Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mops und Möhren

Mops und Möhren

Titel: Mops und Möhren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Porath
Vom Netzwerk:
Konstanzer Hafen zu ergattern, was allein schon ein kleines Vermögen kostet. Zum Liegeplatz gehört aber eine kleine Jacht. Und da Herr Pukallus zwar einen Segelschein, aber nicht mal ein eigenes Gummiboot besitzt, wird seit über einem Jahr jeder Euro mindestens vier Mal gewendet.
    »Na ja, so eine Jacht hat doch was«, sage ich. Ich würde nicht Nein sagen, wenn mir jemand ein schwimmendes Wochenendhäuschen an den Bodensee stellen würde. Obwohl ich ja befürchte, schon im Hafen seekrank zu werden.
    »Schon«, muss auch Nina zugeben. »Aber der spinnt total. Das muss gleich ein großes Teil sein, kostet mehr als zwei Neuwagen.« Ich pfeife durch die Zähne.
    »Aber dass er deine Sachen für das Schiff verkauft, ist nicht ganz in Ordnung«, platze ich raus. Nina zuckt nur mit den Schultern.
    »Er sagt, ich würde ja dann auch mitfahren und könnte meinen Teil beisteuern.« Mir schwant was und tatsächlich erfahre ich von Nina, dass er ihr Sparbuch, welches ihre Großeltern zu ihrer Taufe eingerichtet hatten, bereits geplündert hat. Ich muss mir wirklich auf die Lippen beißen, denn das geht mich ja eigentlich gar nichts an. Also sage ich nichts, sondern kaue auf einem Keks. Nina krault derweil Earl hinter den Ohren, nachdem sie den Mops auf ihren Schoß gehievt hat. Mudel ist ein bisschen beleidigt, dass er nicht dran ist, und so tröste ich ihn mit einer Fußmassage: Er liegt mir zu Füßen und ich wärme meine Fußsohlen an seinem Rücken, wobei ich ihn ganz sanft trete. Irgendwie fühle ich mich in diesem Moment als Teil einer Kitschpostkarte. Sonne, blauer Himmel mit Wattewölkchen und Stille. Herrliche, absolute Stille. Ich schließe die Augen. Am liebsten würde ich jetzt schlafen. Ich höre, wie Nina gähnt, und will ihr eben vorschlagen, die zweite Liege zu holen, um gemeinsam Siesta zu machen, als ich Schritte auf dem Kiesweg höre. Ich öffne träge die Augen. Earl knurrt leise und Mudel hat die Ohren gespitzt. Nina sitzt mit einem Mal stocksteif da.
    »Scheiße!«, flüstert sie, als eine rötliche Halbglatze hinter der Hecke zu sehen ist. Blitzschnell setzt sie Earl auf den Boden, was dem Hund gar nicht passt.
    »Was ist denn?«, flüstere ich zurück.
    »Mein Vater!«, haucht sie, deutet mit dem Kopf auf die Hecke und verschwindet wie ein geölter Blitz in der Laube. Jetzt klopft mein Herz wie blöd, obwohl ich ja keinen Grund habe, nervös zu sein. Und aus den Tiefen meines Bauches meldet sich ein schlechtes Gewissen, das sich fatal nach Erwischtwerden beim Schuleschwänzen anfühlt. Ehrlich gesagt habe ich nur zwei Mal die Schule geschwänzt und wurde dabei auch nicht erwischt. Das erste Mal war ich in der siebten Klasse. Ich hatte mir mit der Nagelschere einen Pony geschnitten. Ich wollte dieselbe Frisur haben wie Steffi Graf. Blöd nur, dass der Pony erstens schief und zweitens nur knappe drei Zentimeter lang war – mir hatte ja keiner gesagt, dass Haare, die man im nassen Zustand schneidet, nach dem Trocknen nur noch halb so lang sind. Tante Trude hatte mir erlaubt, statt zum Matheunterricht zum Friseur zu gehen. Viel konnten die da auch nicht retten, aber wenigstens wurde ich am nächsten Tag nicht ausgelacht. Das zweite Mal habe ich in der neunten Klasse geschwänzt und das hat Tante Trude nie erfahren. Ich wollte das perfekte Blond und hatte mir beim örtlichen Supermarkt Haarfarbe aus dem Sonderangebot besorgt. Statt ›Honigblond‹ wie auf der Packung versprochen war das Ergebnis ›Kartoffelchips Paprika‹. Es war also ein Notfall-Schwänzen, als ich am nächsten Morgen statt der Schule den Supermarkt ansteuerte, um dort ein ›Megaultrablond‹ zu kaufen. Die Kassiererin hatte zwar etwas irritiert auf meine Mütze geschaut, aber nur zwei Stunden später war ich blond. Weißblond. Stand mir gar nicht, war aber besser als Chipsfarbe.
    Im Moment würde ich mir eine Tarnkappe wünschen, denn der Glatzkopf steuert den Weg entlang auf unser Gartentörchen zu … und öffnet es! Jetzt ist es um die Fassung der Hunde geschehen: Beide springen kläffend von der Terrasse und rennen zum Tor. Der ungebetene Besucher bleibt wie angewurzelt stehen, hebt die Hände, als habe jemand eine Pistole auf ihn gerichtet und sieht ziemlich verdattert aus. Das Klemmbrett in seiner linken Hand schwebt wie ein zu klein geratenes Dach über seiner Halbglatze. Earl und sein Sohn umkreisen ihn und führen einen verdammt guten Tanz auf.
    »Hallo?«, ruft Ninas Vater, als er nach einer ziemlich langen Schrecksekunde

Weitere Kostenlose Bücher