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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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durch unbekanntes Gelände. Die Germanen sind in den letzten achtzehn Jahren überall in den Alpen gewesen! Sie kennen die Donau von der Quelle bis Dakien, sie sind dem Rhein von der Quelle bis nach Helellum gefolgt und der Rhône von der Quelle bis Arausio. Sie sind Veteranen der Alpen.«
    Zischend atmete Marius ein. »Beim Jupiter, Lucius Cornelius, ein genialer Plan! Aber können sie es wirklich schaffen? Ich meine, Boiorix’ Plan steht und fällt doch damit, daß alle drei Abteilungen bis Oktober in Italien sind.«
    »Ich bin überzeugt, daß die Teutonen und Kimbern es schaffen werden. Sie sind entschlossen und haben tüchtige Führer. Bei den anderen bin ich mir nicht so sicher. Vermutlich ist Boiorix das auch nicht.«
    Sulla erhob sich und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. »Noch eines muß ich dir sagen, Gaius Marius, etwas sehr Ernstes. Die Germanen sind seit achtzehn Jahren auf Wanderung, und sie sind müde. Sie sehnen sich verzweifelt nach einem Stück Land, wo sie sich niederlassen können. Viele ihrer Kinder, die inzwischen zu jungen Kriegern herangewachsen sind, haben nie eine Heimat gehabt. Sie haben sogar überlegt, ob sie wieder auf die Kimbrische Chersonesos zurückkehren sollen. Das Meer hat sich schon seit langem wieder zurückgezogen, und der Boden ist nicht mehr salzig.«
    »Dann sollen sie es doch tun!«
    »Es ist zu spät.« Ruhelos ging Sulla auf und ab. »Sie haben sich an unser krustiges Weißbrot gewöhnt, auf das sie ihre Butter streichen können und mit dem sich so trefflich Bratensaft auftunken und ihr gräßlicher Blutpudding verlängern läßt. Sie haben an der Wärme der südlichen Sonne und den schneebedeckten Bergen Gefallen gefunden. Zuerst Pannonien und Noricum, dann Gallien. Unsere Welt ist reicher. Und jetzt haben sie Boiorix, und sie haben beschlossen, Italien zu erobern.«
    »Solange ich Feldherr bin, wird ihnen das nicht gelingen.« Marius ließ sich in seinen Stuhl sinken. »Ist das alles?«
    »Alles oder auch nichts«, erwiderte Sulla ein wenig traurig. »Ich könnte tagelang erzählen. Aber das ist jedenfalls das, was du zuerst wissen mußt.«
    »Und deine Frau und deine Söhne? Hast du sie einfach ihrem Schicksal überlassen? Wird man sie töten, weil kein Krieger mehr da ist, der sie versorgen kann?«
    »Es ist eigenartig«, sagte Sulla wie zu sich selbst, »aber das habe ich nicht übers Herz gebracht! Ich habe Hermana und die Jungen zu den germanischen Cheruskern geschafft. Sie siedeln nördlich der Chatten an der Weser. Hermanas Stamm gehört zwar zu den Cheruskern, aber die Stammesangehörigen heißen Marser. Seltsam, nicht? Wir haben Marser, und die Germanen haben Marser. Die Namen sprechen sich genau gleich aus. Das stimmt nachdenklich. Wie sind wir dahin gekommen, wo wir jetzt sind? Liegt es in der Natur des Menschen, daß er auf der Suche nach einer neuen Heimat immer wieder aufs neue aufbrechen muß? Werden wir Römer Italien eines Tages auch satt haben und woanders hinziehen? Ich habe viel über die Welt nachgedacht, seit ich mich den Germanen angeschlossen habe, Gaius Marius.«
    Marius war aus einem Grund, den er selbst nicht verstand, über Sullas Worte zu Tränen gerührt. Deshalb sagte er jetzt weicher als sonst: »Ich bin froh, daß du sie nicht einfach dem Tod überlassen hast.«
    »So bin ich, obwohl ich eigentlich gar keine Zeit hatte. Ich hatte Angst, nicht rechtzeitig zu den Konsulwahlen zurück zu sein. Ich glaubte nämlich, daß meine Neuigkeiten für dich eine gewaltige Hilfe sein könnten.« Sulla räusperte sich. »Ich habe übrigens gewagt - natürlich in deinem Namen -, mit den germanischen Marsern einen Friedens- und Freundschaftsvertrag abzuschließen. Ich dachte vage, meine germanischen Söhne mit ihren kurzen, geraden Cheruskernasen würden dann wenigstens einen Hauch römischer Luft atmen. Hermana hat versprochen, sie in Freundschaft zu Rom aufzuziehen.«
    »Du wirst Hermana nie wiedersehen?«
    »Natürlich nicht!« sagte Sulla forsch. »Auch die Zwillinge nicht. Außerdem werde ich mir nie wieder lange Haare oder einen Schnurrbart wachsen lassen, Gaius Marius, oder das Gebiet um das Mittelmeer verlassen. Eine Diät aus Rindfleisch, Milch, Butter und Haferbrei bekommt meinem römischen Magen ganz und gar nicht, und ich möchte nie mehr auf ein Bad verzichten. Außerdem mag ich kein Bier. Ich habe für Hermana und die Jungen getan, was ich konnte, indem ich sie dort hinbrachte, wo sie nicht sterben müssen, weil kein Krieger für sie

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