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Moorehawke 01 - Schattenpfade

Moorehawke 01 - Schattenpfade

Titel: Moorehawke 01 - Schattenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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verstärkte. »Ich fürchte, man ließ Euch warten.« Beinahe unmerklich warf er einen Blick auf die Wachen.
    Etwas in seiner Miene veranlasste Wynter, ebenfalls zu den Soldaten hinüberzuschielen, und was sie sah, ließ ihr Herz einen merkwürdigen Satz vollführen. Die Männer starrten Heron und ihren Vater unverhohlen an. Ja, sie lümmelten sich regelrecht auf ihrem Posten, trotz der Anwesenheit des Kämmerers. Wynter schluckte einen Kloß aus Unsicherheit herunter und wandte sich wieder ihrem Vater und Heron zu, die einen vielsagenden Blick wechselten.
    Dann, ganz plötzlich, richtete sich ihr Vater im Sattel auf, so dass seine volle Größe und die wahre Breite seiner mächtigen Schultern zur Geltung kamen. Wynter sah seine Gesichtszüge völlig reglos werden: Die Lider fielen herab, um das leuchtende Katzengrün seiner Augen zu verhüllen, die geschwungenen Lippen wurden schmal und zogen sich auf einer Seite nach oben.
    Es war jener Ausdruck, den Wynter im Stillen Die Maske nannte oder manchmal auch den Mantel . Trotz seiner ehrfurchtgebietenden Wirkung schmerzte es sie, ihn an diesem Ort zu erleben, und sie dachte erschöpft: Ach, Vater, selbst hier?
Selbst hier müssen wir das schreckliche Spiel spielen? Andererseits konnte sie das vertraute Gefühl von Stolz nicht unterdrücken, das bei seiner Verwandlung stets in ihr aufstieg, und in ihrem Lächeln lag ein Hauch von grausamem Vergnügen, als sie beobachtete, wie er sich im Sattel umwandte und das ganze Gewicht seines nun gebieterischen Blicks auf die unmanierlichen Soldaten herabsenkte.
    Einen Augenblick lang schwieg Lorcan, und so lange begegneten die Wachen seinem Blick als Ebenbürtige, da sie die Veränderung vom einfachen Handwerker zu etwas Gefährlicherem noch nicht bemerkt hatten. Hoheitsvoll saß er im Sattel, drehte lediglich den Kopf, um jeden der Männer zu mustern, bedächtig ihre Gesichter zu erkunden, eins nach dem anderen, als fügte er sie in einem dunklen Winkel seines Kopfes einer Liste hinzu.
    Sein langer, geflochtener Zopf, Merkmal seiner Zunft, fiel ihm wie ein schweres Pendel auf den Rücken, über siebzehn Jahre gewachsen, nicht mehr geschnitten seit dem Tag, an dem er zum Meister seines Handwerks erklärt wurde. Erst in jüngster Zeit wurde das tiefe Rot von grauen Fäden durchzogen, was ihm die Aura eines Anklägers, Richters, Schöffen und Vollstreckers verlieh. Nun sah Wynter, wie sich ein Anflug von Zweifel in die Mienen der Soldaten schlich, sah Eisen ihre Wirbelsäulen emporkriechen. Noch immer sagte Lorcan kein Wort, und unter Wynters Augen nahmen die Wachen nach und nach die Gestalt einer militärischen Einheit an. Einfach so. Im einen Moment noch ein ungeordneter Haufen Flegel – im nächsten eine Soldatenformation in respektvoller Habachtstellung.
    »Bring mir einen Schemel«, sagte ihr Vater schließlich zu einem von ihnen. Es war unmissverständlich, dass dies ein Befehl war. Und dieser eine Mann, der Sergeant der Wache
persönlich, lief unverzüglich über die Wiese und verschwand schnellen Schrittes um die Ecke in die Stallungen.
    Mein Gott , dachte Wynter, noch weiß er nicht einmal, wer mein Vater ist, und schon saust er los. Ein Tischler – womöglich der Sohn eines Tieflandschäfers, der Bastard eines Fischers oder ein sonst wie gearteter Niemand – hat ihm gerade aufgetragen, einen Schemel zu holen, und nun seht ihn euch an! Fort ist er! Ehrfürchtig sah sie ihren Vater an. Und das alles durch die bloße Macht seines Blicks!
    Im Nu kehrte der Sergeant zurück, den Schemel vor sich hertragend wie einen innig geliebten Säugling. Sorgfältig platzierte er ihn unter Lorcans Pferd und trat ehrerbietig zurück, als dieser aus den Steigbügeln schlüpfte. Falls ihm das Absteigen Schmerzen bereitete, dann verbarg er es geschickt, selbst vor Wynter, die gewohnt war, darauf zu achten.
    »Bring unsere Pferde in die Hauptstallungen und übergib sie der Obhut des Oberstallknechts. Sag ihm, sie seien Eigentum des Hohen Protektors Lorcan Moorehawke und seines Lehrlings. Sag ihm, ich werde mich später persönlich von ihrem Wohlbefinden überzeugen.« Selbst wenn die leise gekrächzten Befehle den Stolz des Sergeants verletzten, ließ sich der Mann doch nichts anmerken, ja es ehrte ihn, dass er bei der Nennung des mächtigen Titels dieses einfachen Tischlers nicht einmal mit der Wimper zuckte. Er salutierte lediglich stramm und nahm Lorcan ohne weitere Feindseligkeit die Zügel ab.
    Wynter begegnete dem Blick ihres Vaters. Er

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