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Moonsurfer

Moonsurfer

Titel: Moonsurfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Birck
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Leiter hinunter in den tiefsten Lagerraum des Schiffes.
    Skull, zufrieden mit dem Ergebnis der Gerichtsverhandlung, hängt unterdessen in seinem Stuhl, nimmt einen tiefen Schluck aus dem goldenen Schädel, rülpst und sagt dann zu dem Schiffsjungen: »Wie hat sich der Spion genannt? Waves? Steven Waves? Ritz mir den Namen des Narren zu den anderen in meiner Sammlung!« Dann leert er den Totenkopf, wedelt damit vor Snakes Nase herum und donnert ein Messer in den Tisch.
    Snake rüttelt das blitzende Ding aus dem löchrigen Holz, nimmt das makabre Trinkgefäß, hockt sich in eineEcke der schrägen Kajüte und macht sich an die Arbeit, während sich der Rabe aufrappelt und krächzt:
    »Stevnwaves … Stevnwaves … Stevnwaves.«
Im Laderaum der Blackbird, völlige Dunkelheit, Hitze
    Steven hat das Gefühl, seinen letzten Gang anzutreten, und zwar direkt hinunter in die Hölle. Er stolpert, rattert die glitschigen Holzsprossen hinunter, schlägt auf und sackt zusammen. Sofort hämmert sein Kopfschmerz wieder los, als würde eine Billardkugel in seinem Schädel hin und her springen. Der Bootsmann rumpelt hinterher, packt Stevens Füße, zieht ihn mit einem brutalen Ruck nach vorne und drückt dann gebogene Eisen über die Knöchel des Gefangenen. Steven presst seine Augen zu, als könne ihn das davor bewahren, in Ketten gelegt zu werden. Rasseln, wie von einem schweren Schlüsselbund. Dann die Tritte des Bootsmanns auf der Leiter nach oben und das Donnern der Luke, die wie ein Sargdeckel in ihren Rahmen fällt.
    Er öffnet die Augen.
    Schwarzes Nichts. Nur die Geräusche der Wellen, die an die Planken des bewegungslos daliegenden Rumpfes schlagen, und das dumpfe Trampeln einzelner Seeleute dringen noch von weit her. Sofort kneift er die Augenlider wieder zusammen und versucht, aus diesem Albtraum zu erwachen, in der Hoffnung, gleich wieder auf seinem Board zu liegen - und von den Helfern des Surf-Contests aus dem Wasser gezogen zu werden.
    Doch es ist kein Albtraum.
    Steven kann nur noch in kurzen, flachen Zügen atmen, denn es stinkt so erbärmlich nach Ammoniak, Fäulnis und Urin, dass kein Platz mehr für genügend Sauerstoff übrig zu sein scheint.
    Er versucht, sich zu beruhigen und über irgendetwas nachzudenken, um die Dunkelheit und den Gestank ertragen zu können.
    Ist das hier das »wissenschaftliche Experiment«, von dem der fette Kerl mit dem goldenen Trink-Schädel gefaselt hat? Soll etwa festgestellt werden, wie lange ein Mensch in einem Schiffsbauch ohne Atemluft überleben kann?
    Aber die fehlende Atemluft ist nicht das einzige Problem: Es ist auch noch unerträglich heiß. Eine Sauna ist dagegen ein Kühlschrank.
    Die wollen mich kochen.
    Steven hat das Gefühl, von der Bilgensuppe, in der er hier sitzt, verdaut zu werden. Er beginnt zu husten, muss würgen und übergibt sich, als aus der Dunkelheit plötzlich ein leises Wimmern zu ihm herüberdringt.
    Jemand stöhnt. Nur ganz kurz. Danach ist es wieder still.
    Steven erschrickt, zugleich ist er froh, hier wenigstens nicht allein begraben zu sein.
    »H…hallo?!«
    Nichts. Keine Antwort, nur hin und wieder das kaum vernehmbare Stöhnen.
    Später, Steven hat das Gefühl dafür verloren, wie viel später, fällt er in einen Halbschlaf. In eine Art Koma, das ihn mit einem irren Mix aus den Erlebnissen dervergangenen Stunden und Tage traktiert. Als er wieder erwacht, verspürt er quälenden Durst.
    Seine Zunge klebt am Gaumen, die aufgeplatzten Lippen brennen.
    Er reißt die Augen auf, blickt aber nur wieder in das gnadenlos schwarze Nichts. Panik will erneut nach ihm greifen und er versucht, sich so klein wie möglich zu machen. Es scheint ihm, als würde er wie ein verlorener Gesteinsbrocken durch das lichtlose All treiben, verfolgt vom Geräusch der an den Bordwänden nagenden Wellen des Meeres. Er verliert das Gefühl dafür, wo oben und unten ist, denn sein Gleichgewichtssinn hat alle Orientierungspunkte verloren.
    Übelkeit.
    Aber er hat nichts mehr im Magen, das er herauswürgen könnte.
    Irgendwann fasst seine rechte Hand an das linke Handgelenk und er spürt seine Taucheruhr - die sich mit einem der drei Einstellknöpfe beleuchten lässt.
    Ein Ziffernblatt kann kaum etwas erhellen, aber in der Dunkelheit des Verlieses im Bauch der Blackbird wirkt jede Lichtquelle, und sei sie auch noch so schwach, wie ein kleiner Scheinwerfer. Außerdem ist da noch etwas. Etwas, das den kleinen Lichtschein der Uhr tausendfach verstärkt und Steven verschlägt es

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