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Mops und Möhren

Mops und Möhren

Titel: Mops und Möhren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Porath
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wäre eine Beule am Kopf das kleinste Problem gewesen.
    »Bravo«, brüllt Arne, als er vor dem Bulli steht und die Frontseite betrachtet. »Ganze Arbeit, Frau Kollegin!«
    Ich löse mich aus meiner Schockstarre und steige aus.
    »Schlimm?«, frage ich und schleiche nach vorn.
    »Nein, überhaupt nicht. Mit ein bisschen Fingerspitzengefühl sieht das binnen Minuten aus wie neu.« Ich wünschte, Arne hätte recht. Aber die Ironie in seiner Stimme straft ihn Lügen. Und richtig: Dort, wo die Stoßstange an der Karosserie befestigt war, hat sich das Blech grotesk nach außen verzogen. Rechts und links unter den Scheinwerfern hat der Wagen zwei Löcher, deren Blechränder wie explodierte Dosen aussehen.
    »Oh«, mache ich.
    »Das kostet mindestens einen Tausender«, flucht Arne. Mir wird schlecht. Tausend Euro? So viel verdiene ich im ganzen Monat!
    »Scheiße.«
    »Genau.« Arne trottet um den Wagen und quetscht die Stoßstange hinten rein. Sie passt mit Ach und Krach zwischen den fest installierten Behandlungstisch und die Transportboxen für Hunde.
    »Das tut mir leid«, sage ich. Arne hört mich nicht. Er klettert auf den Fahrersitz, schnallt sich an und massiert seinen Kopf. Durch die Windschutzscheibe sehe ich die rote Beule auf seiner Stirn. Ich wette, ich habe die größere.
    Den Rest der Fahrt legen wir schweigend zurück. Arne hat das Radio abgestellt. Ist mir recht. So kann ich mich darauf konzentrieren, nicht zu heulen und damit noch mehr Unheil anzurichten. Ich bin froh, dass ich nicht fahren muss. Könnte ich auch gar nicht, so, wie ich zittere. Ich konzentriere mich auf meinen Atem und stelle mir vor, auf einem Hügel zu sitzen, irgendwo mitten in der Provence. Ich lehne am Stamm eines Olivenbaumes, der Wind streicht mir sanft durch das Haar, die Sonne streichelt meine Wangen …
    … bis der Wagen auf den bekiesten Parkplatz der Kolonie zum Stehen kommt. Mein Traumhügel löst sich in Luft auf, als Arne den Motor ausmacht und die Handbremse zieht. Dem Rattern nach hat auch sie schon bessere Zeiten gesehen. Vielleicht kann man das auch gleich in der Werkstatt richten, denke ich. Hüte mich aber, einen Ton zu sagen. Bloß kein Öl ins Getriebe schütten!
    Ich bin froh, dass der Einsatz unser professionelles Handeln erfordert. Arne macht sich mit der Notfalltasche in der Hand auf den Weg, ich stakse mit einer Transportbox und zwei Paar festen Handschuhen hinterher. Parzelle 17 liegt im ersten Weg links, die dritte Laube. Jetzt, wo ich davor stehe, erinnere ich mich an den babyblau gestrichenen Lattenzaun und die unzähligen Himbeerbüsche, die anstelle einer Hecke den Garten umranden. Die Laube selbst ist ziemlich klein und azurblau gestrichen. Unter dem blau-weiß gestreiften Sonnenschirm steht ein Liegestuhl. Ich wette, im Sommer liegt darauf eine blaue Auflage. Auf der Parzelle ist niemand zu sehen.
    »Die Tierrettung ist da«, ruft Arne. Dem ungeschriebenen Koloniegesetz folgend treten wir nicht einfach ein.
    »Komme schon!«, ruft eine Frau, und dann biegen sich die Ligusterhecken hinter der Laube auseinander. Äste knacken, als ein Mädel in Bundeswehrstiefeln, mit Cargohose und ausgewaschenem Snoopyshirt aus dem Gebüsch kommt.
    »Super!«
    »Hallo«, sage ich noch immer ziemlich kleinlaut. Arne schüttelt die Hand des Mädchens demonstrativ lange und ich verspüre den Impuls, ihn in den Hintern zu treten.
    »Ich habe sie in der Laube«, sagt das Mädel, das sich als Mariam vorstellt, schließlich. »Eigentlich ist sie ja in Parzelle 16 zu Hause, wohnt in der alten Ulme. Heute Morgen saß sie in meinen Erdbeeren.«
    »Erdbeeren sind botanisch gesehen übrigens Nüsse, weswegen Menschen und Tiere da auch allergisch sein können«, platze ich heraus.
    »Bitte?« Mariam sieht mich irritiert an.
    »Hab ich gelesen … « Arne schüttelt missbilligend den Kopf. Oh Mann! Ich könnte ihn … das ist alles nur wegen Sandra! Schweigend folge ich den beiden in Mariams hellblau gestrichene Laube. Das Häuschen ist ein bisschen windschief, aber sehr charmant eingerichtet. Und blitzsauber, wie ich auf den ersten Blick sehe. Mitten auf dem kleinen quadratischen Esstisch, um den sich vier Stühle gruppieren, steht ein großer Karton mit Löchern drin.
    »Da ist sie«, sagt Mariam. »Wollt ihr Kaffee?«
    »Oh ja«, sage ich.
    »Später«, sagt Arne. Wieder kassiere ich einen Blick, auf den ich gern verzichtet hätte. Arne öffnet vorsichtig den Karton. Ich reiche ihm die dicken Handschuhe, wie er es mir für

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