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Moon

Moon

Titel: Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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Jeanette, die hinter ihnen ging, wie immer ausge-schlossen blieb. Childes hielt die Mädchen im Auge, bis sie die stark befahrene Straße wohlbehalten überquert hatten, dann wandte er sich wieder dem Hafen zu und beobachtete, wie sich die Fähre vom Festland behäbig dem Kai am Ende des Nordpiers näherte. Weiter draußen sprenkelten weiße Segel die ruhige Meeresfläche wie winzige umgedrehte Papierkegel. Hoch über ihnen zog eine gelbe Trislander vorbei, ein zwölfsitziges Flugzeug, das regelmäßig zwischen den Inseln pendelte. Das gedämpfte Motorengeräusch gehörte ebenso zur Atmosphäre der Insel wie das Summen der Bienen; ganz im Gegensatz zum Verkehrslärm ringsum, zu den Menschenmassen und ihren Unterhaltungen, die lediglich saisonbedingte Unterbrechungen der Geruhsamkeit des verbleibenden Jahres darstellten. Dennoch rief das bloße Hinaussehen aufs Meer, auf die sanften Wellenmuster und die anmutig herabsegelnden Möwen eine beruhigende Wirkung hervor.
    Childes entspannte sich vollkommen, und er freute sich, daß sich auch die Mädchen in seiner Gegenwart wohl zu fühlen schienen und den Ausflug offenkundig genausosehr genossen wie er selbst. Er begann sie über den Computerraum von Rothschild abzufragen, weil es ihn interessierte, wieviel Stoff bei ihnen hängengeblieben war, doch ihre Unterhaltung ging bald über das bloße pädagogische Frage-und-Antwortspiel hinaus. Er fand die Bemerkungen der Mädchen interessant und amüsant, und er mußte unwillkürlich daran denken, daß solche Ausflüge oft zu einer verständnisvolleren Lehrer-Schüler-Beziehung führten. Childes hatte mit seiner Kingsley-Klasse einen ähnlichen Ausflug in der Praxis vor - allerdings rechnete er da nicht mit einem so angenehmen Vormittag; die Kingsley-Jungen waren übermütig und schwerer zu bändigen - es würden gewisse disziplinarische Vorgaben nötig sein, um sie im Zaume zu halten.
    Kelly, Isobel und Jeanette kamen unter dem lauten Hallo ihrer Mitschülerinnen mit den Eishörnchen zurück und verteilten schnell ihre Fracht. Jeanette kramte das Wechselgeld aus einer Tasche ihre Kleides, und Childes lächelte ihr zu.
    »Ich danke dir«, sagte er.
    »Ich danke Ihnen«, antwortete sie und erwiderte sein Lächeln. Ihre Schüchternheit war ein wenig geschmolzen.
    »Hast du das, was wir heute morgen gemacht haben, verstanden?« fragte er sie.
    »O ja, ich denke schon.« Sie zögerte. »Na ja... ziemlich viel jedenfalls.«
    »Sobald man die Grundzüge versteht, ist es nur noch halb so schlimm, weißt du. Und wenn du die Grundbegriffe beherrschst, dann greift alles ineinander über. Du wirst sehen«, setzt er hinzu. Dann drehte er sich suchend zu den anderen um. »He, wer hat meins?«
    »Oh, tut mir leid«, entschuldigte sich Kelly kichernd. »Ich wollte es nicht aufessen, das schwöre ich.«
    Das Eis schmolz bereits, weiße Rinnsale tropften über das Hörnchen und über ihre Finger herab. Das eigene Eis hatte Kelly bereits halb vertilgt; verglichen mit dem, das sie jetzt Childes reichte, wirkte es winzig.
    Er nahm sein Eis in Empfang, und sie hob die Finger an die Lippen und schleckte die weiße Klebrigkeit demonstrativ ab.
    In diesem Augenblick bemerkte er den Brandgeruch. Ein eigenartiger Geruch. Wie von gebratenem Fleisch. Nur schlimmer. Viel schlimmer. Als würde menschliches
    Fleisch verbrennen.
    Er starrte Kelly an, und die Hand, die sie an ihren Mund hielt, war schwarz, und die Haut, die noch an den bleichen Knochen klebte, war knorpelig und aufgeplatzt. Ihre Hand war eine verformte, verkohlte Klaue.
    Er hörte Lachen rings um sich herum, und die Stimmen waren weit entfernt, obgleich es das Lachen und die Stimmen seiner Schülerinnen waren. Er spürte etwas Kaltes, Klebriges auf seinem Oberschenkel, starrte hinab, sah den weißen Fleck der geschmolzenen Eiscreme auf seiner Hose.
    Als er wieder aufsah, lachte Kelly mit den anderen und leckte ihre Hand immer noch sauber. Ihre Hand war jetzt wieder völlig unversehrt.

Die Straße war breit und ruhig, es herrschte nur spärlicher Verkehr.
    Die freistehenden Häuser erhoben sich hinter kleinen, gepflegten Vorgärten. Zweifellos waren die rückwärtigen Gärten groß. Die ganze Wohnsiedlung signalisierte, daß hier wohlhabende, wenn auch keine reichen Leute wohnten. Der Wagen fuhr langsam vorbei. Der Fahrer suchte nach einer ganz bestimmten Hausnummer, nach einem ganz bestimmten Haus.
    Dann wurde der Wagen sanft abgebremst; Das Etwas darin starrte zu diesem ganz bestimmten Haus

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