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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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bewegen können, aber er selbst hatte beschlossen, die Stadt nicht zu verlassen. Seine Kinder wurden unter Aufsicht ihres Erziehers an einen sicheren Ort gebracht, sein Gold hatte er vergraben, und die Falltüre in seinem Weinkeller war unter einer großen Steinplatte verborgen. Seine Frau hatte darauf bestanden, bei ihm zu bleiben, anstatt mit den Kinder zu gehen, und so hatten sie beide zusammen mit einer Handvoll treuer Sklaven dem Schlachtenlärm gelauscht, den der Wind von Mallius Maximus’ Lager bis zur Stadt getragen hatte.
    Marcus Antonius Meminius wartete, aber weder Römer noch Germanen kamen nach Arausio. Schließlich schickte er einen Sklaven los, der herausfinden sollte, was geschehen war. Als die ersten römischen Offiziere auftauchten - Gnaeus Mallius Maximus und einige Angehörige seines Stabes -, war der Sklave gerade zurückgekommen, und Memmius konnte immer noch nicht glauben, was er gehört hatte. Die Römer benahmen sich wie betäubte Tiere, die zur Schlachtbank geführt wurden, und nicht wie hochrangige römische Soldaten. Das war Meminius’ erster Eindruck, und er wurde durch das Verhalten von Metellus Numidicus’ Sohn verstärkt, der die Offiziere mit der gleichen Schärfe und Bissigkeit zusammenhielt wie ein Hütehund seine Herde. Meminius und seine Frau kamen selbst heraus und führten die Römer in ihr Haus. Dort gaben sie ihnen zu essen und zu trinken und versuchten, einen zusammenhängenden Bericht von der Schlacht zu erhalten. Aber sie konnten fragen, was sie wollten, die Antwort blieb stets zusammenhangloses Gestammel. Der einzige, der seinen Verstand nicht verloren zu haben schien, war der junge Metellus das Ferkel, doch er hatte eine so schwere Sprachstörung erlitten, daß er keine zwei Worte zusammen herausbrachte.
    In den nächsten beiden Tagen schleppten sich noch weitere Soldaten in die Stadt, doch insgesamt waren es beklagenswert wenige, und es befanden sich keine ranghohen Offiziere mehr unter ihnen. Ein Zenturio wußte zu berichten, daß einige tausend Überlebende am Westufer der Rhône ziel- und führerlos umherirrten. Als letzter kam Caepio nach Arausio, begleitet von seinem Sohn Caepio dem Jüngeren, den er auf dem Weg in die Stadt am Westufer aufgelesen hatte. Als Caepio hörte, daß sich Mallius Maximus in Meminius’ Haus befand, weigerte er sich zu bleiben. Er war nicht davon abzubringen, mit seinem Sohn so schnell wie möglich nach Rom zurückzukehren, also gab Meminius ihm zwei vierspännige Wagen, die von Maultieren gezogen wurden, reichlich Proviant und mehrere Wagenlenker und ließ ihn ziehen.
    Mallius Maximus war vom Schmerz über den Tod seiner Söhne völlig gebrochen und zwei Tage nicht ansprechbar. Erst am dritten Tag konnte er wieder an andere Dinge denken und fragte nach dem Verbleib der sechs Senatoren. Bis dahin hatte Meminius nichts von ihnen gewußt, und als Mallius Maximus immer mehr drängte, man müsse sie suchen lassen, erhob Meminius Einwände, denn er befürchtete, daß die Germanen das Schlachtfeld immer noch besetzt hielten und wollte sich selbst, seine Frau und seine verstörten Gäste so schnell wie möglich in Sicherheit bringen.
    Dies war die Lage, als der germanische Dolmetscher durch Arausio ritt und Meminius fand. Meminius war sofort klar, daß dieser Mann viel zu berichten hatte, doch unglücklicherweise konnten sie sich nicht verständigen, weil keiner das Latein des anderen verstand und Meminius nicht auf den Gedanken kam, den Mann zu Mallius Maximus zu führen. Statt dessen brachte er ihn in seinem Haus unter und bedeutete ihm, daß er warten müsse, bis jemand käme, der sowohl die Sprachkenntnisse als auch die geistige Verfassung besäße, um mit ihm zu sprechen.

    Die vermißte Gesandtschaft der Senatoren war unter Cottas Führung sofort nach dem Abzug der Germanen an das Ostufer des Flusses zurückgekehrt. Auf dem leichenübersäten Schlachtfeld begannen sie, nach Überlebenden zu suchen. Mit ihren Liktoren und Sklaven zählten sie insgesamt neunundzwanzig Mann, und alle gingen ohne Rücksicht auf die eigene Sicherheit zu Werke, denn man konnte nicht ausschließen, daß die Germanen noch einmal zurückkehren würden. Die Zeit verging, und niemand erschien, um ihnen zu helfen.
    Drusus war während der Nacht wieder zu Bewußtsein gekommen. Halb betäubt hatte er in der Dunkelheit gelegen, und erst bei Sonnenaufgang hatte er sich so weit erholt, daß er sich kriechend fortbewegen konnte. Ihn beherrschte ein einziger Gedanke -

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