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Moonsurfer

Moonsurfer

Titel: Moonsurfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Birck
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Dabei schüttelt sie langsam und wortlos den Kopf, um ihm anzudeuten, dass er keinen Ton von sich geben soll. Ihre Haut ist dunkel wie die Nacht. Sie wäre wahrscheinlich unsichtbar, würde nicht Wasser über Rücken und Beine perlen und im Mondlicht schimmern. Engelsflügel oder gar ein Fisch-Schwanz sind nicht vorhanden.
    Das Mädchen, das nichts weiter als einen Rock aus Spanish-Moss trägt, rutscht zurück, taucht unter dem Board hindurch und versucht ein weiteres Mal, Steven - diesmal behutsamer - in die Wellen zu ziehen.
    Aber es ist zu spät: Befehle hallen aus der Ferne durch die Nacht.
    Das seltsame Mädchen verschwindet so plötzlich, wie es aufgetaucht war, nur ein paar Luftblasen bleiben von ihr übrig.
    Das Geräusch dumpfer Schritte über Holzplanken dringt zu Steven herüber. Weitere Fackeln und Laternen flackern auf. Etwas klatscht ins Wasser, wahrscheinlich ein Beiboot. Männer springen hinein und lassen Ruder in die Wellen kippen. Dann hält das Boot geradewegs auf Steven zu.
    Er blinzelt den Lichtern entgegen, hinter denen er jetzt auch die drei Masten eines Schiffes wahrnimmt, das nicht die X-Plorer sein kann … und ebensowenig ein Boot der Küstenwache.
    Die Ruderschläge nähern sich, dann sind sie da.
    Hämisch grinsende Gestalten, ausgemergelt und sonnenverbrannt. Nur mit ein paar Fetzen bekleidet, aus denen rostige Messer und altertümliche Pistolen lugen. Angenagte Gürtel, an denen verbogene Säbel baumeln. Stinkende Figuren, spuckend, sabbernd und rülpsend. Unzählige große und kleine offene Wunden, besiedelt von Maden.
    Diejenigen, die noch Ohren haben, tragen riesige Ohrringe, andere verlauste Bärte. Glatzen, fettige Zöpfe, Zotteln, Bürsten und letzte Büschel. Drei verrotzte Kopftücher, ein rostiger spanischer Helm, ein bemooster Turban und ein Dreispitz mit zwei Spitzen.
    Steven kommt auf acht Männer, zählt dreizehn Augen und sechs halbwegs unversehrte Nasen. Hier und da ein letzter schiefer Zahn.
    Skorbut, Lepra oder beides zusammen. Das Schiffsskelett am Horizont - ein Schiff voller Aussätziger?
    Eine der Figuren zieht unvermittelt eine schwere antike Steinschlosspistole aus dem zerschlissenen Hosenbund und richtet den Lauf auf Steven.
    Dann knallt es.
    Schwarz, nichts mehr.
Nach Mitternacht, in der Kapitänskajüte eines Schiffes, ruhige See; der Dreimaster liegt mit starker Schlagseite unbeweglich auf einer Sandbank.
    Splash!
    Steven reißt die Augen auf. Schmerzen hämmern in seinem Kopf. Auf seiner Stirn wächst eine breite Beule, die ihm der verpestete Kerl auf dem Beiboot mit dem eisenbeschlagenen Knauf seiner Steinschloss-Pistole verpasst hatte.
    Vor ihm eine grobschlächtige Muskelmasse, die noch den eben entleerten Holzeimer über Stevens Kopf hält, um einen letzten Tropfen der Soße abzuschütteln.
    Abgenagte Knochen, Fischgräten, Teller, Becher, Scherben und schnarchende Bündel bedecken die Planken einer düsteren Kajüte, die ein historischer Schrottplatz sein könnte. Der gesamte Raum neigt sich so stark nach Backbord, dass sich der größte Teil der Müllkippe zusammen mit ein paar schnarchenden Körpern in der versifften Ecke gesammelt hat, die der abschüssige Boden mit der Seitenwand des Schiffes bildet. Den fetten Kakerlaken,die träge durch die schräge Szene knattern, ist die schauerlich gekippte Kajüte egal, ebenso den Flammen der Öllampen und Kerzen, die den niedrigen Raum mäßig erhellen, und auch dem barocken Vogelkäfig, der von einem mächtigen Decksbalken baumelt.
    Steven blinzelt unter dem monströsen Kerl hindurch und erkennt einen schweren Eichentisch, an dessen Steuerbord-Beine zwei Säbel wie Gefangene an einen Marterpfahl gebunden worden waren. Augenscheinlich dienen sie dazu, die Tischbeine so weit zu verlängern, dass das Möbelstück auf dem abschüssigen Plankenboden einigermaßen gerade stehen kann. So, dass die beiden Männer, die schnarchend und mit ausgebreiteten Armen auf der Tischplatte liegen, nicht herunterrollen können.
    Zwischen den beiden Schläfern steht eine Armee aus großen und kleinen, kristallenen, silbernen oder goldenen Trinkgefäßen.
    Hinter dem Tisch hängt ein massiger Glatzkopf in einem Stuhl, auch dieser auf der Steuerbordseite verlängert, um eine ungefähr waagrechte Position halten zu können. Auf der Schulter des Mannes balanciert ein einbeiniger schwarzer Vogel, ein Rabe, dessen fehlendes Bein durch eine sorgfältig geschnitzte Holzprothese ersetzt wurde. Der halslose, fette Kerl, dessen Kiefer

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