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Moorehawke 02 - Geisterpfade

Moorehawke 02 - Geisterpfade

Titel: Moorehawke 02 - Geisterpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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Feuerschein schwach beleuchtet, an einen Baum gelehnt. »Frauen gehen in die Erde«, krächzte er, »Männer ins Feuer.« Seine Augen blitzten kurz auf. »Egal, was sie sagen, so etwas tun wir nicht. Ich habe das noch niemals zuvor gesehen … nur …« Er schüttelte den Kopf, das Gesicht vor Kummer verzerrt. Als er weitersprach, klang seine Stimme zu schroff, zu laut, als müsste sie gegen die Tränen ankämpfen. »Nur die Anhänger der alten Religion zelebrieren das noch, und nur, wenn sie verzweifelt und verängstigt sind.« Jetzt schluchzte er auf und musste sich die Hand auf den Mund pressen.
    Die Helligkeit ließ etwas nach, und Wynter kauerte sich in die Finsternis und starrte ihn unverwandt an. Nur die aufflackernden Umrisse seiner Wangenknochen, das Glitzern seiner Augen und die schimmernden Tränenspuren waren zu erkennen. »Sie hat sie eigens ausgewählt, nicht wahr? Um zu bekräftigen, was sie über mein Volk erzählt. Sie hat sie ausgewählt, weil sie wusste, dass man sie niemals verstehen würde.«
    In Wynters Rücken sah man nun Gestalten vor den Flammen herumhuschen, Musik setzte ein, fröhlich und ausgelassen. Diese Menschen, die so gütig, so großzügig zu ihr gewesen waren, sie tanzten und sangen nun, um die Ermordung zweier aus ihrer Mitte zu feiern. Wynter nickte und rieb sich die feuchten Wangen. Ja, Christopher hatte vollkommen recht. Diese Menschen bestätigten jede böswillige Behauptung, die von den Shirkens jemals über fremdartige Völker verbreitet worden war. Ihr brutaler Feldzug gegen die heidnischen Merroner wäre nach diesem Vorfall sehr schwer anzufechten, und mit ihnen würden all die anderen – die Juden, die Abweichler, die Muselmanen, die Reformisten – auf denselben Scheiterhaufen brennen.

    »Razi wird das niemals verstehen«, flüsterte sie. Erneut musste sie an Embla denken; all diese Schönheit, all diese Freundlichkeit vorsätzlich vernichtet. Wieder füllten sich ihre Augen mit Tränen.
    »Sie hat Razi verschont«, murmelte Christopher. »Er war ebenfalls für den Scheiterhaufen bestimmt. Alles, was sie lieben … alles, was sie lieben, soll mit ihnen zu An Domhan gehen. Sólmundr und Boro – und Razi – hätten brennen sollen.« Er schloss die Augen. »Die Caoirigh hätten nur darum bitten müssen, aber sie haben es nicht getan. Sie haben sie verschont. Razi wird es nie begreifen, Iseult! Er wird …« Unversehens drehte sich Christopher um, kämpfte sich durch das finstere Gehölz davon und verschwand in der Schwärze der Bäume. Wynter sah sich noch einmal nach dem Feuerschein und dem Gesang um, dann erhob sie sich taumelnd und folgte dem Geräusch seiner unbeholfenen Schritte, bis sie ihn eingeholt hatte. Sie legte den Arm um ihn, und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zurück zu den Zelten.
     
     
    Die Hunde heulten. Wynter konnte sie aufgeregt hin und her trippeln hören, ihr Bellen brach jedes Mal erstickt ab, wenn sie von den Ketten zurückgerissen wurden. Christopher ging im Schutze des Waldrands in Deckung, und Wynter hockte sich neben ihn. Lautlos ließen sie den Blick über das ausgestorbene Lager schweifen. Kein Anzeichen von Eindringlingen. Nach einer kleinen Weile hasteten sie über die im Mondschein liegende freie Fläche zwischen Wald und Zelten, dann drückten sie sich in die Schatten, so dass sie beobachten konnten, ohne selbst gesehen zu werden.
    Die Hunde waren völlig außer sich, ihre Aufmerksamkeit gänzlich auf Ashkrs Zelt gerichtet. Boro warf sich in seine
Kette und krallte bei seinem vergeblichen Versuch, den Eingang zu erreichen, angestrengt die Pfoten in die Erde. Horchend richtete sich Christopher auf und senkte die Armbrust. Aus dem Inneren des Zelts, kaum zu hören über dem Lärm der Hunde, drangen dumpfe Kampfgeräusche. Ein leises Klappern, dann ein schwacher Aufschrei, der beinahe sofort unterdrückt wurde. Boro jaulte und riss erneut an seiner Kette.
    Wie der Blitz schossen Wynter und Christopher los und schlüpften durch den Eingang ins Zelt. Drinnen wandte sich Christopher nach links, Wynter nach rechts, und beide blieben sie vor Entsetzen wie angewurzelt stehen.
    »Nein!«, rief Wynter und warf sich auf Hände und Knie. Mit einem erstickten Laut schleuderte Christopher seine Armbrust von sich und krabbelte neben Wynter. »Du Bastard !«, schrie er. »Du verdammter …« Eilig schob er Sólmundr die Arme unter die Schultern und wuchtete den schweren Krieger hoch, während Wynter hinter die Befestigungsstange für die

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