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Moon

Moon

Titel: Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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gewechselt wurden; so viele Bilder: manchmal von beunruhigender Deutlichkeit und Schnelligkeit, an denen es dann jedoch Gefallen fand. Es genoß die Bilder. Es hatte getastet, geforscht, sein Bewußtsein hinausgreifen lassen; es hatte diesen verängstigten Menschen aufspüren wollen. Das hatte nicht auf Anhieb funktioniert. Aber die sensorische Verbindung wurde stärker. Es hatte gewittert und gekostet. Es hatte die Panik des Menschen gespürt. Nicht einmal seine Erinnerungen hatte der Mann vor ihm verbergen können.
    Die Tötungen damals, die an den kleinen Kindern, in den tiefen Bereichen seines Geistes verschlossen - es hatte sie entdeckt und voller Überraschung und - bald darauf - mit sadistischem Vergnügen betrachtet. Es war mehr als nur ein Beobachten; mehr als nur visuelles Wahrnehmen im Sinne des Wortes... die Morde wurden miterlebt. Genossen. Und es begriff die Verbindung dieses Mannes zu den Morden.
    So viele sensorische Erinnerungen... Es betrachtete sie, studierte sie, kostete in vollen Zügen. Eine neue Folterung - nichts anderes. Und es spürte den Mann selbst auf, denn seine Vergangenheit war in seinen Gedanken lebendig, vieles davon so scharf umrissen. Unwichtig, daß es seine physische Erscheinung nicht wahrnehmen konnte; jene, die er kannte, waren zu sehen, dürftig nur, aber sie waren zu sehen. Der Mondstein (so rätselhaft es auch war, daß er sich nun in seinem Besitz befand) - der Mondstein war der Katalysator gewesen für das Zusammentreffen ihrer Geister; der Durchbruch kam plötzlich und mit überwältigender Gewalt: wenn es zuvor nur zaghafte und tastende Annäherung gegeben hatte, existierte jetzt ein gespenstischer Kontakt. Und als die Kindermorde enthüllt waren, war auch die Verbindung zwischen dem Stein und der Polizei nachgewiesen, und die Begabung des Mannes zur Psychometrie begriffen. Die damaligen Morde waren der Schlüssel.
    Berichte darüber waren leicht zu finden. Die Zeitungen hatten damals über die Grausamkeiten und deren bizarres Ende frohlockt. Die Mikrofilmaufzeichnungen der Bibliotheken lieferten die letzten Antworten, die es brauchte.
    Eine Woche war vergangen, und jetzt wählte es die nächste Nummer auf der Liste - alle diese Nummern hatten dieselbe Vorwahl - und die oberen waren bereits mit Filzstift durchgestrichen.
    Es grinste, als am anderen Ende eine piepsige Stimme »Hallo?« sagte.

Sie traten aus der klimatisierten Kühle des Rothschild-Gebäudes ins Freie hinaus, und die Sonne nahm sie wie die zurückgekehrten verlorenen Söhne in Empfang und legte sich in einer liebevollen Umarmung um ihre Körper. Die insgesamt zwölf Mädchen (alle im La-Roche-Sommerblau gekleidet) schwatzten unaufhörlich und genossen jede Sekunde ihrer Befreiung vom College. Sie versammelten sich vor dem modernen Büroklotz, und Childes zählte sie ab und vergewisserte sich, daß keine seiner Schülerinnen abhanden gekommen war. Er hatte das Gefühl, daß sich der Besuch im großen Computerraum der Investmentgesellschaft sehr gelohnt hatte - auch wenn die meisten seiner Schülerinnen von den hochgestochenen Erklärungen des Operators eher verwirrt worden waren (Childes hatte in sich hineingeschmunzelt, als er die unvermeidlichen glasigen Blicke der Mädchen bemerkt hatte). Dennoch hatten sie jetzt einen Schimmer davon, wie Computer das Funktionieren solcher internationaler Gesellschaften ermöglichten.
    Alle waren da und noch immer korrekt angezogen, niemand fehlte. Es war ein guter Morgen gewesen. Childes warf einen Blick auf seine Armbanduhr: 11 Uhr 47.
    An ihrem Versammlungsort vorbei führte die breite Hauptstraße zum Hafen hinab - und daran vorbei; die Masten der Boote bewegten sich träge; sie schienen ihm zuzuwinken.
    »Wir haben noch eine Weile Zeit, bis wir zum Mittagessen zurück sein müssen«, sagte er zu den Mädchen. »Also: warum legen wir da unten, am Hafen, nicht eine Pause ein?«
    Sie jauchzten vor Freude und formierten sich in einer ordentlichen Doppelreihe. Childes schlug vor, sie sollten ihr Geplapper auf ein Minimum reduzieren, dann gab er übertrieben steif den Befehl zum Abmarsch. Zum ersten Mal in dieser Woche fühlte er eine Art geistiges Gleichgewicht zurückkehren: der strahlende Sonnenschein, das Plaudern der Mädchen, die alltägliche Umgebung - all das tat seine Wirkung, Das Erlebnis mit dem Mondstein hatte ein eigenartiges Gefühl der Sinnlosigkeit in ihm hinterlassen, und die darauffolgende Unterhaltung mit Amy... Nun, da waren Erinnerungen zutage

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