MoR 02 - Eine Krone aus Gras
Sproß des alten Geschlechts der Sulpicius, ein gewissser Publius Sulpicius Rufus, hatte doch tatsächlich die Frechheit, Gaius Norbanus in einem Hochverratsprozeß anzuklagen, weil dieser ungerechterweise den alten Quintus Servilius Caepio ins Exil geschickt habe, der durch das Gold von Tolosa und Arausio berühmt wurde. Sulpicius behauptete, die Klage hätte damals nicht vor der Versammlung der Plebs erhoben werden dürfen, sondern sei in den Zuständigkeitsbereich eines Gerichtshofs für Hochverratsprozesse gefallen. Er ist momentan ein ständiger Begleiter des jungen Caepio, was allein schon für seinen extrem schlechten Geschmack spricht. Wie dem auch sei, Antonius Orator übernahm die Verteidigung und hielt meiner Meinung nach die beste Rede seiner gesamten Laufbahn. Das Ergebnis war, daß die Geschworenen Norbanus einhellig freisprachen und dieser mit gerümpfter Nase an Sulpicius und Caepio vorbeizog. Ich füge eine Abschrift der Rede des Antonius Orator zu Deiner Erbauung bei. Ich bin sicher, sie wird Dir gefallen.
Was den anderen Orator anbelangt, Lucius Licinius Crassus, so haben die Ehemänner seiner beiden Töchter sich als Familiengründerganz unterschiedlich bewährt. Scipio Nasicas Sohn Scipio Nasica hat nun einen Sohn, der gleichfalls Scipio Nasica heißt. Seine Licinia bewährt sich hervorragend als Bruthenne, schließlich hat sie bereits einer Tochter das Leben geschenkt. Die Licinia freilich, die mit Metellus dem Ferkel verheiratet ist, hat bislang noch kein Glück gehabt. Sie ist immer noch nicht schwanger, und im Kinderzimmer von Ferkel hört man bislang nur den Widerhall der eigenen Stimme. Meine Nichte Livia Drusa hat Ende letzten Jahres eine Tochter zur Welt gebracht, eine Porcia natürlich, mit einem Rotschopf, der sechs Heuschober in Brand setzen könnte. Livia Drusa ist weiterhin absolut vernarrt in Cato Salonianus, der ein wirklich netter Kerl ist, wie ich finde. Und in Livia Drusa hat Rom auch eine wirklich prächtige Bruthenne.
Ich schweife ab, aber was macht das schon. Unsere Ädilen sind dieses Jahr in der Tat ein seltsames Gespann. Mein Neffe Marcus Livius ist einer der plebejischen Ädilen, und sein Kollege ist eine steinreiche Null namens Remmius, während sein Schwager Cato Salonianus einer der kurulischen Ädilen ist. Ich freue mich schon auf die von ihnen ausgerichteten Spiele.
Nun einige Familiennachrichten. Die arme Aurelia lebt immer noch allein in der Subura, aber wir hoffen, daß Gaius Julius nächstes oder spätestens übernächstes Jahr wieder zu Hause ist. Sein Bruder Sextus ist dieses Jahr Prätor, und schon bald wird Gaius Julius an der Reihe sein. Natürlich wird Gaius Marius sein Versprechen halten und, falls nötig, nach Kräften mit Schmiergeldern nachhelfen. Aurelia und Gaius Julius haben einen höchst bemerkenswerten Sohn. Der junge Caesar ist mittlerweile fünf und kann schon lesen und schreiben. Mehr noch, er liest aus dem Stand einfach alles! Drückt man ihm irgendeine flüchtig hingekritzelte Notiz in die Hand, rattert er einem das Geschriebene ohne mit der Wimper zu zucken herunter. Ich kenne nicht einmal einen Erwachsenen, der dazu in der Lage wäre, und da kommt dieser Dreikäsehoch mit seinen fünf Jahren daher und steckt uns alle in die Tasche. Übrigens ist er auch vom Äußeren her ein außergewöhnliches Kind. Aber keinesfalls verwöhnt. Ich finde sogar, daß Aurelia viel zu streng mit ihm ist.
So, jetzt fällt mir nichts mehr ein, Lucius Cornelius. Komm bald zurück. Ich spüre es in den Knochen, daß ein Prätorenstuhl auf dich wartet.
Lucius Cornelius Sulla kehrte wie erhofft schnell nach Rom zurück. Er war innerlich zerrissen. Zum einen war er voller Hoffnung, dann wieder war er überzeugt, daß zuletzt doch noch etwas dazwischenkommen und ihm den Sieg rauben würde. Obwohl er sich nichts sehnlicher wünschte, als seinen langjährigen Geliebten Metrobius wiederzusehen, tat er es nicht. Er ließ sich sogar verleugnen, als Metrobius, der Stern des tragischen Theaters, sich zu einem Klientenbesuch bei ihm einfand. Denn dies war sein Jahr. Wenn er dieses Jahr kein Glück hatte, dann hatte ihm die Göttin Fortuna endgültig den Rücken gekehrt, und deshalb wollte er nichts tun, sie zu verärgern. Sie mochte es gar nicht, wenn sich ihre Günstlinge in Liebesabenteuer stürzten, die sie zu sehr in Beschlag nahmen. Kein Metrobius also.
Hingegen stattete er Aurelia recht bald einen Besuch ab. Zuvor aber widmete er sich erst einmal seinen beiden
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