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Moorehawke 02 - Geisterpfade

Moorehawke 02 - Geisterpfade

Titel: Moorehawke 02 - Geisterpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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Augen riesig und feucht, und mit einem Schlag war alle Beherztheit aus Christophers Haltung verschwunden. Schicksalsergebenheit und Kummer trübten erneut seine Miene. Er sagte nichts, nickte nur, drückte dem großen Mann den Arm und klopfte ihm tröstend auf die Schulter.
    Auf der anderen Seite der Lichtung hatten sich die Frauen inzwischen vor der großen Säule versammelt und halfen Embla auf eine Art Plattform. Wari begann an einem Seil zu ziehen, das Gesicht verzerrt wegen der Schmerzen in seiner verletzten Schulter. Hand um Hand zog er, und ganz langsam wurde Embla emporgehoben. Höher und höher stieg sie, bis sie in etwa die mannshohe Aushöhlung erreicht hatte, die in den Baumstamm gekerbt worden war. Wari sicherte das Ende des Seils und ließ die Plattform in der Luft schweben, auf einer Höhe mit dem wabernden schwarzen Loch.
    Wynter starrte hinauf zu Embla – außerhalb jeder Reichweite nun, jenseits aller Hilfe – und ihre Augen füllten sich
mit Tränen. Sie konnte überhaupt nichts tun, erkannte sie. Es würde keine Rettung geben. Wie betäubt ließ sie den Ast fallen und sank ins Laub.
    Embla betrachtete Ashkr mit beinahe gelassener Miene von ihrem schwebenden Brett aus. Die Krähenfedern an dem Seil um ihren Hals hoben und senkten sich auf ihrer weißen Haut, ein Medizinbeutel schmiegte sich an ihre Brust wie eine schwarze Kröte. Ashkr atmete tief durch, straffte die Schultern und verbeugte sich. Zärtlich neigte auch seine Schwester den Kopf und trat dann ohne weiteres Zögern rückwärts in den Schatten der Baumhöhle.
    Ashkr wartete noch. Er blickte auf sein Handgelenk hinab und schloss die Finger um das geflochtene Band aus Silber und Kupfer. Urplötzlich drehte er sich um, umschloss Christophers Gesicht mit beiden Händen, zog ihn zu sich heran und küsste ihn auf den Mund. Wynter machte vor Schreck einen Satz, und auch Christopher ballte die Fäuste und erstarrte, befreite sich aber nicht aus der Umklammerung. Der Kuss dauerte an, sanft, innig, verzweifelt. Dann endlich löste sich Ashkr von Christopher und lief ohne einen Blick zurück zielstrebig auf den Scheiterhaufen zu.
    Als Ashkr näher kam, flackerte ein Licht in der Dunkelheit auf, und das Innere wurde sichtbar. Úlfnaor stand dort und wartete, die lodernde Fackel in der Hand. Hinter ihm warf ein acht Fuß hoher Pfahl zuckende Schatten auf die Wände aus Holzscheiten. Zu beiden Seiten knieten die Leichname der wunderschönen Hengste der Zwillinge wie im Gebet. Ihre massigen Köpfe waren geneigt, die Stirnen berührten den Boden. Es sah aus, als huldigten sie dem großen, blonden Mann, der nun durch die Reihen seines Volkes ins Herz seines eigenen Scheiterhaufens schritt.
    Ehrfürchtig berührten die merronischen Männer Ashkrs
Haar, seine Schultern, die Reife an seinen Armen, als er vorüberging, und er nahm dies ohne erkennbare Regung hin. Drei der Kriegshunde lagen nahe dem Eingang zum Hufeisen tot auf dem Boden. Ashkr stieg über sie hinweg und ging zwischen den kauernden Gestalten der Pferde und an Úlfnaor vorbei bis hin zu dem Pfahl. Dort blieb er stehen, legte die Handfläche auf das glatte Holz und blickte jenseits davon in die Sterne. Einen Moment lang betrachtete er den Himmel, dann drehte er sich um, lehnte sich mit seinem ganzen Gewicht an den Pfahl, legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen.
    Die Frauen vor der Säule begannen zu singen, ihre Stimmen klangen lieblich und hoch.
    Mit schnellen Schritten lief Hallvor um den Scheiterhaufen herum. Wynter konnte sie inzwischen durch ihren Tränenschleier kaum erkennen, doch sie wandte sich nicht ab, als Hallvor Ashkr an den Pfahl band und Úlfnaor Bündel von Birkenruten um Ashkrs Füße herum bis hinauf zur Brust stapelten. Die Männer holten noch mehr trockenes Astwerk herbei und häuften es um die Leichname der Pferde und Kriegshunde auf, immer höher, bis das Innere der Hufeisenform voll sprödem Astwerk war. Aus einem großen Krug goss Hallvor Öl auf die Zweige zu Ashkrs Füßen, wobei sie eine Melodie sang. Dann küsste sie Ashkr liebevoll und ging.
    Allein stand Úlfnaor nun vor dem Pfahl und sah zu dem Mann auf, den er so lange Zeit beschützt hatte. Ashkr jedoch beobachtete die Sterne, den Kopf gegen das Holz gedrückt. Da brach Úlfnaor jäh in Tränen aus; er schüttelte den Kopf und sagte etwas. Ashkr senkte den Kopf, und beim Anblick des tränenüberströmten Gesichts des Aoire lächelte er tröstlich. Es ist schon gut , sagte dieses Lächeln, sorge

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