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Moonsurfer

Moonsurfer

Titel: Moonsurfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Birck
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Fantastereien seien mir Befehl! Aber wir werden nachts segeln. Hoffen wir, dass auch die Kopfjäger in der Dunkelheit ihre bösen Geister fürchten. Sie werden dann zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang keinen Angriff wagen. Außerdem sind wir bei gutem Wind und in ruhigem Wasser schnell, viel schneller als ihre Einbäume.«
    »Dann segeln wir durch die Bay?«
    Snake deutet auf die dunkle Wetterfront über dem südlichen Golf.
    »Auf ausreichend Wind können wir uns wohl verlassen. Doch lassen wir das Schicksal entscheiden: Lasst uns eine Münze werfen!«
    »Hast du eine? Ich hab keine … aber wir könnten’s auch anders ausknobeln: Ist ein Kinderspiel und heißt Schere, Stein, Papier  … schon mal davon gehört?«
    Snake seufzt und verdreht abermals die Augen zum Himmel …
Etwas später, vormittags, leichter Wind, schwüle Hitze
    Mangrovenwälder ziehen zu beiden Seiten vorbei. Sie wechseln sich ab mit kleinen sandigen Buchten und denriesigen uralten Banyons, die sich weit über die Furt zwischen den Landzungen neigen und das Sonnendach bilden, unter dem sich die Reisenden ein wenig vor der Mittagshitze schützen können. Von weit ausladenden Ästen hängen die langen, silbernen Vorhänge des Spanish-Moss herunter.
    Der kleine Segler erreicht ruhigeres Wasser und gleitet kurz darauf beinahe lautlos weiter. Er plätschert einen schmalen Tidenkanal hindurch und passiert einen von Papageien besetzten grünen Torbogen, den die Natur an dieser Stelle entstehen ließ, um einen würdigen Eingang zum Paradies auf Erden zu schaffen.
    Staunend stehen Steven und Snake auf ihrem kleinen Gefährt. Sie gleiten in ein Panorama, das ihnen den Atem verschlägt, während sie sich wie die ersten menschlichen Lebewesen auf diesem Planeten fühlen. Denn die Schöpfung scheint hier noch immer ihren allerersten Akt aufzuführen: Vor den Reisenden liegt eine riesige Bühne aus glitzerndem Wasser, unterbrochen nur von Hammock- und Mangroveninseln, bis zum Horizont durchzogen von Seegras, das sich im Wind wiegt. Und dann, hinter einer weiteren Landzunge: ein rosafarbenes Meer - Flamingos, so weit ihre Augen sehen können.
    Darüber, pulsierend, schnatternd, kreischend, stürzend, tauchend und wieder aufflatternd Regenpfeifer, Schnepfen, Silberreiher und Ibisse.
    Weißkopfseeadler kreisen im Blau des Himmels, Schlangenhalsvögel lauern im Wasser auf Beute. Handtellergroße Schmetterlinge umtanzen das Segel des Auslegerbootes.
    Sie passieren die lang gezogene Insel, die Steven als Longboat-Key kennt. Am Ufer hat ein Florida-Pantherseine Spur im Sand hinterlassen, auf der gegenüberliegenden Seite der Bay grasen Weißwedelhirsche und beobachten die Eindringlinge. Langsam und lautlos taucht ihr kleiner Segler in den Flamingo-Teppich ein.
    Steven lässt sich in das Kanu sinken, lehnt sich zurück, vergisst die Strapazen der vergangenen Tage und taucht seine Hände in das lauwarme Wasser.
    Snake, der es sich im Bug bequem gemacht hat, wirft einen Blick über seine Schulter. »Nehmt es nicht als Anmaßung, wenn ich Euch einen Vorschlag unterbreite: Das solltet Ihr nicht unbedacht tun!«
    »Was?«
    »Studiert die Wasseroberfläche!«
    Steven zieht die Hände ruckartig zurück. »Was gibt’s da?«
    »Alligatoren, Krokodile und Wasserschlangen. Nehmt Euch besonders in Acht vor den armdicken, schwarzen Schlangen!«
    »Schei… du meinst, hier gibt’s Water-Mokassins ?«
    »Nennt sie, wie Ihr wollt, ihr Gift jedenfalls lässt Euch gerade eben noch Zeit für ein Vaterunser!«
    Plötzlich tauchen zwei graue Felsen vor ihnen auf, die sich gemächlich auf Kollisionskurs befinden. Steven drückt das Ruder leicht nach steuerbord und zieht an den im Wasser schwebenden Dingern vorbei.
    Er späht zur Seite. »Manatees, oder?«
    »Manatees nennt Ihr sie?«, antwortet Snake. »Ich selbst hab sie Wasserkühe getauft. Das Gesindel auf der Blackbird hingegen hält sie für pralle Seejungfrauen.«
    »Ah.« Steven lässt sich zurück in das Kanu fallen, während nicht weit vom Boot entfernt zwei grüne Augenim Wasser lauern. Darunter zeichnet sich der riesige Körper eines Krokodils ab.
    »Sag mal, kann man hier mal kurz die Augen schließen, oder wird man dann sofort Opfer einer Wasserschlange oder sonst irgendeines Viechs?«
    Er versucht, es sich in dem engen Bootsrumpf bequem zu machen.
    »Wär ich eigentlich vor dir sicher, wenn ich jetzt ein Nickerchen halte?«, witzelt er und hofft gleichzeitig, aus einer Antwort seines undurchschaubaren Gefährten

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