Mopsküsse: Roman (German Edition)
wahrer Schicksalsgenosse, ganz im Gegensatz zu Antonella, dieser treulosen Verräterin! Georgia schloss sich in eine Kabine ein und versuchte ihre Nerven mit Hilfe einer kurzen Atemmeditation wiederzugewinnen. Nach fünf Minuten gab sie auf, es war einfach aussichtslos! Um solchen Härtefällen wie Harry mit Gleichmut zu begegnen, war sie einfach noch nicht weit genug mit ihrer Yogapraxis. Wobei sie fast sicher war, dass in Gegenwart dieses Menschen sogar dem Dalai Lama das Lächeln vergehen würde.
Immer noch völlig entnervt kehrte sie an den Tisch zurück. Schon aus der Ferne sah sie, dass etwas nicht stimmte. Harrys puterrotes Gesicht biss sich unschön mit seinen rotblonden Haaren. Er gestikulierte aufgeregt, während eine Kellnerin unter dem Tisch kniete und zwei weitere herangeeilt kamen. Im Näherkommen hörte sie ein erbärmliches Wimmern. Hugo! Georgia drängte sich an einigen neugierigen Gästen vorbei. Unter dem Tisch kauerte ihr Liebling, würgte heftig und spuckte Harry Hackfleisch auf die Schuhe.
»Was hast du mit ihm gemacht?«, fuhr Georgia Harry mit kaum gezügeltem Zorn in der Stimme an.
»Es tut mir so leid! Ich wollte mich doch nur ein bisschen mit ihm anfreunden. Und der Rinder-Burrito ist wirklich gut. Mir hat er ja auch nicht geschadet.«
Georgia ignorierte Harrys zerknirschte Entschuldigungen. »Bist du wahnsinnig? Du hast ihm gewürztes Fleisch gegeben? Das ist unverantwortlich! Da könnte er Gastritis bekommen oder Schlimmeres!« Sie nahm den leidenden Hugo auf den Schoß und redete beruhigend auf ihn ein, während sie in Gedanken eine Liste der zehn grausamsten Todesarten für Harry erstellte. Der war inzwischen ganz unter dem Tisch verschwunden und versuchte, sich das erbrochene Fleisch von Schuhen und Hose zu wischen. Was Hugo betraf, so hatte auch Georgias Rückkehr kaum Wirkung gezeigt. Nach wie vor litt er melodramatisch. Da half alles nichts, der Ärmste musste sofort zum Tierarzt. Sie schob ihren Stuhl zurück und fauchte unter den Tisch: »Ich bringe den armen Hugo jetzt zum Tierarzt. Mach dir keine Mühe, ich gehe allein! Und wenn der Hund morgen nicht wieder gesund ist …« Georgia ließ die Drohung im Raum stehen und marschierte mit Hugo auf dem Arm energisch aus dem Lokal.
Typisch, mal wieder kein einziger Wagen am Taxistand! Sie telefonierte nach einem Taxi und suchte in ihrem Blackberry bereits nach der Notfallnummer des Tierarztes, als Hugos Wimmern erstarb und er so lange strampelte, bis sie ihn auf den Boden setzte. Dort schüttelte er sich putzmunter und rieb sich ein bisschen an Georgias Knöchel. Sie starrte ihn fasziniert an. Ein Hund konnte doch wohl nicht simulieren, oder? Egal, immerhin war sie den furchtbaren Harry los. Auf Hugo war Verlass! Und da offenbar ein Wunder geschehen war, konnten sie direkt nach Hause fahren und sich von diesem schrecklichen Abend erholen.
Antonella erschien zwei Stunden später auf der Bildfläche und fragte betont unschuldig: »Na, wie war’s?«
»Frag nicht! Der Unmensch hätte fast den kleinen Hugo vergiftet … Und bei dir? Wie war es am Main?«
»Ganz nett, aber jetzt muss ich kreativ träumen«, antwortete Antonella, bevor sie sich gähnend in ihr Zimmer verzog. Am nächsten Morgen musste sie fit sein für die Vorbesprechung mit ihrem nächsten Kunden. »Da bin ich besser mal in Topform! Kann mir gar nicht vorstellen, dass das einer von Bucks Freunden sein soll. Dieser Mertens ist so ein total spießiger und spaßbefreiter Banker.«
Georgia blieb ein bisschen wehmütig in der Küche sitzen. Die letzten Wochen mit den Renovierungsaktionen hatten ihr trotz aller anderen Sorgen riesig Spaß gemacht. Aber am Montag war auch für sie Schluss mit lustig, dann musste sie an die Arbeit zurück.
»Fernando, jetzt hör mir doch mal zu! Ich kenne den Kunden schon seit Jahren. Der möchte das eben so.«
»Wie gut kennst du ihn denn?« Fernando Herreras, der Seniorpartner, der seit kurzem die New Yorker Niederlassung ihrer Beratungsfirma leitete, grinste anzüglich und zeigte seine frisch gebleichten Zähne. »Es wird ja sicher einen Grund geben, warum Benton ausgerechnet dich als Projektleiterin angefordert hat, oder?«
»Vielleicht, weil er meine Arbeitsweise schätzt?«, schoss Georgia giftig zurück. »Und damit das auch so bleibt, solltest du dich nicht ständig querstellen. Ich gehe gern mit dir die Projekte durch, die ich für ihn während meiner New Yorker Zeit gemacht habe. Dann können wir uns noch einmal in
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