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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Sicheres herausfinden?« fragte Sertorius.
    »Wie? Die Gallier haben keinen Grund, uns zu lieben, aber für Informationen sind wir auf sie angewiesen. Daß sie uns überhaupt etwas sagen, kommt nur daher, daß auch sie die Germanen nicht bei sich haben wollen. Eines ist freilich gewiß: Wenn die Germanen vor den Pyrenäen stehen, kehren sie um. Und ich bezweifle sehr, daß sie den Belgen willkommener sind als den Keltiberern in den Pyrenäen. Wenn ich mich in die Lage der Germanen versetze und aus ihrer Sicht über mögliche Ziele nachdenke, komme ich immer wieder auf Italien zurück. Also bleiben wir hier, bis die Germanen zurückkehren, Quintus Sertorius. Und wenn es Jahre dauert.«
    »Wenn es Jahre dauert«, gab Manius Aquilius zu bedenken, »verweichlichen die Soldaten, und du wirst als Feldherr abgelöst.«
    »Die Soldaten verweichlichen nicht, weil ich sie arbeiten lasse« entgegnete Marius. »Wir haben fast vierzigtausend Besitzlose rekrutiert. Der Staat zahlt sie, dem Staat gehören ihre Waffen und Rüstungen, der Staat ernährt sie. Und wenn sie als Veteranen aus dem Dienst ausscheiden, werde ich mich darum kümmern, daß der Staat sie versorgt. Aber solange sie in der Armee des Staates dienen, sind sie nicht mehr und nicht weniger als Angestellte des Staates. Ich als Konsul repräsentiere den Staat. Deshalb sind sie meine Angestellten. Und sie kosten mich viel Geld. Wenn sie dafür nur auf ihren Hintern herumzusitzen und zu warten brauchen, bis eine Schlacht kommt, dann kann man sich leicht ausrechnen, wie teuer diese Schlacht sein wird.« Marius’ Augenbrauen zuckten unruhig auf und ab. »Sie haben nicht einen Vertrag unterschrieben, nur damit sie hier untätig herumsitzen und auf eine Schlacht warten. Sie sind in die Armee des Staates eingetreten, um zu tun, was der Staat von ihnen verlangt. Da der Staat sie zahlt, schulden sie dem Staat Arbeit. Und genau das werden sie tun: arbeiten! Dieses Jahr werden sie die Via Domitia auf der ganzen Strecke von Nemausus bis Ocelum reparieren. Nächstes Jahr graben sie einen Schiffskanal von der Küste bis Arelate an der Rhône.«
    Die anderen starrten ihn gebannt an, und für geraume Zeit waren alle sprachlos.
    Dann pfiff Sulla durch die Zähne. »Ein Soldat wird bezahlt, um zu kämpfen!«
    »Wenn er sich seine Ausrüstung selber kauft und vom Staat nichts erwartet als sein Essen, dann kann er tun, was er will. Aber für meine Soldaten gilt das nicht. Sie werden notwendige öffentliche Arbeiten ausführen, solange sie nicht kämpfen müssen, und sei es nur, um ihnen klarzumachen, daß sie im Dienst des Staates stehen wie ganz normale Angestellte. Und das hält sie bei Kräften.«
    »Und wir?« fragte Sulla. »Willst du uns zu Straßenbaumeistern machen?«
    »Warum nicht?«
    »Aber ich beispielsweise bin kein Angestellter des Staates«, sagte Sulla, immer noch freundlich. »Ich stelle meine Zeit unbezahlt zur Verfügung, wie alle anderen Legaten und Tribunen.«
    Marius sah ihn listig an. »Glaub mir, Lucius Cornelius«, sagte er, »ich weiß das zu schätzen.« Und dabei beließ er es.

    Sulla war nach dem Gespräch trotzdem unzufrieden. Angestellte des Staates, also wirklich! Das mochte für besitzlose Proletarier gelten, aber doch nicht für Tribunen und Legaten. Marius hatte ihn verstanden und war ihm ausgewichen. Was Sulla nicht ausgesprochen hatte, war trotzdem wahr: Als einziges Entgelt erhielten Tribunen und Legaten einen Anteil an der Beute. Und keiner hatte eine Vorstellung, wieviel Beute man bei den Germanen überhaupt machen konnte. Der Verkauf der Gefangenen in die Sklaverei war Vorrecht des Feldherrn, das er nicht mit seinen Legaten, Tribunen, Zenturionen und Soldaten teilte. Sulla hatte das vage Gefühl, daß der Profit dieses womöglich Jahre dauernden Feldzugs dürftig ausfallen würde, von Sklaven abgesehen.
    Der lange, mühselige Marsch zur Rhône hatte Sulla, im Gegensatz zu Quintus Sertorius, keinen Spaß gemacht. Quintus Sertorius hatte wie ein Jagdhund an der Leine vorwärtsgedrängt, zitternd vor Erregung beim bloßen Gedanken an die bevorstehende Aufgabe. Er hatte sich selbst den Umgang mit der groma beigebracht, dem Instrument des Landvermessers, und genau beobachtet, wie die Ingenieure mit Hochwasser führenden Flüssen, eingestürzten Brücken und durch Erdrutsch verschütteten Straßen fertig wurden. Er hatte mit ein oder zwei Zenturien ein Piratennest in einem versteckten Schlupfwinkel ausgehoben. Er hatte Bauarbeitertrupps bei

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