Mops und Möhren
durch meinen ganzen Körper und ich zucke zusammen.
»Ich habe kalte Füße«, sagt Arne. Und da ist es, dieses schiefe Grinsen. Genau das Grinsen, bei dem seine Grübchen unwiderstehlich sind. »Tut mir leid.«
»Dir sollte etwas ganz anderes leidtun«, sage ich. Ganz leise. Denn erstens fehlt mir die Kraft, um ihn anzubrüllen – was ich sollte – . Und zweitens will ich den Hund nicht wecken.
»Ach, Tanja.« Arne legt seine Hand auf mein Knie. Ein Teil von mir will sich ihm sofort in die Arme werfen. Der andere Teil ist bockig. Und der gewinnt. Ich tue – nichts. Mudel fiept leise im Schlaf. Earl schnarcht sein Mopsschnarchen. Er klingt wie immer.
»Das wird schon wieder«, sagt Arne und ich bin mir nicht sicher, ob er in dem Moment den Hund meint oder das, was zwischen uns ist.
»Das wird schon wieder«, gebe ich zurück und lasse offen, wen oder was ich damit meine. Ich weiß es ja selbst nicht. Und ich habe auch keine Energie, um mir Gedanken zu machen. Ich fühle mich, als hätte jemand den Stecker gezogen. Saftlos. Müde. Entsetzlich müde. Mir fallen die Augen zu. Das letzte, was ich denke, ist, dass Arnes Füße langsam wärmer werden. Dann kommt der große Gong und ich schlafe so tief, als hätte ich sieben Nächte durchgetanzt.
Genau so – nämlich wie nach einem halben Dutzend durchtanzter Nächte – fühle ich mich auch, als ich nach Stunden – oder waren es Tage? Wochen? – versuche, meine verklebten Lider zu öffnen. Mein Nacken ist steif und meine rechte Schulter, die gegen die Lehne gepresst ist, fühlt sich an, als hätte ich einen Sack Kartoffeln einmal quer durch die Stadt geschleppt. Viel Zeit zum gemütlichen Aufwachen bleibt mir aber nicht, denn Chris’ Schrei hätte Tote aufgeweckt. Bei den Hunden wirkt er bestens: Beide kläffen wie wild, als Chris vor dem Hundekissen auf die Knie sinkt.
»Was ist denn hier passiert?«, ruft er und streichelt abwechselnd Mudel und Earl. Rolf steht vor der Couch. In der Hand hält er die leere Spritze und starrt sie an, als wäre sie das Bein eines Aliens. Ich strecke vorsichtig die Beine unter der Decke aus und will mit den Füßen Arne anstupsen. Aber ich treffe ins Leere. Arne ist weg. Mit einem Schlag bin ich hellwach, na ja, mein Kopf wacht auf, meine Glieder brauchen wohl noch ein paar Minuten, um ihre Funktionen wieder zu erlangen.
»Seid ihr schon da?« Nicht gerade geistreich, ich weiß. Rolf sieht mich denn auch völlig entgeistert an.
»Nein, wir tun nur so«, antwortet er und hält mir die Spritze vors Gesicht. »Was war da los?«
»Wie spät ist es?«, frage ich. Zum einen, weil es mich interessiert, zum anderen, weil ich hoffe, ein bisschen Zeit zu schinden.
»Kurz vor acht«, sagt Chris und rappelt sich hoch. Mit zerzaustem Haar und verschwitztem Shirt steht er jetzt neben Rolf. Meine Jungs starren mich an, als hätte ich eine grüne Nase. Mindestens. Ich sehe die Dreckspritzer auf Chris’ Schuhen.
»Wart ihr in der Laube?« Beide nicken. Wieder zwei Sekunden gewonnen.
»Regt euch bitte nicht auf«, sage ich und hebe beschwichtigend die Hände. »Es sieht schlimmer aus, als es ist.«
Beide schweigen mich an. Einzig Mudel macht ein leises Wuff und klettert dann zu mir aufs Sofa. Wenigstens einer, der zu mir hält. Ich vergrabe meine zitternden Hände in seinem weichen Fell und gebe einen Bericht des Vorabends ab. Die schlimmen Details lasse ich weg. Als ich fertig bin, hat auch Earl sich erhoben und watschelt in die Küche. Als wir hören, wie er gierig das Wasser aus dem Napf schlabbert, seufzt Rolf und lässt sich neben mich auf die Couch sinken.
»Und wo ist Arne jetzt?«
»Drüben. Nehme ich an.«
»Mit ihr?« Chris quetscht sich zwischen uns. »Ist ja schon ein dicker Hund, so gesehen«, sagt er. »Andererseits … vielleicht sind die beiden wirklich nur alte Freunde. Und sie schläft in einem ganz anderen Bett als er.«
»Das glaubst du doch selbst nicht«, schnaube ich. »Dann hätte er doch vorher mal einen Pieps machen können, dass die Tussi mitkommt. Wenn das alles angeblich sooo harmlos ist.« Ich spüre, wie ich gallig werde. Und ich finde, ich habe allen Grund dazu. Gemütliches Sofasitzen mit Arne hin oder her – da stimmt was nicht. Ich hab’s im Urin. »Ich wette, da läuft was.«
»Nun mal langsam, Prinzessin«, sagt Rolf. Unser stets Besonnener rät mir, mich in aller Ruhe und ohne medizinischen Notfall mit Arne zu unterhalten. Klingt logisch – wäre aber zu einfach.
»Ich kann doch nicht
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