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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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und zog Metrobius auf seinen Schoß. Metrobius schlang die Arme um Sullas Hals, hob das Gesicht, und Sulla küßte ihn langsam und zärtlich auf die Augenlider.
    »Lucius Cornelius, warum behältst du mich nicht bei dir?« Mit einem Seufzer tiefster Befriedigung lehnte sich Metrobius an Sullas Arm.
    Sulla runzelte die Stirn. »Du hast es bei Skylax viel besser«, sagte er. Es klang schroff.
    Metrobius öffnete seine großen dunklen Augen, die vor Liebe glänzten. »Aber das stimmt nicht, wirklich nicht! Die Geschenke und der Schauspielunterricht und das Geld sind mir nicht wichtig, Lucius Cornelius! Ich wäre viel lieber bei dir, ganz gleich, wie arm wir wären!«
    »Ein verlockendes Angebot, das ich sofort annehmen würde wenn ich vorhätte, arm zu bleiben.« Sulla drückte den Jungen an sich. »Aber ich werde nicht arm bleiben. Ich habe jetzt das Geld von Nikopolis, und ich spekuliere fleißig damit. Eines Tages werde ich genug haben, um in den Senat zu kommen.«
    Metrobius setzte sich auf. »In den Senat!« Er drehte sich um und starrte Sulla an. »Aber das kannst du doch nicht, Lucius Cornelius! Deine Vorfahren waren Sklaven!«
    »Nein, das waren sie nicht.« Sulla starrte zurück. »Ich bin ein patrizischer Cornelius. Ich gehöre in den Senat.«
    »Das glaube ich dir nicht!«
    »Aber es ist die Wahrheit«, sagte Sulla trocken, »und deshalb kann ich dein verlockendes Angebot nicht annehmen. Ich werde ein Vorbild der Tugend sein müssen - keine Schauspieler, keine Mimen und keine hübschen Knaben mehr.« Er umarmte Metrobius. »Jetzt kümmere dich um die Liste. Hercules Atlas kommt nicht nur zu einer Vorstellung, sondern auch als Gast, und dabei bleibt es.«
    Die Kunde, daß ein lärmendes Fest zu erwarten sei, hatte sich natürlich in der ganzen Straße verbreitet, und die Nachbarn waren auf eine Nacht mit Geschrei, Gelächter und lauter Musik gefaßt. Wie üblich war es ein Kostümfest. Sulla hatte sich mit fransenbesetzten Schals, zahllosen Ringen und einer hennagefärbten Perücke als Clitumna verkleidet und ahmte fortwährend ihr albernes Gekicher und ihr wieherndes Gelächter nach. Da die Gäste Clitumna gut kannten, wußten sie Sullas Künste zu schätzen.
    Metrobius hatte wieder Flügel bekommen, aber an diesem Abend war er nicht Cupido, sondern Ikarus. Skylax kam als Minerva, und es war ihm gelungen, die strenge, knabenhafte Göttin in eine alte, aufgedonnerte Hure zu verwandeln. Als er sah, daß Metrobius Sulla nicht von der Seite wich, betrank er sich und weinte sich in einer Ecke in den Schlaf.
    Tänzerinnen traten auf, die sich mit vollendeter Grazie entkleideten und ihre unbehaarte Scham enthüllten, ein Mann ließ seine dressierten Hunde fast ebenso graziös tanzen, und ein Mädchen aus Antiochia führte einen Tierakt mit einem Esel vor - die Männer waren von der natürlichen Ausstattung des Esels so eingeschüchtert, daß sich anschließend keiner an das Mädchen herantraute.
    Hercules Atlas trat ganz am Schluß auf. Die Gäste versammelten sich unter den Säulen des Peristyls. Hercules Atlas hatte sich auf einem stabilen Podium in der Mitte des Gartens installiert. Zum Aufwärmen verbog er ein paar Eisenstangen und zerknickte ein paar dicke Holzbalken wie Streichhölzer. Dann packte der starke Mann ein halbes Dutzend kreischender Mädchen, setzte sie sich auf Schultern und Kopf und klemmte sich einige unter die Arme, hob mit den Händen einen Amboß hoch und brüllte wie ein Löwe in der Arena. Hercules amüsierte sich glänzend, denn der Wein floß seine Kehle hinunter wie das Wasser die Aqua Marcia. Er ergriff immer mehr Ambosse, und den Mädchen wurde es immer ungemütlicher, und zuletzt ging ihr freudiges Gekreische in Schreckensgeschrei über.
    Sulla schlenderte in die Mitte des Gartens und stieß Hercules Atlas freundlich ans Knie.
    »Komm alter Freund, setz die Mädchen ab«, sagte er lächelnd. »Du zerquetschst sie ja mit deinen Eisenbrocken.«
    Hercules Atlas ließ die Mädchen auf der Stelle fallen. Statt dessen packte er jetzt Sulla.
    »Schreib mir nicht vor, wie ich meine Nummer zu machen habe«, brüllte er und wirbelte Sulla über seinem Kopf herum. Sullas Perücke, Schals und Gewänder regneten zu Boden.
    Einige Festgäste gerieten in Panik, andere versuchten zu helfen und redeten auf Hercules Atlas ein. Aber Hercules Atlas klemmte sich Sulla so beiläufig wie ein Paket unter den linken Arm und verließ das Fest. Niemand konnte ihn aufhalten.
    An der Vesta-Treppe blieb er stehen.

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