MoR 02 - Eine Krone aus Gras
besser versorgt werden als auf dem Land.
Während die Samniten schon verächtlich ausspuckten, wenn sie den Namen Catulus Caesar hörten, erfreute sich der Pontifex Maximus Ahenobarbus in Alba Fucentia wachsender Beliebtheit, und die Marser wurden nicht so hart behandelt wie die Samniten. Was die anderen Gerichte anlangte, so gingen einige Präsidenten rücksichtslos vor, einige schlugen eine gemäßigte Linie ein, und einige folgten dem Beispiel des Ahenobarbus. Aber insgesamt wuchs der Haß, und so viele wurden Opfer des Gesetzes, daß die Entschlossenheit unter den italischen Bundesgenossen zunahm, sich endlich des römischen Jochs zu entledigen, und sei es um den Preis des eigenen Lebens. Nicht einer der Gerichtspräsidenten hatte den Mut, seine Soldaten aufs Land hinaus zu schicken, um nach flüchtigen Falschbürgern zu suchen.
Der einzige Richter, der sich rechtliche Schwierigkeiten einhandelte, war Quintus Servilius Caepio. Er war Gnaeus Scipio Nasica in Brundisium zugeordnet worden. Die schwüle und staubige Hafenstadt sagte Gnaeus Scipio Nasica gleich nach seiner Ankunft so wenig zu, daß er eine kleine Unpäßlichkeit — später stellte sich zur Belustigung der Einheimischen heraus, daß es sich um Hämorrhoiden handelte — zum Anlaß nahm, nach Rom zurückzueilen und sich dort behandeln zu lassen. Er übertrug Caepio die Leitung des Gerichts, und sein Helfer war kein Geringerer als Metellus Pius das Ferkel. Wie fast überall waren die Gesetzesbrecher längst geflohen und die Informanten dünn gesät. Es war immer die gleiche Prozedur: Die Namensliste wurde verlesen, dann wurde festgestellt, daß die Männer nicht mehr in der Stadt wohnten. So vergingen die Tage ereignislos — bis eines Tages ein Spitzel scheinbar wasserdichte Beweise gegen einen der angesehensten römischen Bürger der Stadt vorbrachte. Er gehörte nicht zu den Massen, die sich anläßlich der letzten Volkszählung in die römischen Bürgerlisten hatten eintragen lassen, sondern hatte sich nach Angabe des Informanten das Bürgerrecht schon vor über zwanzig Jahren erschlichen. Caepio ging mit Feuereifer ans Werk, um an diesem Mann ein Exempel zu statuieren, hechelnd wie ein Hund, der einen verrotteten Knochen ausgräbt. Er ging sogar so weit, den Mann unter Folter vernehmen zu lassen. Caepio war so sehr von der Schuld dieser angeblichen Stütze der Gemeinde überzeugt, daß er sich weigerte, den Einwänden des Metellus Pius Gehör zu schenken, der es mittlerweile mit der Angst zu tun bekommen hatte und protestierte. Dann konnte der Mann freilich eindeutige Beweise vorlegen, daß er tatsächlich das war, was er vorgab zu sein — ein angesehener römischer Bürger. Und kaum hatte er seine Unschuld bewiesen, klagte er gegen Caepio. Daß Caepio zuletzt freigesprochen wurde, hatte er nur seiner hastigen Rückreise und einer packenden Rede des Crassus Orator zu verdanken. Nach Brundisium zurückkehren konnte er nicht. Statt dessen mußte Gnaeus Scipio Nasica wutschnaubend und mit Verwünschungen gegen alle Mitglieder der Familie Servilius Caepio an den ihm verhaßten Ort zurückkehren. Crassus Orators Freude über den gewonnenen Prozeß war getrübt, weil er einen Mann hatte verteidigen müssen, den er zutiefst haßte.
»Es gibt Zeiten, Quintus Mucius«, erklärte er seinem Vetter, Kumpan und Amtskollegen Scaevola, »in denen ich mich frage, warum gerade wir in diesem verfluchten Jahr zu Konsuln gewählt werden mußten.«
Publius Rutilius Rufus schrieb in diesen Tagen an Lucius Cornelius Sulla in Hispania Citerior und folgte damit den Bitten des nach Nachrichten dürstenden Legaten, ihn doch über die Ereignisse in Rom auf dem laufenden zu halten. Rutilius Rufus folgte der Aufforderung nur zu gern.
Ich schwöre Dir, Lucius Cornelius, im Augenblick ist kein Freund von mir im Ausland, dem ich auch nur eine einzige Zeile zukommen lassen könnte. Daher ist es mir ein besonderes Vergnügen, Dir zu schreiben, und ich verspreche Dir, Dich über alles auf dem laufenden zu halten.
Zunächst zu den Sondergerichten des wohl bekanntesten Gesetzes der letzten Zeit, der \1 \2 Sie sind inzwischen selbst bei den mit der Durchführung des Gesetzes Betrauten so unbeliebt und außerdem so gefährlich, daß sich gegen Ende dieses Sommers alle nach einem Vorwand sehnten, um endlich die verhaßten Ermittlungen einstellen zu können. Und glücklicherweise bot sich überraschend die Gelegenheit dazu. Die Salasser, die Raeter und Brenner fielen in das
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