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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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ihr nicht den Kuß, nach dem sie sich sehnt, und breche ihr dabei das häßliche, magere Genick, wie ich es bei Clitumna getan habe? Wie viele Männer habe ich mit dem Schwert, dem Messer, mit Pfeilen, Gift, Steinen, Äxten, Prügeln getötet, wie viele habe ich mit meinen Händen erwürgt und erdrosselt? Was unterscheidet sie eigentlich von all diesen anderen? Doch Sulla wußte die Antwort. Julilla hatte ihm seinen Lebenstraum eingegeben. Julilla hatte ihm Glück gebracht. Und sie war eine patrizische Römerin, Blut von seinem Blut. Er wäre eher in der Lage, Hermana zu töten.
    Worte konnten diese zähe, sehnige römische Dame nicht töten, Worte konnte er also gegen sie schleudern.
    »Du vernachlässigst in der Tat die Kinder«, sagte er. »Deshalb habe ich deine Mutter gebeten, zu uns zu ziehen.«
    Sie atmete tief und theatralisch auf, hustete, umklammerte mit beiden Händen ihren Hals. »Oh! Oh! Wie kannst du nur so etwas behaupten? Ich habe meine Kinder nie vernachlässigt, niemals!«
    »Unsinn. Sie waren dir immer völlig gleichgültig«, sagte er in diesem müden Tonfall, den er seit seiner Rückkehr in dieses furchtbare, verdammte Haus nicht mehr abgelegt hatte. »Dich interessiert doch nur deine Weinflasche, Julilla.«
    »Und wer kann mir das vorwerfen?« fragte sie und ließ die Hände sinken. »Wer kann mir das aufrichtig vorwerfen? Ich bin mit einem Mann verheiratet, der mich nicht haben will. Ein Mann, der ihn im Bett nicht einmal dann hochbringt, wenn ich ihm einen blase, bis mir die Kieferknochen brechen!«
    »Wenn wir schon so deutlich miteinander reden wollen, würdest du dann bitte zuerst die Tür schließen?«
    »Warum denn? Damit die Sklaven nichts hören? Was bist du doch für ein schmutziger Heuchler, Sulla! Wer ist denn immer schuld, du oder ich? Warum ist es nie deine Schuld? Als Liebhaber bist du in der ganzen Stadt viel zu bekannt, und nur weil es mit mir nicht geht, kommst du bestimmt nicht in den Ruf, impotent zu sein! Nur mich willst du nicht! Mich! Deine eigene Frau! Ich habe andere Männer nie auch nur angesehen. Und was ist der Dank dafür? Du kommst nach zwei Jahren zurück und kriegst ihn nicht einmal hoch, selbst wenn ich den irrumator spiele!« Ihre großen, gelblichen Augen füllten sich mit Tränen. »Was habe ich nur getan? Warum liebst du mich nicht? Warum willst du mich nicht? Oh, Sulla, schau mich mit liebevollen Augen an, berühre mich mit zärtlichen Händen, und ich werde nie mehr auch nur einen Tropfen Wein trinken, solange ich lebe! Wie kann ich dich lieben, wenn ich nicht den geringsten Funken von Leidenschaft aus dir schlage?«
    »Vielleicht liegt da ein Teil des Problems«, sagte er, kühl wie ein Arzt bei der Untersuchung. »Ich will nicht, daß ich so sehr geliebt werde. Das ist nicht richtig. Es ist sogar ungesund.«
    »Dann sag mir bitte, wie ich mir die Liebe zu dir abgewöhnen soll!« Julilla brach in Tränen aus. »Ich weiß es nämlich nicht. Glaubst du denn, daß ich es mir nicht abgewöhnen würde, wenn ich nur könnte? Sofort, sofort würde ich es tun! Ich flehe die Götter an, daß ich es kann! Aber ich kann es eben nicht. Ich liebe dich mehr, als ich das Leben liebe.«
    Sulla seufzte. »Vielleicht wäre es eine Lösung, wenn du endlich erwachsen würdest. Du siehst wie eine Halbwüchsige aus und benimmst dich auch so. Deinem Körper und deinem Verstand nach bist du immer noch sechzehn. Aber in Wirklichkeit eben nicht, Julilla! Du bist vierundzwanzig. Du hast heranwachsende Kinder.«
    »Vielleicht war ich mit sechzehn zum letzten Mal wirklich glücklich«, sagte sie und rieb ihre nassen Wangen.
    »Wenn du seither nicht mehr glücklich geworden bist, Julilla, kannst du das schwerlich mir vorwerfen.«
    »Du bist eben nie schuld, nicht wahr?«
    »Vollkommen richtig«, sagte er mit überlegener Miene.
    »Und was ist mit den anderen Frauen?«
    »Was soll mit ihnen sein?«
    »Du hast seit deiner Rückkehr keinerlei Interesse mehr für mich gezeigt. Ist der Grund dafür vielleicht, daß du irgendwo in Gallien irgendeine Frau aufgetrieben hast?«
    »Nicht irgendeine Frau, sondern eine Ehefrau«, korrigierte Sulla sie milde. »Und nicht in Gallien, sondern in Germanien.«
    Völlig entgeistert starrte sie ihn an. »Eine Ehefrau?«
    »Zumindest nach germanischem Brauch. Und zwei Söhne, Zwillinge, sie sind jetzt ungefähr vier Monate alt.« Er schloß die Augen, diesen tiefen Schmerz wollte er ihr nicht zeigen. »Sie fehlt mir sehr. Ist das nicht

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