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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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sicher, daß Du in der Öffentlichkeit ein höheres Ansehen genießt als die beiden. Ich glaube auch nicht, daß Titus Didius etwas gegen Deine Rückkehr nach Rom einzuwenden hätte, denn Du hast ihm schon mehr Zeit geopfert, als die meisten Legaten ihrem Feldherrn normalerweise zur Verfügung stellen. Wenn ich nicht irre, werden es im Herbst nächsten Jahres vier Jahre, wahrlich eine lange Zeit.
    Laß es Dir durch den Kopf gehen, Lucius Cornelius. Ich habe mit Gaius Marius gesprochen, und er findet die Idee ebenfalls gut. Auch der — halte Dich bitte fest — Senatsvorsitzende Marcus Aemilius Scaurus findet sie gut. Die Geburt eines Sohnes, der ihm wie aus dem Gesicht geschnitten ist, hat dem Jungen völlig den Kopf verdreht. Frag mich bitte nicht, warum ich einen Mann in meinem Alter einen Jungen nenne.
    Sulla saß in seinem Büro in Tarraco und führte sich Satz für Satz den Inhalt des humorvollen Briefes zu Gemüte. Die Nachricht, Caecilia Metella Delmatica habe Scaurus einen Sohn geschenkt, beschäftigte ihn so sehr, daß er sich zunächst nicht auf die anderen, weit wichtigeren Neuigkeiten konzentrieren konnte. Erst nachdem er sich einige Zeit mit einem bitteren Lächeln an Delmatica erinnert hatte, dachte er über den Vorschlag nach, für das Prätorenamt zu kandidieren. Rutilius Rufus hatte recht. Nächstes Jahr war genau der richtige Zeitpunkt. Auch Sulla war überzeugt, daß Titus Didius ihn nach Rom zurückkehren lassen würde. Didius würde ihm Empfehlungsschreiben ausstellen, die seine Chancen noch zusätzlich vergrößern würden. Zwar hatte er sich in Spanien keine Krone aus Gras erworben, aber er hatte seine Sache nicht schlecht gemacht, das wußte er.
    Träumte er? Oder war es ein Wink, den das Schicksal ihm ironischerweise durch die arme tote Julilla hatte zukommen lassen? Diese hatte ihm aus dem Gras des Palatin einen Kranz geflochten und aufs Haupt gesetzt, ohne zu ahnen, welche Bedeutung das im Heer hatte. Oder hatte Julilla alles richtig vorausgesehen? Wartete die Krone noch auf ihn? Aber in welchem Krieg hätte er sie gewinnen sollen? Im Moment war weit und breit kein größerer Feldzug in Aussicht, nirgends drohte Gefahr. In Spanien brodelte es zwar immer noch in beiden Provinzen, aber die Sulla übertragenen Aufgaben waren zu gering, als daß sie ihm die corona graminea hätten einbringen können. Titus Didius schätzte ihn zwar als Experten für Logistik, Nachschub, Waffen und Strategie, ließ ihn aber keine Armee befehligen. Wenn er erst einmal Prätor gewesen war, würde auch er seine große Chance bekommen. Vielleicht konnte er sogar Titus Didius als Statthalter in Hispania Citerior ablösen. Eine reiche und gewinnbringende Provinz war genau das, was er brauchte.
    Sulla brauchte dringend Geld. Das wußte er nur zu genau. Mit seinen fünfundvierzig Jahren mußte er sich beeilen, schon bald würde es zu spät sein, sich für das Konsulat zu bewerben. Gaius Marius durfte er sich nicht zum Beispiel nehmen, er war ein Sonderfall. Nicht einmal ein Lucius Cornelius Sulla durfte sich mit ihm vergleichen. Für Sulla führte der Weg zur Macht über das Geld; auch bei Gaius Marius war es letztlich so gewesen. Wenn Marius nicht während seiner Statthalterschaft in Hispania Ulterior zu Geld gekommen wäre, hätte ihn der alte Caesar nie und nimmer als Mann für Julia in Betracht gezogen. Und ohne die Ehe mit Julia hätte er es nicht zum Konsul gebracht, auch wenn es so noch schwer genug gewesen war. Geld. Sulla brauchte unbedingt Geld. Deshalb würde er zuerst nach Rom gehen und sich zum Prätor wählen lassen und dann nach Spanien zurückkehren, um Geld zu verdienen.

    Publius Rutilius Rufus schrieb im August des folgenden Jahres nach einer langen Pause an Sulla:
    Ich war krank, Lucius Cornelius, aber jetzt geht es mir wieder gut. Die Ärzte führten mein Unwohlsein auf die abstrusesten Dinge zurück. Meine private Diagnose lautet einfach: Langeweile. Wie dem auch sei, mittlerweile habe ich sowohl Krankheit als auch Langeweile abgeschüttelt, denn es tut sich wieder etwas in Rom.
    Zum einen wird Deine Kandidatur als Prätor bereits eifrig vorbereitet. Es wird Dich freuen zu hören, daß die Wähler Deine Kandidatur begrüßen. Scaurus unterstützt Dich auch weiterhin — wohl deshalb, schätze ich, weil er Dich in dieser alten Geschichte mit seiner Frau nicht mehr für schuldig hält. Halsstarriger alter Esel! Er hätte es schon damals offen zugeben sollen, statt Dich praktisch ins Exil zu

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