MoR 01 - Die Macht und die Liebe
sollte, werden meine Bankiers die Zahlungen fortsetzen. Du, Schwiegersohn, führst inzwischen genau Buch über das Geld, das du für meinen Sohn ausgibst. Er wird es dir zu gegebener Zeit bis auf den letzten Sesterz zurückzahlen.«
Stille senkte sich über den Raum, geladen mit so viel Spannung und Gefühlen, daß sie fast mit Händen zu greifen waren. Jeder der Anwesenden wußte, was Quintus Servilius Caepio ungesagt gelassen hatte: Er hatte das Gold von Tolosa gestohlen, das Gold war jetzt in Smyrna in Sicherheit und Eigentum des Quintus Servilius Caepio, der darüber jederzeit verfügen konnte. Quintus Servilius Caepio war damit fast so reich wie Rom.
Caepio wandte sich an Antistius, der wie die anderen schwieg. »Hast du darüber nachgedacht, was ich dich auf dem Weg hierher gefragt habe?«
Antistius räusperte sich laut. »Das habe ich, Quintus Servilius. Ich nehme an.«
»Gut!« Caepio sah seinen Sohn und seinen Schwiegersohn an. »Mein lieber Freund Lucius Antistius hat sich bereit erklärt, mich nach Smyrna zu begleiten. So genieße ich das Vergnügen seiner Gesellschaft und den Schutz eines Volkstribuns. Wenn wir nach Smyrna kommen, werde ich Lucius Antistius bitten, mit mir dort zu bleiben.«
»Darüber habe ich noch nicht entschieden«, sagte Antistius.
»Das eilt auch nicht«, sagte Caepio aufgeräumt, »das eilt überhaupt nicht.« Er rieb sich die Hände, als wollte er sie wärmen. »Ich muß sagen, ich bin so hungrig, daß ich ein kleines Kind verspeisen könnte! Gibt es etwas zu essen?«
»Natürlich, Vater«, sagte Servilia Caepionis. »Geht ihr Männer schon ins Eßzimmer. Livia Drusa und ich sehen derweil in der Küche nach dem Essen.«
Das war natürlich eine grobe Übertreibung. Um das Essen kümmerte sich Cratippus, die beiden Frauen machten sich aber immerhin auf die Suche nach ihm. Schließlich fanden sie ihn in der Loggia, die auf das Forum Romanum hinausging. Auf dem Forum wuchsen die Schatten der Dämmerung.
»Seht euch das an!« sagte Cratippus. Entrüstet zeigte er hinunter. »Habt ihr je einen solchen Schweinestall gesehen? Abfall überall! Schuhe, Lumpen, Stöcke, halbgegessenes Brot, zerbrochene Weinkrüge - es ist eine Schande!«
Und dann sah Livia Drusa auf einmal ihren rothaarigen Odysseus. Er stand mit Gnaeus Domitius Ahenobarbus auf dem Balkon des Hauses unter Caepios Haus. Die beiden Männer schienen sich wie Cratippus über den Abfall zu entrüsten.
Livia Drusa zitterte, führ sich mit der Zunge über die Lippen und starrte mit ausgehungerten Augen auf den jungen Mann, der so nah war und doch so fern. Als der Verwalter zur Küchentreppe eilte, sah sie ihre Chance gekommen. Servilia Caepionis würde es für eine beiläufige Frage halten.
»Schwester«, fragte sie, »wer ist der rothaarige Mann, der dort auf dem Balkon neben Gnaeus Domitius steht? Er kommt schon seit Jahren zu Besuch, aber ich weiß nicht, wer er ist, ich kann ihn einfach nirgends einordnen. Kennst du ihn?«
Servilia rümpfte die Nase. »Ach der! Das ist Marcus Porcius Cato.« Aus ihrer Stimme sprach Verachtung.
»Cato? Wie Cato der Zensor?«
»Genau. Ein Aufsteiger! Er ist der Enkel von Cato dem Zensor.«
»Aber ist seine Großmutter dann nicht Licinia und seine Mutter Aemilia Paulla?« Livia Drusas Augen leuchteten. »Das macht ihn doch gesellschaftsfähig!«
Servilia rümpfte wieder die Nase. »Er gehört dem falschen Zweig an, Liebes. Er ist nicht der Sohn von Aemilia Paulla - dafür müßte er einige Jahre älter sein. Nein, nein! Er ist kein Cato Licinianus! Er ist ein Cato Salonianus. Der Urenkel eines Sklaven.«
Livias Traumwelt überzog sich mit einem Netz feiner Risse. »Das verstehe ich nicht«, sagte sie verwirrt.
»Was, du kennst die Geschichte nicht? Er ist der Sohn des Sohnes aus Catos zweiter Ehe.«
»Mit der Tochter eines Sklaven?« fragte Livia Drusa atemlos.
»Der Tochter seines Sklaven, wenn du es genau wissen willst. Salonia hieß sie. Ich halte es für eine absolute Schande, daß die Nachkommen aus dieser Verbindung denselben Rang beanspruchen wie die Nachkommen aus Catos erster Ehe mit Licinia! Sie haben sich sogar in den Senat gedrängt. Der andere Zweig der Familie spricht natürlich nicht mit ihnen. Wir auch nicht.«
»Warum spricht Gnaeus Domitius dann mit ihm?«
Servilia Caepionis lachte, und es klang wie das Lachen ihres abscheulichen Vaters. »Seine Familie gehört ja auch nicht gerade zu den feinsten Familien Roms! Mehr Geld als Vorfahren, auch wenn sie noch
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