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Moon

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Titel: Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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gefördert worden, die man besser schlummern ließ. Im Verlauf der nächsten Tage waren die düsteren Bilder seiner Jugend, seiner Erziehung ganz von allein gekommen... die erdrückende Strenge seines Vaters... Keine guten Bilder. Sie hatten ihm beinahe körperliche Schmerzen bereitet, obwohl ihm klar war, daß er seinen Vater nicht mehr haßte. Er hatte längst gelernt, solche Emotionen zusammen mit gewissen anderen zu unterdrücken. Und merkwürdigerweise war es gerade sein Vater gewesen, der ihm diese Selbstbeherrschung aufgezwungen hatte. Deshalb kam er jetzt zurecht - mit einer Energie, die aus der eigenen inneren Unterdrückung entstand, und mit tatkräftiger Unterstützung der Sonne und des Alltags klappte das erst recht; so konnte er der eigenen beunruhigenden Rückschau Widerstand entgegensetzen. Nur die dunklen Stunden der Nacht waren Verbündete der Furcht.
    Childes entdeckte die leere Bank mit Blick auf einen der Yachthäfen und wies die Mädchen darauf hin; sechs stürmten los und nahmen sie mit Feuereifer in Beschlag und quetschten und drängelten sich mit viel Gekicher auf dem bißchen Platz. Die anderen lehnten sich an das gegenüberliegende Geländer.
    Auf der Hafenpromenade wimmelte es von Touristen und Einheimischen gleichermaßen; auf den Straßen schoben sich Autos und Busse langsam voran. An den Kais brüteten die geparkten Fahrzeuge in der Sonne. Die beiden Hafenbecken waren überfüllt mit Yachten und Motorbooten aller Größen und Bauarten; den Fischerbooten hatte man in der Nähe der Außenbezirke gesonderte und ruhigere Liegeplätze zugewiesen. Am Ende eines der weit geschwungenen Piers erhob sich ein Leuchtturm, und auf dem Gegenstück hielt eine Festung seit uralten Zeiten Wache. Läden und Bistros waren ausnahmslos dem Meer zugewandt, leuchtende Fassaden, alt und neu nebeneinander; das Betonhafenbecken wurde von Postkartenfarben verschönt. Die Stadt selbst wuchs in malerischen Terrassenstufen zum Landesinnern empor, und hier und da durchschnitten Treppen das gleichförmige Muster, steil empor führende Schneisen und Durchgänge, die einladend kühl und geheimnisvoll schimmerten - ihr Ziel waren die schmäleren oberen Bereiche der Stadt.
    »Zwei von euch haben jetzt die Chance, ihre heutige gute Tat für die Älteren zu vollbringen«, kündigte Childes den sitzenden Mädchen an, als er verspätet herankam. Sie blickten neugierig auf, und er deutete mit einem Daumen in Richtung Himmel. »Macht eurem alten Lehrer Platz.«
    »Zählt Isobel als zwei, Sir?« fragte Kelly mit einem übermütigen Lächeln und zeigte demonstrativ auf ihre rundliche Klassenkameradin am anderen Ende der Bank, und natürlich erntete sie damit eine Menge Gelächter und nur einen lauten Protest.
    »Ich denke, ich werde deinen Platz einnehmen, Kelly«, sagte er. »Und du kannst gleich noch eine gute Tat vollbringen.«
    Sie erhob sich, ohne ein Zeichen von Ärger in ihrem Lächeln, aber wie immer mit herausfordernden Augen. »Alles, was Sie nur wollen, Sir.«
    Er griff nach seiner Brieftasche. »Ihr habt nur eine Wahl: Vanille oder Erdbeer. Keine Tutti-Fruttis, keine Super-Trooper-Schokolade mit Mandeln, keine Dreischichten Mangos, Mandarine und Passionsfrucht-Köstlichkeiten - nichts, was das Leben kompliziert, okay? Und außerdem brauchen wir noch zwei Freiwillige, die sie mit Kelly holen.«
    Mit glänzenden Augen und geradezu unanständiger Hast erhob sich jetzt auch Isobel, während die anderen noch ihre Freude hinausriefen. »Ich helfe mit, Sir!« bot sie strahlend an.
    »O nein!« stöhnte jemand. »Bis sie zurückkommt, ist bestimmt nichts mehr übrig!« Noch mehr Gelächter, begleitet vom mißmutigen Augenaufschlag des dicklichen Mädchens.
    »Also gut«, willigte Childes ein, setzte sich auf Kellys Platz und nahm zwei Banknoten aus seiner Brieftasche. »Wie wär's, wenn du sie begleitest, Jeanette?« Er lächelte dem zierlichen Mädchen zu, das sich gegen das Geländer lümmelte und sich augenblicklich versteifte; Habachtstellung, könnte man das wohl nennen, überlegte Childes. »Ich glaube, dir kann ich die Beute anvertrauen.« Scheu nahm sie das Geld entgegen und mied seinen Blick. »Du nimmst die Bestellung auf, Einstein«, wies er Kelly an. »Mir bringst du Vanille. Und alle drei paßt ihr auf die Straße auf - Miss Piprelly würde es mir nie verzeihen, wenn ich euch nicht vollzählig zurückbringe.«
    Sie machten sich auf den Weg; Kelly und Isobel tuschelten verstohlen miteinander und kicherten, während

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