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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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unsere Söhne denken darüber genauso.«
    »Das war eine taktlose Bemerkung«, sagte Scaurus bitter.
    »Aber Marcus Aemilius! Dein Sohn ist doch noch blutjung! Ich sehe nicht, was für unverbesserliche Fehler er haben sollte, wirklich.«
    »Sollen wir die Söhne tauschen?«
    »Nein, allein schon deshalb nicht, weil das deinen Sohn umbringen würde. Er leidet vor allem darunter, daß du nicht mit ihm zufrieden bist.«
    »Er ist ein Schwächling.«
    »Vielleicht braucht er eine tüchtige Frau.«
    Scaurus blieb stehen und sah seinen Freund an. »Das ist eine glänzende Idee! Ich habe noch niemanden für ihn ausgesucht, er ist noch so unreif. An wen denkst du?«
    »An meine Nichte. Metella Delmatica, das Mädchen von Delmaticus. Sie wird in zwei Jahren achtzehn. Ich bin jetzt, da der gute Delmaticus tot ist, ihr Vormund. Was sagst du dazu, Marcus Aemilius?«
    »Einverstanden, Quintus Caecilius! Einverstanden!«

    Als Drusus klar geworden war, daß man Servilius Caepio schuldig sprechen würde, hatte er seinen Verwalter Cratippus mit seinen kräftigsten Sklaven zum Haus des alten Caepio geschickt.
    Livia Drusa war durch den Prozeß und das wenige, das sie aus Gesprächen zwischen dem alten und dem jungen Caepio aufgeschnappt hatte, so beunruhigt, daß sie sich auf kein Buch konzentrieren konnte, nicht einmal auf die pikanten Liebesgedichte des Meleagros. Da sie sonst nichts zu tun hatte, hatte sie sich an ihren Webstuhl gesetzt. Als die Sklaven ihres Bruders eintrafen, war sie überrascht, und der Ausdruck mühsam beherrschter Panik auf Cratippus’ Gesicht alarmierte sie.
    »Schnell, dominilla , pack ein, was du mitnehmen willst!« Cratippus sah sich im Wohnzimmer um. »Dein Mädchen packt die Kleider ein, und dein Kindermädchen kümmert sich um das Baby. Du brauchst mir nur zu zeigen, was du selbst mitnehmen willst - Bücher, Papiere, Stoffe.«
    Livia Drusa starrte den Verwalter mit tellergroßen Augen an. »Warum? Was ist denn los?«
    »Dein Schwiegervater, dominilla . Marcus Livius sagt, das Gericht wird ihn schuldig sprechen.«
    »Aber warum muß ich dann hier weg?« Sie war entsetzt über die Aussicht, ausgerechnet jetzt, wo sie die Freiheit entdeckt hatte, ins Haus ihres Bruders wie in ein Gefängnis zurückkehren zu müssen.
    »Die Stadt schreit nach seinem Blut, dominilla .
    Die letzte Farbe wich aus ihrem Gesicht. »Sein Blut? Will man ihn umbringen?«
    »Nein, nein, ganz so schlimm ist es nicht«, sagte Cratippus beruhigend. »Sein Vermögen wird beschlagnahmt. Aber der Mob ist aufgebracht, und dein Bruder meint, wenn der Prozeß vorüber ist, kommen die größten Randalierer vielleicht hier vorbei, um das Haus zu plündern.«
    Innerhalb einer Stunde hatten Dienerschaft und Familie Quintus Servilius Caepios Haus verlassen, und die Tore waren geschlossen und verriegelt. Als Cratippus Livia Drusa den Palatin hinunterführte, kam ihnen eine große Abteilung Liktoren entgegen, die nur mit der Tunika bekleidet waren und statt der fasces Prügel trugen. Sie sollten vor dem Haus Stellung beziehen und wenn nötig die wütende Menge in Schach halten, denn der Staat wollte nicht, daß Caepios Besitz geplündert wurde, bevor er inventarisiert und versteigert war.
    Servilia Caepionis empfing ihre Schwägerin an der Tür von Drusus Haus und führte sie hinein. Sie war so blaß wie Livia Drusa.
    »Komm und sieh selbst«, sagte sie und schob Livia Drusa durch das Peristyl zur Loggia, von wo aus man auf das Forum Romanum hinabsehen konnte.
    Sie erlebte gerade noch das Ende des Prozesses gegen Quintus Servilius Caepio mit. Das Menschengewühl ordnete sich zu den einzelnen Tribus, die über die beantragte Strafe, das Exil und die riesige Geldsumme, abstimmten. Die sich windenden und vorwärtsdrängenden Menschenschlangen boten von oben einen eigenartigen Anblick. Auf dem Versammlungsplatz herrschte noch einigermaßen Ordnung, aber weiter draußen verschmolz die riesige Menge der Schaulustigen mit den Anstehenden zu einem chaotischen Haufen. Knoten zeigten an, wo Streitereien ausgebrochen waren, und größere Menschentrauben zeigten an, wo das Handgemenge in einen Aufstand auszuarten begann. Auf der Treppe vor der Curia drängten sich die Senatoren, auf der Rednerbühne am Rand des Versammlungsplatzes standen die Volkstribunen und eine kleine, von Liktoren umgebene Gestalt, ihr angeklagter Schwiegervater, wie Livia Drusa vermutete.
    Servilia Caepionis war in Tränen ausgebrochen. Livia Drusa war wie betäubt, sie konnte nicht

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