Moonshadow - Das Schwert des grauen Lichts
Andererseits hätte Mantis ihn wegen seines Mitgefühls Fremden gegenüber, seiner ritterlichen Verteidigung der Schwachen und Hilflosen, gelobt. Groundspider hätte natürlich den Nervenkitzel des Kampfes ausgelassen
ge feiert! Badger wäre - wie im mer - mit Eagle einer Meinung, wobei er schwerfällig irgendeinen chinesischen Weisen zitieren würde, und Heron - nun, sie könnte sich beiden Parteien anschließen. Es war alles so verwirrend! Immer wieder schaute er sich die Banditen an, dachte an das Mädchen und pumpte sich dann frische Luft in die Brust. Nein. Es war seine innere Stimme, der er gehorcht hatte. Wie Eagle selbst, der seine Iga-Befrager vor so langer Zeit geschont hatte, hatte Moon aufgrund seiner eigenen Instinkte eine rasche Entscheidung getroffen. Was immer er gerade getan hatte, er bereute es nicht. Er würde mit diesem Karma leben oder sterben, mit seiner Belohnung oder seiner Bestrafung.
Moon blickte wieder den Berg hinab. Die Bauern waren jetzt weder zu hören noch zu sehen, nicht einmal Staub stieg noch von der Landstraße auf. Er grinste zufrieden. Sie waren noch einmal heil davongekommen. Vor allem war sie heil davongekommen.
Er musterte noch einmal die kampfunfähigen Banditen und fühlte sich fast ein wenig um den Spaß betrogen. Kurz erwog er, in einer Rauchbombe zu verschwinden und ih nen mit die ser Illusion vorzugaukeln, dass ein Tengu, der lang nasige Bergteufel, der in den Bäumen hauste, sie in der Verkleidung eines Pilgerjungens angegriffen hatte.
Dann schimpfte Moon mit sich selbst. Warum sollte er eine Rauchbombe verschwenden? Selbst wenn der Trick tadellos klappen würde, wozu sollte er sie zu Tode erschrecken? Auch das wäre eine
Verschwendung. Von denen konnte sowieso keiner mehr irgendwo hinrennen. Er seufzte. Am Ende würde er nur dastehen und sie schreien hören. Zusehen, wie sie sich auf dem Boden wälzten oder hilflos auf der Flucht vor dem Rauch des Tengu durch die Gegend stolperten.
»Ein andermal«, murmelte Moon und hastete bergab.
SIEBEN
FEINDESLAND
Der Nieselregen hatte endlich aufgehört, doch der Himmel blieb bedeckt. Schwere graue Wolken tauchten zusammen mit den Türmen und Dächern von Burg Momoyama über Fushimi auf.
Moon quetschte sich durch den winzigen, voll besetzten Essbereich des Gasthauses, die Schachtel mit seinem neuen Schreibzeug unter dem Arm. Bevor er die Schiebetür zwischen der Gaststube und dem Korridor zu seinem winzigen Zimmer schloss, betrachtete er die sitzenden Essensgäste. Drei verheiratete Paare, zwei reisende Hausierer, eine alte Pilgerin, ein mittelalter Samurai und fünf Ein heimische, an deren Jacken man erkennen konnte, dass sie für die ortsansässige Brauerei arbeiteten. Neben der Tür eine Familie mit drei lärmenden Kleinkindern.
Nein. Die Göttin des Waldes war nicht unter ihnen.
Nachdem er sie und die Bauern verteidigt hatte, waren die vergangenen Tage auf der Straße ohne Zwischenfall geblieben, vielleicht hauptsächlich, weil schwerer Frühlingsregen eingesetzt hatte, weswegen jeder, der auf der Straße unterwegs war, Schutz gesucht oder seinen Schritt beschleunigt hatte.
An diesem Morgen war er kurz vor der Dämmerung nach Fushimi gekommen und hatte den Ort vom Aussichtsturm auf dem höchsten Dach aus in Augenschein genommen. Er hatte seine Anlage genau studiert, bis er sicher war, die Details genau in sich aufgenommen zu haben. Dann hatte er, nachdem er eine neue Verkleidung von einer Wäscheleine gestohlen hatte, in der am bil ligsten wirkenden Pension Quartier bezogen.
Moonshadow war jetzt als Botenjunge verkleidet, komplett ausgestattet mit einem kleinen hölzernen Rucksack für die Post und einer ausgewaschenen Jacke, auf der in großen Lettern Bote stand. Er runzelte die Stirn, als er den Korridor entlangging und die Falten seiner Jacke glatt strich. Einige hielten es für Unglück, für tabu, jemals einen Boten umzubringen. Vermutlich traf das nicht auf seine Feinde zu, die wahrscheinlich sowohl in der Nähe als auch überaus zahlreich waren. Aber mit ih nen würde er sich jetzt noch nicht befassen.
Es war Zeit, sich vorzubereiten, einen fehlerfreien Operationsplan zu entwerfen und nicht darüber nachzudenken, wer ihm auf den Fersen war. Sollten sie doch zuerst aus der Deckung kommen, so wie es Feinde mit geringerer Erfahrung unvermeidlich taten. In der Zwischenzeit musste er da für sorgen, dass die Silbermünzen, die er gerade ausgegeben hatte, nicht verschwendet worden waren. Moon schloss die
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