Moonlit Nights
nicht
einfallen. »So heißt der Film.« Liam deutete auf den Fernseher.
Stimmt, bei genauerer Betrachtung sah der Film nicht nach
Liebesfilm aus. Um ehrlich zu sein: nicht im Geringsten. Der Film
befand sich gerade an einer Stelle, in der sich ein Mann in einen
gigantischen Wolf verwandelte und auf Menschen losging. Ich
stöhnte, als die Menschen im Fernsehen primitive Fluchtversuche
unternahmen. Das war ein weiterer Grund, warum ich
Horrorfilme nicht mochte. Erstens war der Kram völlig an den
Haaren herbeigezogen und zweitens benahmen sich die Menschen
dort nie so, wie es vernünftige Menschen in solchen Situationen
getan hätten. Wer lief schon wild schreiend ins Obergeschoss, um
vor einem Mörder zu flüchten und versperrte sich damit selbst
sämtliche Fluchtwege? Wäre der normale Weg nicht der durch die
nahegelegene Haustüre gewesen? Viel schlimmer jedoch war,
dass die Opfer mit allem auf die Tätereinprügeln konnten. Hier
ein schwerer Feuerlöscher gegen den Kopf, da eine scharfe Axt in
den Rücken und trotzdem waren die Mörder nicht totzukriegen –
ooh nein! Sie wurden ja noch nicht einmal langsamer. Im
kompletten Gegensatz dazu standen die Opfer. Der Täter brauchte
sein Opfer nur sanft zu schubsen und es flog meterweit gegen die
Wand, brach sich dabei sämtliche Gliedmaßen und versuchte
blutverschmiert – (Keine Ahnung, woher das ganze Blut immer
kam – so viel Blut wie die Opfer regelmäßig verloren, hätte sie
schon längst ohnmächtig werden lassen müssen. Dabei war ich
mir nicht einmal sicher, ob ein einzelner Mensch überhaupt so
viel Blut besaß.) – vor dem Täter zu fliehen, der bösartig kichernd
über ihnen stand. Flucht – auch so ein Thema. War
irgendjemandem einmal aufgefallen, dass die Opfer mit Topspeed
davonrannten, während die Mörder locker lässig hinterher gingen
und beide trotzdem gleich schnell waren? Wie funktionierte das?
Wer dachte sich so einen Schwachsinn aus? Der krönende
Abschluss war aber immer noch das Ende. Dem Mörder wurde
zum Beispiel mit einem Beil der Kopf abgehackt. Ein halbes Jahr
später kam dann Teil zwei raus. Ätsch – der Mörder war gar nicht
tot. Er hatte nur so getan. Liebe Filmindustrie, was bitte kann man
an »Kopf abschlagen« vortäuschen? Ab ist ab. Vor allem, wenn
der Kopf im ersten Teil noch meterweit über die Straße davon
rollte. Schließlich waren wir hier nicht bei Siegfried und Roy.
Hier gab es kein vorspielen oder irren und schon gar nicht konnte
der Mörder ein halbes Jahr später wieder auferstehen. Es sei denn,
er hieß Hermann Monster und der Kopf war ohnehin nur
festgeschraubt ...
»Was ist?!«, unterbrach Liam meine gedankliche Ausführung und
sah mich gespannt an, »hast du Angst vor Werwölfen?« Ich
schaute in den Fernseher. Der Werwolf hatte sich gerade vor einer
Frau aufgebäumt, die jetzt herzzerreißend am Schreien war. Ich
schüttelte mit dem Kopf.
Ich bekam keine Angst von solchen Filmen. Es war einfach nur
nicht mein Geschmack. »Albern«, antwortete ich knapp.
»Albern?« Liam hob ungläubig eine Augenbraue, als er meine
Antwort wiederholte. Ich nickte. »Du hättest also keine Angst,
wenn ein zähnefletschender Werwolf vor dir stände? Im Kopf nur
die Jagd und das saftige, begehrenswerte Fleisch zum Greifen
nah?« Ich sah Liam in die Augen, die plötzlich wieder diesen
wilden Ausdruck hatten. So wie Liam es sagte, schauderte es
mich doch ein wenig. Trotzdem schüttelte ich den Kopf und Liam
lächelte daraufhin spöttisch. Meine Güte! Liam schien seine Filme
ja regelrecht zu lieben, wenn er so empfindlich auf Kritik
reagierte. »Ist ja auch egal«, sagte ich und streichelte sanft über
seinen sehnigen Unterarm. Mein Beruhigungsversuch klappte.
Liam seufzte wohlig. »Es gibt doch sowieso keine Werwölfe. «
Liam nickte verhalten und lächelte mich gequält an. Es tut mir
leid, Liam, aber irgendjemand musste es dir ja sagen. Werwölfe
waren wie Weihnachtsmänner und Osterhasen. Man konnte zwar
daran glauben, doch das machte sie noch lange nicht real. Ich
kuschelte mich näher an ihn und schaute zurück in den Fernseher.
In dem Moment sprang der Werwolf auf sein Opfer, welches
einen markerschütternden Schrei ausstieß. Mit einem Biss hatte
der Werwolf seinen Kopf abgebissen und Blut spritzte gegen die
Mattscheibe. »Buh!«, machte Liam in diesem Moment und ich
erschreckte mich fast zu Tode. Liam begann schallend zu lachen
… – er lachte mich
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