MoR 02 - Eine Krone aus Gras
italische Gallien jenseits des Po ein, und es kam zwischen dem Gardasee und dem Aostatal, also im mittleren und westlichen Teil von Gallia Transpadana, zu Unruhen. Der Senat rief in aller Eile den Notstand aus und setzte die rechtliche Verfolgung von Falschbürgern aus. Die Richter und Präsidenten der Sondergerichte kehrten überglücklich und dankbar über diese Pause auf dem schnellsten Weg nach Rom zurück. Der arme Crassus Orator wurde — als Rache? — vom Senat mit einer Armee ins italische Gallien entsandt, um die aufrührerischen Stämme zu unterwerfen oder sie zumindest aus den zivilisierten Gebieten zu vertreiben. Dies gelang ihm auch in einem sehr erfolgreichen Feldzug, der weniger als zwei Monate dauerte.
Crassus Orator kehrte vor wenigen Tagen mit seiner Armee nach Rom zurück und kampierte vor den Toren der Stadt auf dem Marsfeld, weil ihn, wie er sagte, seine Truppen auf dem Feld zum imperator ausgerufen hätten und er jetzt einen Triumph feiern wolle. Sein Vetter Quintus Mucius Scaevola, der in Abwesenheit seines Mitkonsuls in Rom die Geschäfte weitergeführt hatte, berief auf das Gesuch des vor der Stadt lagernden Feldherrn hin augenblicklich eine Senatssitzung im Tempel der Bellona ein. Aber es kam nicht einmal zu einer Beratung über den beantragten Triumph.
»Quatsch!« kommentierte Scaevola das Ansinnen seines Amtskollegen. »Lächerlicher Quatsch! Für einen mickrigen Feldzug gegen ein paar Tausend chaotischer Wilder hat er keinen Triumph verdient! Zumindest nicht, solange ich Konsul bin! Wie könnten wir es rechtfertigen, zwei Feldherren von der Größe eines Gaius Marius und eines Quintus Lutatius Catulus Caesar zusammen nur einen Triumphzug zu gewähren und dann einem Mann, der nicht einmal einen richtigen Krieg geführt, geschweige denn eine richtige Schlacht gewonnen hat, einen ganzen Triumph? Nein! Unmöglich! Er bekommt seinen Triumph nicht. Oberster Liktor, geh und sage Lucius Licinius, er solle seine Truppen in ihre Kasernen nach Capua entlassen und sich dann gefälligst über die .Stadtgrenze bemühen, wo er sich zur Abwechslung einmal nützlich machen kann.«
Oje! Scaevola war wohl mit dem falschen Bein aufgestanden, oder seine Frau hatte ihn aus dem Bett geworfen, was auf dasselbe hinausläuft. Jedenfalls entließ Crassus Orator seine Truppen und kam in die Stadt, allerdings nicht, um sich zur Abwechslung einmal nützlich zu machen, sondern um seinem Vetter .Scaevola den Kopf zu waschen. Damit erlebte er freilich eine Überraschung.
Scaevola ging kein Jota von seiner Meinung ab. Weißt Du, Lucius Cornelius, manchmal erinnert Scaevola mich ungemein an den jüngeren Scaurus Princeps Senatus. »Du bist mir lieb und teuer, Lucius Licinius«, sagte Scaevola, »aber ich genehmige keine Pseudo-Triumphe.«
Das Ende vom Lied ist, daß die beiden Vettern kein Wort mehr miteinander wechseln, was das Leben im Senat nicht gerade einfach macht, wie Du Dir vorstellen kannst. Immerhin sind sie ja die beiden Konsuln. Aber ich habe schon Konsuln erlebt, die noch schlechter miteinander auskamen, als es bei Crassus Orator und Scaevola je der Fall sein dürfte. Mit der Zeit gibt sich das sowieso wieder. Ich persönlich finde, es ist ein Jammer, daß sie nicht schon vor der Ausarbeitung der lex Licinia Mucia aufgehört haben, miteinander zu reden.
Und nachdem ich Dir jetzt diese Posse berichtet habe, fällt mir, wie ich gestehen muß, zu Rom nichts mehr ein. Auf dem Forum ist dieser Tage einfach nichts los!
Dagegen hören wir von Dir nur Gutes. Ich denke, das solltest Du wissen. Titus Didius, den ich schon immer für einen ehrenwerten Mann gehalten habe, lobt Dich jedesmal in den höchsten Tönen, wenn er dem Senat einen Bericht schickt.
Deshalb möchte ich Dir ernsthaft raten, Ende nächsten Jahres nach Rom zurückzukehren und für das Amt des Prätors zu kandidieren. Metellus Numidicus Schweinebacke ist ja nun schon einige Jahre tot, und Catulus Caesar, Scipio Nasica und der Senatsvorsitzende Scaurus sind so damit beschäftigt, die lex Licinia Mucia trotz aller Probleme durchzusetzen, daß niemand sich für Gaius Marius interessiert oder dafür, wer früher mit ihm zu tun hatte und was früher einmal war. Die Wähler scheinen gewillt, zur Abwechslung einmal gute Leute zu wählen, weil diese offensichtlich momentan Mangelware sind. Lucius Julius Caesar wurde dieses Jahr ohne Schwierigkeiten zum praetor urbanus gewählt, und Aurelias Halbbruder Lucius Cotta war praetor peregrinus . Ich bin mir
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