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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Syrien verlassen, da zwangen ihn einige aufsässige Untertanen umzukehren. Zur Strafe für diesen Ungehorsam ließ er etliche Köpfe abhacken, einige Körper verstümmeln, einige Zähne ziehen und sogar eine Gebärmutter herausreißen. Es dauerte vier Jahre, bis König Antiochus sein aufständisches Volk der alten Ordnung unterworfen hatte und zum zweiten Mal aufbrechen konnte, um Ägypten zu erobern. Diesmal war Syrien während seiner Abwesenheit ruhig und gehorsam, König Antiochus fiel also in Ägypten ein, eroberte Pelusium und zog dann das Nildelta hinauf bis Memphis. Er eroberte auch Memphis und marschierte dann das Delta auf der anderen Seite in Richtung Alexandria hinunter.
    Die Brüder Ptolemaios und ihre Schwester-Frau Kleopatra hatten Land und Armee ruiniert, und so blieb ihnen nichts übrig, als Rom gegen König Antiochus zu Hilfe zu rufen, da Rom der beste und größte aller Staaten war und der Held der ganzen Welt. Senat und Volk von Rom verstanden sich damals besser, als wir heute für möglich halten würden - so steht es jedenfalls in den Geschichtsbüchern, Sie schickten den vornehmen und tapferen Konsular Gaius Popillius Laenas nach Ägypten. Jedes andere Land hätte seinem Helden eine große Armee mitgegeben, aber der Senat und das Volk von Rom gaben Gaius Popillius Laenas nur zwölf Liktoren und zwei Sekretäre mit. Die Liktoren durften, da es ins Ausland ging, rote Tuniken tragen und in die Rutenbündel das Beil stecken. Gaius Popillius Laenas war also nicht ganz ohne Schutz. Und dann machten sie sich in einem kleinen Schiff auf den Weg und langten in der großen Stadt Alexandria an, als König Antiochus gerade den in Kanopos mündenden Nilarm in Richtung Alexandria hinuntermarschierte. Dorthin waren nämlich schlotternd vor Angst die Ägypter geflohen.
    Angetan mit seiner purpurgeränderten Toga und hinter den zwölf karmesinrot gekleideten Liktoren einherschreitend, verließ Gaius Popillius Laenas Alexandria durch das Sonnentor und marschierte nach Osten. Er war kein junger Mann mehr, mußte sich beim Gehen bereits auf einen langen Stab stützen, und sein Schritt war so gemächlich wie seine Miene friedvoll. Da nur die tapferen und heldenhaften Römer anständige Straßen bauten, ging er bald knöcheltief im Staub. Aber ließ Gaius Popillius Laenas sich dadurch abschrecken? Nein! Er marschierte einfach weiter, bis er in der Nähe des riesigen Hippodroms, in dem die Alexandriner Pferderennen veranstalteten, auf eine Mauer syrischer Soldaten stieß und anhalten mußte.
    König Antiochus kam Gaius Popillius Laenas entgegen.
    »Rom hat in Ägypten nichts zu suchen!«, sagte der König und runzelte unheilverkündend die Stirn.
    »Syrien hat ihn Ägypten auch nichts zu suchen«, entgegnete Gaius Popillius Laenas und lächelte heiter und gelassen.
    »Kehre nach Rom zurück«, befahl der König.
    »Kehre nach Syrien zurück«, sagte Gaius Popillius Laenas.
    Aber keiner der beiden wich auch nur einen Zoll zurück.
    »Du kränkst den Senat und das Volk von Rom«, sagte Gaius Popillius Laenas, nachdem er das wilde Gesicht des Königs eine Weile betrachtet hatte. »Ich bin beauftragt, dafür zu sorgen, daß Du nach Syrien zurückkehrst.«,
    Der König begann zu lachen und wollte gar nicht mehr aufhören. »Und wie willst Du das erreichen?« fragte er schließlich. »Wo ist Deine Armee?«
    »Ich brauche keine Armee, König Antiochus. Alles, was Rom ist, war und sein wird, steht in diesem Moment vor dir. Ich bin Rom, genauso wie ich Roms größte Armee bin. Und ich fordere dich im Namen Roms abermals auf. - Kehre nach Hause zurück!«
    »Nein«, erwiderte König Antiochus.
    Da trat Gaius Popillius Laenas ruhig vor und zog mit seinem Stab im Staub einen Kreis um den König.
    »Bevor Du diesen Kreis verläßt, König, denke genau nach. Und wenn Du ihn verläßt, dann in Richtung Osten, weil Du nach Syrien zurückkehren wirst.«
    Der König sagte nichts und tat keinen Mucks. Auch Gaius Popillius Laenas sagte nichts und tat keinen Mucks. Weil er ein Römer war und sein Gesicht nicht zu verbergen brauchte, war seine heitere und gelassene Miene für jedermann sichtbar, König Antiochus’ Gesicht hingegen bedeckte ein gekräuselter, mit Draht durchflochtener Zeremonialbart, aber seine Erregung war ihm dennoch deutlich anzusehen. Die Zeit verstrich. Und dann drehte sich der mächtige König von Syrien, der immer noch in dem Kreis stand, nach Osten um. Er verließ den Kreis und marschierte mit seinen Soldaten nach

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