Moonlit Nights
aufstellen. Der Verlauf, den das
Gespräch genommen hatte, war ihm sichtlich unangenehm. Also,
schnell aufessen und raus aus der Gefahrenzone. Andererseits:
Was hatte er erwartet? Er kannte meine Mutter ja schließlich
schon länger als ich und selbst mir war klar gewesen, dass sie sich
natürlich nicht zurückhalten konnte. Ich sank gegen meine
Stuhllehne und hoffte, dass sich der Erdboden auftat. Liam war
das erste Mal bei uns zu Besuch. Musste sie ihn direkt so
erschrecken? Er hielt sie jetzt bestimmt für eine lüsterne Mumie,
die sich bei jeder ihr bietenden Gelegenheit auf Frischfleisch
stürzen wollte. Ich schmunzelte, als ich mir meine Gedanken
bildlich vorstellte. Glücklicherweise war in der Sache auf meinen
Vater Verlass. Wenn die Umstände keine Flucht zuließen,
versuchte er alles erdenklich Mögliche, um das Thema zu
wechseln. Schadensbegrenzung sozusagen …
»Schönes Wetter heute, oder?!« Leider war Dad nicht besonders
geschickt darin.
Da ich Liam jedoch weitere peinliche Situationen ersparen wollte,
ging ich darauf ein.
Meine Mutter schien erst etwas irritiert zu sein, ließ sich dann
aber ablenken.
Nachdem das Abendessen beendet war, räumte ich die Gedecke
vom Tisch. Liam war bereits aufgestanden, griff seine Jacke von
der Stuhllehne und zog sie über.
»Du willst uns schon verlassen Liam?« Meine Mutter sah ein
wenig enttäuscht aus.
Liam nickte.
»Mr Morrison hat mich gebeten, Ende der Woche ein Referat über
das Bestimmen von Wendepunkten zu halten. Als Einführung in
das neue Thema. Dafür muss ich noch ein paar Sachen
zusammensuchen. Den Rest der Woche habe ich nicht allzu viel
Zeit dazu und außerdem soll Emma ja ihren Schlaf bekommen.«
Er zwinkerte mir zu. »Das denk ich mir, dass sie den nicht
bekommen würde, wenn du da wärst. Ging mir wahrscheinlich
genauso«, grinste meine Mutter und freute sich, dass sie zurück
bei ihrem Lieblingsthema war. Glücklicherweise ignorierte mein
Dad das und stellte sich neugierig neben Liam. »Bist du nicht
ganz neu auf der Schule?«
»War heute mein erster Tag.« Ein leiser Klang von Stolz schwang
in seiner Stimme mit.
»Alle Achtung Liam.« Eigentlich war es nicht so einfach, meinen
Vater zu beeindrucken, aber Liam schien damit keine Probleme
zu haben. Generell war mir aufgefallen, dass Liam überall sehr
gut ankam. Hübsche Menschen scheinen es einfach leichter zu
haben. Schade, dass ich nicht mit außergewöhnlicher Schönheit
gesegnet war. Ob das etwas an meiner Mathenote verändern
würde? Nein ... bleiben wir realistisch. So schön konnte ich gar
nicht werden ... Selbst ein Aussehen wie Halle Berry oder
Angelina Jolie würde mir dabei nicht helfen können.
Liam bedankte sich bei meiner Mutter für das vorzügliche Mahl
und ging zur Haustür.
»Ach Liam?«, rief sie hinter ihm her. Fragend blickte er sich nach
ihr um.
»Komm’ gut heim! Das nächste Mal schläfst du vielleicht direkt
bei Emma.« Meine Mom winkte freundschaftlich und widmete
sich dann dem Abwasch.
Ich biss die Zähne zusammen und schob Liam aus der Haustür.
Nicht, dass meine Mutter noch mehr Chancen bekam, mich
bloßzustellen.
»Vielleicht«, kicherte er und warf mir einen verstohlenen Blick
zu. Mein Herz rutschte in die Hose. Hatte er das ernst gemeint?
Oder wollte er mich – ganz Gentleman, wie er war – nur nicht
blamieren?
Ich lächelte verlegen zurück und merkte, wie mir die Röte ins
Gesicht schoss. Schnell verabschiedete ich mich bei Liam mit
einem flüchtigen »bis morgen« und schloss die Tür.
Dann wirbelte ich herum: »MUTTER!« Eigentlich wollte ich sie
mit sämtlichen Hasstiraden beschimpfen, die ich kannte, doch mir
wollte einfach nichts einfallen. Für ihr Verhalten gab es einfach
keine Worte.
Meine Mutter blickte auf und schien zu warten, dass ich etwas
sagte.
»Du kannst doch nicht ... Bist du eigentlich vollkommen verrückt
... Was fällt dir überhaupt ein?«, legte ich wutschnaubend los.
Meine Wut vernebelte meine Sinne und ich konnte keinen klaren
Gedanken mehr fassen. Alles, was ich sagte, hörte sich selbst in
meinen eigenen Ohren nur nach »bla bla bla bla« an. Meine
Mutter schien das allerdings wenig zu kümmern. Sie lächelte
unberührt ihr liebevolles, mütterliches Lächeln.
»Ich kann doch auch nichts dafür, dass du deine Zähne nicht
auseinander kriegst und ich alles für dich regeln muss.«
»Regeln?! Blamiert hast du mich! Mal wieder!«, fuhr ich sie an.
»Ich habe Liam nur gezeigt,
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