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Moonsurfer

Moonsurfer

Titel: Moonsurfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Birck
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wieder aus dem kochenden Weiß heraus und sinkt ruhig und sicher geleitet vom Bord-Computer hinein in die tropische Welt darunter.
    Steven überlegt, dass er es gar nicht so übel fände, wenn er selbst auch so etwas wie ein automatisches Leitsystem hätte, das ihn im Blindflug durch die Zukunft führen könnte.
    Der Jumbo neigt sich in eine steile Linkskurve, um die südliche Anflugschneise auf den Flughafen zu finden, und der Anblick, den das nach unten geneigte Bullauge nun freigibt, lässt Steven die Eintönigkeit der viel zu langen Reise vergessen. Unter ihm liegen die Inseln vor der Westküste Floridas, aufgeschnürt wie Silberdollars auf einer Schnur.
    Das Flugzeug schwenkt zurück in die Waagrechte und folgt im Sinkflug der lang gezogenen Inselkette bis zu ihrer nördlichsten Insel, die rasch näher kommt. Ihre Form erinnert Steven an eine Haifischflosse. Doch alssie so nahe ist, dass man die ersten bunten Häuser unter den Baumkronen erkennen kann, leuchtet der lange und breite Strand auf der Seeseite für einen kurzen Moment silbern auf wie ein riesiger Säbel.
Zoom auf die Insel am Eingang zur riesigen Tampa-Bay
    Der Strand der Insel wird gesäumt von hoch aufragenden Pinien, Fächerpalmen und breit ausladenden Banyon-Bäumen, die aus dem dichten Dickicht dahinter wachsen.
    Sharkfin-Island ist schon seit Jahrhunderten besiedelt. Zuerst lebten hier die Indianerstämme der Tocobaga - bis etwa vor fünfhundert Jahren die Segel der ersten spanischen Konquistadoren am Horizont auftauchten: auf der Suche nach Gold und dem sagenhaften Jungbrunnen. Später, im 17 . Und 18 . Jahrhundert, streiften Piratenbanden über die Insel, bevor sie von Pinonieren und Siedlern erschlossen wurde. Heute finden hier Aussteiger, Künstler, Rentner oder Urlauber in einer bunten Mischung alter und neuerer Holzhäuser ihr Paradies. Zum Schutz vor der Flut schweben viele davon wie Baumhäuser auf hölzernen Beinen, umgeben von den letzten Boten der Pflanzenwelt eines einst undurchdringlichen Dschungels.
    Aus dem Schatten einer Palmengruppe am Strand löst sich eine dunkle Gestalt. Sie humpelt unendlich langsam hinaus in die unruhige Tropennacht, Schritt für Schritt über den weißen, feinen und um diese Zeit kühlenMuschelsand. So langsam, dass man ihre Bewegungen kaum wahrnehmen kann. Die Gestalt passiert einen ängstlich flatternden gelben Sonnenschirm, den ein Urlauber dort vergessen hat, und schlurft geradewegs in die Wellen, die weit den flachen Strand hinaufgetrieben werden.
    Die Menschen hier fürchten das Auftauchen des gespenstischen Alten. Sie glauben, dass er die Dunkelheit des undurchdringlichen Gestrüppes nur deshalb verlässt, um den Sturmgott der schon vor sehr langer Zeit verschwundenen Ureinwohner zurückzurufen: Huracan.
    Der Alte bewacht ein vor langer Zeit gesunkenes Schiff voller Gold, so heißt es. Und der von ihm herbeigerufene Hurrikan soll denjenigen vernichten, der es wagt, sich auf die Suche nach dem Wrack zu begeben.
    Niemand auf der Insel hat sich jemals in die Nähe des Alten gewagt, keiner hat je ein Wort mit ihm gesprochen. Nie hat der unheimliche Greis seinen Dschungel aus einem anderen Grund verlassen, als um draußen in den Wellen den Sturmgott anzubeten. Die Bewohner der Insel haben dem Alten einen harmlos klingenden Namen gegeben: »Grumble«. Sie hätten ihn auch den »Unheimlichen« oder den »Hässlichen« nennen können, aber sie haben ihn nur den »Mürrischen« genannt. Vielleicht, weil sie ihn dann etwas weniger fürchteten, oder einfach nur deshalb, weil sie ihn nicht zu sehr verärgern wollten.
    Grumble trägt einen altertümlichen, vollkommen zerschlissenen Gehrock, der nur mit einem schimmligen Ledergürtel zusammengehalten wird und an dem ein rostiger Entersäbel hängt. Seine kalkweiße Stirn ist auf ihrer Backbordseite von einer tiefen Narbedurchschnitten, die nach oben hin in einem Strohhut verschwindet und unten in einem weißblinden Augapfel endet. Im ausgefransten Strohhut steckt eine Feder und zwischen Grumbles zerfurchten Lippen, so trocken und farblos wie eine abgestreifte Schlangenhaut, klaffen zahnlose Lücken. Lange, silberdünne Haarsträhnen sorgen im Wind zitternd dafür, dass er an einen in der Sonne verdörrten Piraten erinnert.
    Inzwischen hat der Alte sein Ziel erreicht, steht regungslos wie eine Statue in den Wellen. Halbblind starrt er aus schwarzen Höhlen auf das Meer hinaus. Dann dringt sein irres Lachen durch das Tosen der Brandung:
    »Hu-ra-caaan! Ha-ha-ha-

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