Mops und Möhren
ich kann den armen Hund doch nicht allein lassen!«
»Und da hast du die Frau Doktor gleich mit nach Hause gebracht«, lache ich. Das ist typisch meine Jungs – immer ein offenes Haus und Herz für alle.
»Ja, ist das nicht schön?« Rolf freut sich sichtlich über den Gast, und auch Olga scheint sich wohlzufühlen.
»So!«, ruft Rolf und nimmt einen Topf vom Herd. Er gießt das Kochwasser in das Sieb in der Spüle und die Hühnerherzen plumpsen hinterher.
»Ab in den Kühlschrank und in fünf Minuten gibt’s Essen, Earl.«
»Und wir?«, frage ich vorsichtig. Ich hoffe inständig, dass in den anderen Töpfen keine Innereien köcheln. Ich esse nichts, was andere schon im Mund oder sonst wo hatten. Dabei kann eine Rinderzunge was Feines sein, aber ich kriege sowas nicht runter, seit ich mich mit der Anatomie von Tieren und den Funktionen der Organe beschäftigt habe.
»Linsen mit Spätzle«, verkündet Rolf. »Was echt Schwäbisches, das kennt Olga gar nicht!«
Mir fällt eine Speckschwarte vom Herz. Ein Linseneintopf ist jetzt genau das Richtige.
»Daf kann ich auch effen, ift ja weich«, freut sich Chris. Die Schwellung um sein Riechorgan hat im Lauf des Tages noch etwas zugenommen, weswegen seine ansonsten beneidenswert großen Augen ziemlich verquollen und klein sind. Aber sie strahlen, als Rolf die Schüsseln mit Spätzle, Saitenwürstchen und Linsen auf den Tisch stellt. Dann holt er die gekochten Herzen aus dem Kühlschrank. Mudel, der natürlich neben seinem Vater sitzen will, wird von Olga auf einen Stuhl gewuchtet. Ihm schüttet Rolf das Fressen in einen Plastikteller und nach knapp 40 Sekunden sind alle Herzen im Hund verschwunden. Earl, behindert durch den Kragen, wird von Rolf per Hand gefüttert.
»Das ist Tier?«, will Olga wissen, als ich ihr eine große Portion Spätzle, Linsen und zwei Würstchen auf den Teller gepackt habe. »Käfer ohne Beine?«
»Was?« Rolf beugt sich vor und inspiziert Olgas Teller. Ungeziefer im Essen? Unsere Gästin piekst eine einzelne Linse auf die Gabel und sieht ein bisschen unglücklich aus.
»Wanze?«
Wir starren sie alle an, sogar Earl vergisst, dass vor seiner Nase ein Leckerbissen schwebt. Und dann … lacht Olga los. Ihr mächtiger Busen vibriert, die feisten Wangen glühen und sie hat Tränen in den Augen. Wir sind immer noch fassungslos.
»Bin ich nicht doof, kenn ich die Gemüse«, gluckst sie. Arne erwischt es als Erstes. Er kichert los und Sekunden später sitzen wir alle brüllend und grölend da. Mudel kläfft dazu und Earl sieht traurig auf Rolfs Hand, mit der er sich den Bauch hält – und in der noch immer das Hühnerherz steckt. Ich bekomme Schluckauf, Arne hat Tränen in den Augen. Durch das Getöse dringt der Klingelton, aber niemand von uns ist in der Lage, aufzustehen. Jetzt fällt auch der Mops in das Lachen ein und gibt ein Bellkonzert zum Besten. Es bimmelt wieder. Und noch einmal. Schließlich schwankt Arne zur Tür, sich den Bauch vor Lachen haltend.
»Wanfe, wie geil ift daf denn!«, kichert Chris.
»Wer hat Wanzen?« Arne kommt mit Sandra und ihrem Anwalt im Schlepptau zurück.
»Gefüllte Wanzen«, brüllt Rolf und wischt sich die Lachtränen aus dem Gesicht. »Ist genug für alle da!« Und tatsächlich werden alle satt. Bernd hat für einen Anwalt einen erstaunlichen Appetit, schließlich ist er ja Schreibtischtäter. Aber ich nehme an, er und Sandra hatten keine Rechtsberatung, ehe sie zu uns kamen. Zumindest deuten ein Lippenstiftfleck auf seinem hellgrünen Poloshirt und Sandras am Hinterkopf plattgedrückte Haare auf eine andere Art der Konversation.
Als nur noch eine Handvoll Spätzle übrig sind und Mudel sich mit Earl das letzte Würstchen geteilt hat, sitzen wir schweigend und mit prall gefüllten Bäuchen da. Bernd rülpst leise, trinkt einen Schluck Pils aus der Flasche und klatscht dann in die Hände.
»Lagebesprechung!«, ruft er. »Sandra hat mir erzählt, was gestern los war. Das schafft natürlich völlig andere Voraussetzungen.«
»Foll ich ihn anfeigen?«, will Chris wissen.
»Davon würde ich abraten«, erklärt Bernd. »Erstens müsste dann geklärt werden, warum Earl ihn beißen konnte. Und zweitens könntest du zwar auf Schmerzensgeld klagen, viel wäre das aber erstens nicht und zweitens habe ich da Bedenken, dass es der Gesamtsache guttun würde.«
»Gefamtfache?«
»Ihr wollt doch die Laubenkolonie retten?« Wir nicken alle. Earl bellt.
»Also, dann sollten wir mal rekonstruieren. Von
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