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Moorehawke 02 - Geisterpfade

Moorehawke 02 - Geisterpfade

Titel: Moorehawke 02 - Geisterpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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hindurchrasen. Dann hörte sie einen dumpfen Aufschlag, und Ashkrs Schreie versiegten. Der Klang der Trommel und des Feuers füllte sogleich die Leere.
    Einen Augenblick herrschte unter den Merronern verblüffte Starre. Hastig ging Wynter in Deckung, sie befürchtete, die Umstehenden würden den Bolzen entdecken, der aus der Brust ihres Caora ragte, rechnete damit, dass sie sich umdrehen und ihre Blicke auf Christopher richten würden. Ihr wisst, was sie sonst mit Euch machen . Doch Ashkr wurde unvermittelt von einer Feuerwand verdeckt, als das Reisig vor dem Pfahl lichterloh in Flammen aufging, und die Merroner lauschten einfach nur dem sich zum Himmel erhebenden Prasseln.
    Christopher taumelte rückwärts, die Armbrust sank herab. Embla hoch droben auf der Säule klagte den Sternen ihr Leid, beweinte ihren Bruder und alles andere, was sie verloren hatte. Doch noch ehe Wynter Christopher erreicht hatte, huben die Merroner erneut zu singen an, und die Pein ihrer
Caora wurde von ihren Stimmen und dem unablässigen Trommeln gedämpft. Wie betäubt, beinahe ohne nachzudenken, lud Christopher erneut seine Armbrust, zielte und schoss. Mitten im Wehklagen brach Emblas hoher Ton der Verzweiflung ab.
    Schluchzend und brabbelnd stolperte Christopher fort in die Finsternis, all seine eiserne Beherrschung, all seine stumpfe Zügelung schien verflogen. Schwerfällig und unvorsichtig laut trampelte er durchs Unterholz.
    Wynter rannte ihm ebenso leichtsinnig nach. »Warte!«, schluchzte sie, sich blind vorwärts tastend, da sich ihre Augen noch nicht an die Dunkelheit gewöhnt hatten. »Warte!«
    Unvermutet prallte sie mit ihm zusammen, beinahe wären sie gestürzt. Christopher schnellte herum und holte zu einem Hieb aus, hatte aber nicht mit einem so schmächtigen Ziel gerechnet und schlug daneben. Seine Faust pfiff genau über ihrem Kopf durch die Luft, Wynter duckte sich. Gott sei Dank war sie so klein! Wäre sie größer gewesen, hätte Christophers schneller, gezielter Schlag ihr zweifellos das Nasenbein ins Gehirn getrieben. Durch den Schwung fiel Christopher nach vorn und riss Wynter mit sich auf den Waldboden. Er hob den Kolben der Armbrust, um ihn ihr auf den Kopf zu schmettern.
    »Ich bin es!«, rief sie. »Wynter!«
    Er erschlaffte, und eine Weile lagen sie nur ineinander verkeilt dort, die Herzen in der Dunkelheit heftig pochend. Hinter ihnen riefen die Merroner wie aus einem Mund ein lang gezogenes, hohes »HaaaaaaAH!« Dann hörte man ein grässliches Knacken und ein gequältes Knarren, als öffnete sich eine große Tür.
    Wynter drehte sich um, doch die Lichtung war nur ein einziges Flammenmeer in der Finsternis. Ein lautes, gähnendes
Ächzen ertönte, dann machte die Erde unter ihren Füßen einen Satz, als donnerndes Krachen den Waldboden erschütterte. Raben stiegen aus den Baumwipfeln auf und krächzten verängstigt.
    »Embla«, stöhnte Christopher.
    Wynter schob sich hoch und kroch vorwärts, um durch die Bäume zu sehen. Sofort krümmte sich Christopher hinter ihr zu einer Kugel zusammen.
    Das hätten sie mit ihr gemacht , dachte Wynter. Was für eine schreckliche Art zu sterben . Sie stellte sich den reißenden Sturz in die Tiefe vor und das zermalmende Gewicht; Tonnen von Holz, die den Erbarmungswürdigen in den Schlamm quetschten, und sie dankte Gott für Christopher und seinen Wagemut und seine Tapferkeit, mit der er Embla vor einem solchen Schicksal bewahrt hatte.
    Die Merroner waren nun völlig stumm, man hörte nur die heiseren Rufe der Raben über dem wütenden Prasseln des Feuers. Rauch und der angenehme Duft gerösteten Fleisches wehten durch die Dunkelheit, doch Wynter wusste, dass der Geruch bald schon furchtbar würde, wie es immer geschah, wenn Menschen verbrannten. Der Rauch würde fettig werden und einen abscheulichen Gestank mit sich bringen, der sich tagelang in der Nase festsetzte. Einen Gestank, den sie gehofft hatte, nie wieder ertragen zu müssen. Sie werden danach riechen , dachte sie. Wenn wir mit ihnen weiterreisen. Sie werden nach Ashkrs Tod stinken .
    Abermals stöhnte Christopher auf, Wynter hörte ihn auf allen vieren durch das Unterholz kriechen. Dann erhob sich ein anderes Geräusch durch das Brüllen der Flammen – die Merroner, die jauchzten und jubelten, sich aus ihrer Starre lösten und zum Leben erwachten, um das letzte, kostbarste Opfer ihrer Caoirigh an Domhain zu feiern.

    Schwankend kam Christopher auf die Füße, und als sich Wynter zu ihm umdrehte, fand sie ihn, vom

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