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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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ihm bald alle Knochen weh. Bei Tripontium verließ er die Via Appia und ritt querfeldein auf die Küste zu, denn dieser Weg war relativ unbefahren und erheblich kürzer, als wenn er bis Tarracina der Via Appia gefolgt wäre und dann nördlich einen Bogen nach Circei geschlagen hätte. Ein Mantel mit Kapuze, den er aus dem Stall mitgenommen hatte, schützte ihn vor neugierigen Blicken. Nachdem Sulla etwa zehn Meilen in das öde Land hineingeritten war, hielt er bei einer Baumgruppe an. Der Boden war trocken und hart, und es schien keine Stechmücken zu geben. Er band das Maultier mit einer langen Leine fest, die er zusammen mit dem Tier gestohlen hatte, nahm ihm den Sattel ab und legte ihn als Kopfkissen unter eine Pinie. Dann schlief er tief und traumlos.
    Gegen Mittag des nächsten Tages ritt Sulla weiter. Er war guter Dinge, obwohl seine Wirbelsäule vom Reiten schrecklich schmerzte und sein Gesäß wund war. Er hatte noch nichts gegessen, verspürte aber keinen Hunger. Das Maultier hatte frisches, saftiges Gras gefressen und wirkte zufrieden und erstaunlich munter. In der Dämmerung erreichte er den vorspringenden Berg, auf dem Clitumnas Villa stand. Erleichtert saß er ab. Wieder nahm er dem Maultier Sattel und Zaumzeug ab und band es fest, damit es grasen konnte. Aber diesmal ließ er es allein ausruhen.
    Die Nacht war wundervoll still und sternklar. Als die zweite Stunde der Nacht beinahe vorüber war, stieg der Vollmond weit im Osten über den Hügeln auf und übergoß die Landschaft mit seinem unwirklichen Licht.
    In Sulla stieg ein Gefühl der Unverwundbarkeit auf, das Müdigkeit und Schmerzen verbannte, den Fluß seines kalten Blutes beschleunigte und ihn mit Zufriedenheit erfüllte. Alles lief wunderbar glatt und würde weiterhin glatt laufen, mit anderen Worten, er konnte seinem Vorhaben mit völliger Gelassenheit entgegensehen. Als sich so überraschend die Chance aufgetan hatte, Nikopolis loszuwerden, hatte er gar keine Zeit gehabt, sich zu freuen. Er hatte nur blitzschnell eine Entscheidung treffen und dann abwarten können. Den Weißen Knollenblätterpilz hatte er bereits während seiner Ferien mit Metrobius entdeckt, aber Nikopolis hatte die Art ihres Hinscheidens selbst bestimmt, er war nur Mittler gewesen. Pech für sie, Glück für ihn. Aber was er heute abend vorhatte, hatte er bewußt geplant. Das Glück würde ihm nur bei der Ausführung helfen. Angst dagegen - wovor hätte er Angst haben sollen?
    Clitumna war da, sie wartete im Schatten der Pinien. Sulla näherte sich ihr nicht sofort, sondern überprüfte zuerst die ganze Umgebung, um sicherzugehen, daß sie niemanden mitgebracht hatte. Ja, sie war allein.
    Geräuschvoll ging er auf Clitumna zu. Als sie ihn aus der Dunkelheit heraustreten sah, war sie auf sein Kommen vorbereitet und breitete die Arme aus.
    »Es ist genau, wie du gesagt hast!« flüsterte sie und hängte sich kichernd an seinen Hals. »Meine Überraschung! Wo ist meine Überraschung?«
    »Bekomme ich keinen Kuß zur Begrüßung?« fragte Sulla. Seine weißen Zähne schimmerten im Mondlicht.
    Clitumna bot ihm gierig die Lippen. Und so stand sie da, auf Zehenspitzen, den Mund an seinem festgesaugt, als er ihr das Genick brach. Es war so leicht. Knacks. Wahrscheinlich merkte sie es nicht einmal, denn er sah keinen Funken des Begreifens in ihren Augen aufscheinen, als er ihren Kopf mit der Hand zurückstieß, auf seine andere Hand zu, die ihren Rücken geradehielt. Alles ging blitzschnell. Knacks. Er ließ sie los. Aber sie sank nicht zu Boden, sondern erhob sich noch höher auf die Zehen und begann vor ihm zu tanzen, die Arme in die Seiten gestemmt, mit obszön rollendem Kopf. Sie ruckte und zuckte und machte abgehackte Sprünge, bis sie in einer wilden Drehung mit verrenkten Knien und Ellbogen hinstürzte. Der beißende Geruch warmen Urins stieg in Sullas geweitete Nasenflügel, danach der Gestank von Kot.
    Sulla schrie nicht und sprang nicht zur Seite, im Gegenteil, er empfand ein ungeheures Vergnügen. Fasziniert sah er zu, wie sie tanzte, und als sie hinfiel, schaute er angewidert weg.
    »Na, Clitumna«, sagte er, »wie eine Dame bist du nicht gestorben.«
    Er mußte sie aufheben, selbst wenn das bedeutete, daß er sich beschmutzen, beflecken, verunreinigen würde. Es durften keine Spuren zurückbleiben, keine Anzeichen, daß ein Körper über den Boden gezogen worden war. Das war der Hauptgrund dafür, daß er trockenes Wetter zur Bedingung gemacht hatte. Er trug sie das

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