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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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weinen. Sie rückte näher zu ihrer Schwägerin.
    »Cratippus meinte, daß die Menge vielleicht Vaters Haus plündert«, sagte sie. »Ich wußte von nichts! Keiner hat mir etwas gesagt!«
    Servilia Caepionis nestelte ihr Taschentuch heraus und trocknete sich die Tränen. »Marcus Livius hat befürchtet, daß es so kommt. Diese dumme Geschichte mit dem Gold von Tolosa ist an allem schuld. Wenn sie nicht bekannt geworden wäre, wäre alles anders gekommen. Aber die meisten Römer haben Vater anscheinend schon vor seinem Prozeß verurteilt - für etwas, für das er gar nicht angeklagt ist!«
    Livia Drusa wandte sich ab. »Ich muß nachsehen, wohin Cratippus mein Baby gebracht hat.«
    Diese Bemerkung löste einen neuen Tränenstrom bei Servilia Caepionis aus, denn sie war bisher noch nicht schwanger geworden, obwohl sie sich verzweifelt ein Baby wünschte. »Warum bin ich noch nicht schwanger?« fragte sie Livia Drusa. »Du hast so ein Glück! Marcus Livius sagt, du bekommst bald wieder ein Kind, und ich habe noch nicht einmal das erste!«
    »Du hast doch noch viel Zeit«, tröstete Livia Drusa. »Die Männer waren nach der Hochzeit monatelang fort, vergiß das nicht. Außerdem hat Marcus Livius viel mehr zu tun als mein Quintus Servilius, und alle sagen, je mehr ein Mann zu tun hat, desto schwieriger ist es für seine Frau, ein Kind zu bekommen.«
    »Nein«, flüsterte Servilia Caepionis, »ich bin unfruchtbar. Ich weiß es genau, ich fühle es in mir! Dabei ist Marcus Livius so lieb zu mir, so nachsichtig!« Sie brach wieder in Tränen aus.
    »Ist ja gut, sei doch nicht so traurig.« Livia Drusa hatte ihre Schwägerin ins Atrium geführt und sah sich nach Hilfe um. »Du machst es dir nicht leichter, wenn du so unglücklich bist. Babys gedeihen am besten in glücklichen Müttern!«
    Cratippus erschien.
    »Den Göttern sei Dank!« rief Livia Drusa. »Cratippus, holst du bitte das Dienstmädchen meiner Schwester? Und dann zeig mir bitte, wo ich schlafen soll und wo die kleine Servilia ist.«
    In einem so großen Haus wie dem von Marcus Drusus war es kein Problem, ein paar zusätzliche Personen unterzubringen. Cratippus hatte dem jungen Caepio und seiner Frau eine der Zimmerfluchten zugewiesen, die auf den Säulengarten hinausgingen. Für den alten Caepio war ein weiterer Flügel reserviert, und die kleine Servilia war in dem leeren Kinderzimmer am anderen Ende des Gartens untergebracht.
    »Wie soll ich es mit dem Essen halten?« fragte der Verwalter Livia Drusa, die das Auspacken ihrer Sachen überwachte.
    »Das muß meine Schwester entscheiden, Cratippus! Ich möchte mich da überhaupt nicht einmischen.«
    »Aber sie ist unpäßlich und hat sich hingelegt, dominilla .«
    »Ach so. Dann sorge dafür, daß wir in einer Stunde essen können - vielleicht sind die Männer dann hungrig. Aber richte dich darauf ein, es notfalls zu verschieben.«
    Draußen im Garten entstand Unruhe. Als Livia Drusa hinausging, um nachzusehen, schwankte ihr der junge Caepio durch das Peristyl entgegen, gestützt auf ihren Bruder Drusus.
    »Was ist passiert?« fragte sie. »Kann ich etwas tun?« Sie sah Drusus an. »Was ist los?«
    »Unser Schwiegervater Quintus Servilius ist verurteilt worden. Er muß ins Exil, mindestens achthundert Meilen von Rom weg, und er muß eine Geldstrafe von über fünfzehntausend Talenten Gold zahlen - das heißt, jeder Docht und jedes welke Blatt im Besitz der Familie wird beschlagnahmt. Die Zeit bis zum Beginn des Exils muß er in den Lautumiae absitzen.«
    »Aber sein gesamter Besitz bringt nicht einmal hundert Talente Gold!« rief Livia Drusa entsetzt.
    »Natürlich nicht. Deshalb kann er auch nie wieder nach Hause zurückkehren.«
    Servilia Caepionis stürzte in den Garten. Sie sieht aus wie Kassandra, dachte Livia Drusa. Kassandra, die mit zerzausten Haaren, aufgerissenen, tränennassen Augen und offenem Mund vor den siegreichen Griechen flieht.
    »Was ist los?« schrie sie. »Was ist denn los?« Drusus trat ihr fest, aber freundlich entgegen, trocknete ihr die Tränen ab und verbot ihr, sich ihrem Bruder an die Brust zu werfen. Servilia faßte sich erstaunlich schnell. »Kommt, wir gehen alle in dein Arbeitszimmer, Marcus Livius«, sagte sie und ging voraus.
    Livia Drusa zögerte erschrocken.
    »Was hast du?« fragte Servilia Caepionis.
    »Wir können doch nicht zusammen mit den Männern im Arbeitszimmer sitzen!«
    »Natürlich!« entgegnete Servilia Caepionis ungeduldig. »In solchen Zeiten müssen auch die

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