirkte erzürnt.
    »Warum?«
    »Weil es hier ist. Und solange das so ist, seid ihr beide sicher, du und Gabby, verstehst du das denn nicht?« Sie verstand es. Und sie sagte es ihm. Leise.
    Childes durchquerte das Wohnzimmer und ging zu seinem Spezial-Bücherregal, auf dem die Privatbar untergebracht war. Er entschied sich für die Whiskyflasche, drehte den Verschluß ab und hielt inne. Das hilft nicht, sagte er sich. Nicht heute abend.
    Er stellte die Flasche zurück.
    Der Raum lag in tiefen Schatten; das Licht der Tischlampe reichte nicht aus, um ihn zu erhellen. Die Vorhänge waren noch zurückgezogen, und hinter den Fenstern brütete schwer die Nacht. Er sah, daß der Himmel mit einem unheimlichen, metallischen Dunkelblau überzogen war. Childes schloß die Vorhänge an der Frontseite des Hauses und ging dann der Reihe nach von einem Fenster zum andern. Draußen glich der bleiche und leicht verschwommene Mond einer Hostie, flach und fein und dünn wie Seide. Childes zog die Vorhänge endgültig zu und sperrte die Nacht aus.
    Die Hände tief in den Taschen seiner Cordjeans, wanderte er durch das Haus und schließlich in die Küche, zum Frühstückstisch in der Mitte des Raumes; seine Bewegungen waren langsam, er schlenderte beinahe. Doch es war nichts Lässiges in seiner Haltung.
    Ein Stoppelbart verdunkelte die Haut an Kinn und Wangen, und als er auf den Tisch hinabstarrte, war sein Blick von einer Intensität, die auf seltsame Art müde und erwachsen zugleich wirkte. In seinen Augen glomm eine unerschütterliche Entschlossenheit.
    Er kehrte ins Wohnzimmer zurück und setzte sich in eine Ecke des Sofas. Mit auf den Knien abgestützten Ellenbogen betrachtete er den runden Gegenstand auf der Tischplatte vor sich.
    Die Lichtreflexe der Lampe flößten der durchscheinenden Kälte des Mondsteins so etwas wie Wärme ein -flüssiges Blau schimmerte in den Tiefen, veränderlich, Blau-Indigo... eine winterliche Farbenvielfalt.
    Er starrte in die Tiefen des Mondsteins hinab, wie ein altmodischer Hellseher, der eine Kristallkugel befragte, und wie von den zarten Schatten fasziniert. In Wahrheit aber schaute er durch dieses Innere hindurch. Vielleicht suchte er den innersten Teil seines eigenen Ichs. Aber er suchte auch noch etwas anderes... Er tastete nach einem Bindeglied, nach einem Kontakt, nach einem Zugangscode.
    Alles, was er fand, waren Namen. Und unirdische Gesichter. Kelly, Patricia, Adele, Caroline, Isobel, Sarahjane. Und Kathryn Bates, die Hausmutter. Alle tot. Asche. Estelle Piprelly, Asche.
    Annabel. Tot.
    Aber Jeanette lebte. Amy, geliebte Amy. Lebte. Und Gabby. Lebte.
    Seltsamerweise waren sie nicht so deutlich zu erkennen wie die anderen; die Gedanken an sie waren oberflächlich, irgendwie unwichtig. Sie gehörten nicht zu dieser neuen Empfindung.
    Seine Gedanken verweilten bei den Toten.
    Auch bei denen, die er nicht gekannt hatte.
    Die Prostituierte. Der Junge, der im Grab geschändet worden war. Der alte Mann mit seinem aufgesägten Schädel. Und andere in dieser Klinik. Er wollte ihre Gesichter nicht sehen, genausowenig, wie er ihre Stimmen hören wollte, denn er suchte etwas anderes -jemand anderen... Aber die Bilder waren da, und dieses eigenartige Flüstern pulsierte in ihm, pochte in seinem Verstand... pochte - und das Pochen schwoll an und wieder ab... wurde lauter und wieder leise... dehnte sich aus... zog sich zusammen... ein sich aufblähender und wieder zusammenziehender immaterieller Ballon... eine nebelhafte weiße Kugel... ein Mond -
    Childes keuchte, und seine Hand flog an die Stirn, Da war ein jäher, scharfer

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