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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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machen.
    Die stumme Gegenwart von Saturninus in Gaius Claudius’ Arbeitszimmer war ein Schock. Schlagartig begriff Glaucia die Ungeheuerlichkeit seiner Tat, ihre Auswirkungen und Folgen. Er hatte nicht nur seine eigene Karriere zerstört, sondern sehr wahrscheinlich auch die seines besten Freundes. Ein unerträglicher Gedanke.
    »Sag doch etwas, Lucius Appuleius«, weinte er.
    Saturninus blinzelte. Langsam tauchte er aus seinen Gedanken auf, wie aus einem Traum. »Meines Erachtens haben wir nur noch eine Chance«, sagte er ruhig. »Wir müssen die Menge auf unsere Seite bringen. Wir müssen die Menge dazu benutzen, unsere Forderungen beim Senat durchzusetzen - ein sicheres Amt, mildernde Umstände für dich, die Garantie, daß keiner von uns belangt werden wird. Titus Labienus soll Lucius Equitius herholen, denn es wird leichter sein, die Menge auf unsere Seite zu bringen, wenn er dabei ist.« Er rieb sich die Hände und seufzte. »Sobald Labienus zurück ist, gehen wir zum Forum. Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
    »Soll ich mitkommen?« fragte Glaucia.
    »Nein. Du bleibst mit deinen Leuten hier. Sag Gaius Claudius, er soll Waffen an seine Sklaven verteilen. Und laßt niemanden herein. Macht nur auf, wenn ihr Labienus, Saufeius oder mich rufen hört.« Saturninus stand auf. »Bei Sonnenuntergang muß ich die Herrschaft über Rom haben. Wenn nicht, bin ich auch erledigt.«
    »Laß mich fallen!« sagte Glaucia plötzlich. »Lucius Appuleius, du mußt das nicht für mich tun! Recke deine Arme voll Schrecken über meine Tat empor, stell dich an die Spitze derer, die meine Verurteilung fordern. Das ist der einzige Weg. Rom ist noch nicht bereit für eine neue Form der Regierung! Die Menge ist hungrig, ja. Sie haben die stümperhafte Regierung satt, ja. Sie wollen mehr Gerechtigkeit, ja. Aber sie sind nicht so weit, daß sie Köpfe einschlagen und Kehlen durchschneiden würden. Sie werden dir zujubeln, bis sie heiser sind. Aber sie werden für dich nicht töten.«
    »Du täuschst dich«, sagte Saturninus. Er fühlte sich, als schwebte er über dem Erdboden, leicht, frei, unverwundbar. »Gaius Servilius, diese Menschenmengen, die sich auf dem Forum drängen, sind zahlreicher und mächtiger als eine Armee! Hast du nicht bemerkt, wie die von der konservativen Clique in die Knie gingen? Hast du nicht bemerkt, wie Metellus Caprarius vor Lucius Equitius gekuscht hat? Es gab kein Blutvergießen. Das Forum war schon rot von Blut, weil ein paar hundert Männer aneinandergeraten waren, und neulich standen Hunderttausende dort! Niemand kann diesen Menschen trotzen. Es wird gar nicht nötig sein, sie zu bewaffnen oder sie aufzuhetzen, daß sie Köpfe einschlagen und Kehlen durchschneiden. Ihre Macht liegt allein in der Masse! Einer Masse, die ich beherrschen kann, Gaius Servilius! Ich muß nur meine Redekunst einsetzen, muß für ihre Sache sprechen, und Lucius Equitius muß ein paarmal winken. Wer kann sich gegen einen Mann stellen, der diese Masse wie eine riesige Belagerungsmaschine zu handhaben versteht? Die Strohpuppen aus dem Senat vielleicht?«
    »Gaius Marius«, sagte Glaucia.
    »Nein, nicht einmal Gaius Marius! Und außerdem, der ist sowieso auf unserer Seite!«
    »Das ist er nicht«, sagte Glaucia.
    »Er glaubt das wahrscheinlich selber auch nicht, Gaius Servilius. Aber die Menge jubelt ihm genauso zu wie Lucius Equitius und mir. Für die konservative Clique und die anderen Leute vom Senat muß es so aussehen, als wurden wir an einem Strang ziehen. Ich habe nichts dagegen, die Macht mit Gaius Marius zu teilen - eine Zeitlang. Er wird alt, er hatte einen Schlaganfall. Wäre es nicht natürlich, daß er an einem zweiten Schlaganfall stirbt?« fragte Saturninus begierig.
    Glaucia fühlte sich langsam besser. Er setzte sich in seinem Stuhl auf und betrachtete Saturninus mit gemischten Gefühlen. »Kann es klappen, Lucius Appuleius? Glaubst du wirklich, daß es klappen kann?«
    Saturninus reckte die Arme zur Decke, berstend vor Selbstvertrauen. Ein wildes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. »Es wird gutgehen, Gaius Servilius. Überlaß das nur mir.«
    Von Gaius Claudius’ Haus aus ging Lucius Appuleius Saturninus direkt zur Rednerbühne auf dem Forum Romanum, begleitet von Labienus, Saufeius, Lucius Equitius und zehn oder zwölf engen Freunden. Er nahm den Weg quer über die Arx, weil er das Gefühl hatte, er müsse seine Arena von oben betreten, wie ein Halbgott, der aus den höheren Gefilden der Tempel und Gottheiten

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