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Mops und Möhren

Mops und Möhren

Titel: Mops und Möhren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Porath
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Humanmedizin ausrangierten Krankenwagen, den wir zur rollenden Tierarztpraxis umfunktioniert haben, noch nie aus der Garage des Nachbarhauses gefahren, wo wir ihn – einer Tierfreundin, die Arnes Charme erlegen ist, sei Dank – kostenlos unterstellen dürfen. Keine zwei Minuten später sitze ich mit laufendem Motor hinter dem Steuer und warte vor der Eingangstür unseres Hauses auf den Herrn Doktor. Der lässt sich offensichtlich Zeit, und ich will mir gar nicht vorstellen, was zum Geier er so lange da oben macht. Als Arne endlich anschlappt, habe ich die komplette ›Bohemian Rhapsody‹ von Queen gehört und die Hälfte von ›Billie Jean‹.
    »Na dann, gib Gas«, sagt Arne und lässt sich auf den Beifahrersitz plumpsen. »Du kennst ja den Weg.«
    Michael Jackson grölt gegen den aufröhrenden Motor an. Aber nicht lange, denn kaum habe ich den Wagen auf die Spur gebracht, fummelt Arne am Radio.
    »Die ollen Schwarten kann kein Schwein ertragen«, murmelt er. Es knackt in den Lautsprechern, dann knödelt Lady Gaga.
    »Sag mal – geht’s noch?« Ich lange zum Regler und drehe zurück zu SWR1. Ich liebe diesen Oldiesender. Die bringen Musik aus meinen allerbesten Tagen, und ich schaffe es damit jedes Mal für ein paar Minuten, mich taufrisch und weit unter 30 zu fühlen. SWR3 kann ich nur am Abend ertragen.
    »Ja, es GEHT noch«, kontert Arne und dudelt zurück zu Lady Gaga. Die ist gerade fertig und macht Platz für den nächsten Song. Lena Mayer-Landrut. Satellite. Unsere Göre für Oslo, deren Nachname an eine Diagnose erinnert, die Dr. House gestellt haben könnte: »Der Patient hat einen akuten Mayer-Landrut, Lebensgefahr, geben Sie Adrenalin!«
    Ich habe auch Adrenalin im Blut. Jede Menge. Ich mag Lena – aber schon aus Prinzip drehe ich ihr den Saft ab. Jetzt lande ich beim SWR2. Klassiksender. Mit dem ollen Tschaikowski kann man nichts falsch machen. Sieben Takte lang darf er meine Nerven beruhigen. Dann regelt Arne das Radio – ich kann ihm nicht mal auf die Finger kloppen, weil ich vom zweiten in den ersten Gang schalten muss. Auf der Weinsteige macht die alte Mühle keine gute Figur, unser Krankenwagen schafft den Berg nur mit viel Mühe. Es fühlt sich an, als müsse gleich jemand aussteigen, um zu schieben. Da hilft auch Shakira nix, die mein Doc jetzt auf Extralaut stellt.
    »So!« Triumphierend verschränkt Arne die Hände vor der Brust. Meine Chance: Hand an den Regler und fix gedreht! Arne schnellt aus dem Sitz nach vorn, greift nach meiner Hand. Ich schiebe ihn weg, er drückt dagegen, und dann gibt es einen Knall. Es klingt, als würde eine überdimensionierte Coladose zerdrückt werden. Auf den Knall folgt ein Ruck. Arne und ich stoßen mit den Köpfen zusammen.
    »Kacke!« Arne besinnt sich als Erster. Seine Hand reibt über seine Stirn. Mein Schädel pocht und ich weiß schon jetzt, dass ich die nächsten Tage mit einer veritablen Beule geschmückt sein werde. Das ist aber mein kleinstes Problem: Vor mir türmt sich eine blaue Wand auf. Der Schriftzug ›Sicher ans Ziel – Ihre Lkw-Union‹ ist zum Greifen nah.
    »Du hast den Laster gerammt«, kommentiert Arne.
    »Wenn du hier den DJ machen willst und mich vom Fahren ablenkst«, gifte ich zurück. »Da kann ich nicht auf die Straße sehen!«
    »Klar, der Lkw ist ja auch sooo klein, den kann man ja übersehen.« Arne schnallt sich ab und will eben die Tür öffnen, als der Laster vor uns Gas gibt. Ruß aus dem Auspuff nebelt die Scheibe ein. Dann gibt es einen Ruck, gefolgt von einem kreischenden Geräusch. Mit weit aufgerissenem Mund starren Arne und ich auf den Sattelzug, an dessen hinterem Ende unsere Stoßstange baumelt. Der Brummi fährt an der Ampel vorbei. In der Rechtskurve streifen die Hinterräder den Bordstein. Scheppernd knallt die Stoßstange auf den Asphalt.
    »Der merkt das nicht mal«, sage ich fassungslos.
    »Sei froh, sonst hättest du jetzt noch eine Anzeige am Hals«, meckert Arne. Dann reißt er die Tür auf und trabt zu unserer Stoßstange. Die Autos hinter uns scheren aus. Keiner hupt, immerhin – das ist einer der Vorteile, dass die Tierrettung einen ausgemusterten Krankenwagen fährt. Mein Doc tritt mit dem Fuß gegen die Stoßstange, an der das verbeulte Nummernschild baumelt. Dann hebt er sie auf, schultert das Blechteil und trottet zurück zum Wagen. Ich klebe wie angenagelt auf dem Fahrersitz. Meine Knie beginnen zu flattern und meine Hände werden schweißnass. Nicht auszudenken, wenn ich mit Vollgas … dann

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