MoR 02 - Eine Krone aus Gras
tat, reagierte Caepio ausgesprochen bösartig. Er will immer noch den Ring von Drusus!
Jetzt aber genug von Caepio, er ist ein zu schmutziges Thema für einen Brief. Inzwischen wurde ein weiteres nützliches kleines Gesetz eingebracht, das wir dem Volkstribunen Gnaeus Papirius Carbo verdanken. Carbos Familie hatte kein Glück mehr, seit sie sich entschloß, ihren patrizischen Status abzulegen! Zwei Selbstmorde in der letzten Generation, und jetzt einigejunge Papiriusse, die offenbar auf Schwierigkeiten aus sind. Jedenfalls beriefCarbo vor einigen Monaten die Volksversammlung ein — Anfang Frühjahr, um genauer zu sein — wie die Zeit vergeht! Crassus Orator und der Pontifex Maximus Ahenobarbus hatten gerade erklärt, sie wollten sich für die Zensorenämter aufstellen lassen. Carbo versuchte, eine modernisierte Form des Getreidegesetzes von Saturninus durch die Plebs zu bringen, aber die Sitzung geriet völlig außer Kontrolle. Zwei ehemalige Gladiatoren kamen ums Leben, mehrere Senatoren wurden körperlich angegriffen, und wegen des allgemeinen Aufruhrs wurde die Sitzung schließlich vertagt. Crassus Orator war mitten im Gefummel, weil er gerade seinen Wahlkampf führte. Seine Toga war schmutzig, und er selbst raste vor Wut. Als Folge schlug er dem Senat eine Verordnung vor: Danach soll der Magistrat, der eine Sitzung einberufen läßt, die alleinige Verantwortung für den Verlauf der Sitzung übernehmen. Die Verordnung wurde als brillantes Gesetzeswerk gepriesen, an die Volksversammlung weitergeleitet und dort verabschiedet. Hätte Carbos Sitzung unter Crassus Orators neuem Gesetz stattgefunden, hätte man ihn wegen Unruhestiftung anklagen und zu einer hohen Geldstrafe verurteilen können.
Aber jetzt komme ich endlich zur köstlichsten Nachricht: Wir haben keine Zensoren mehr!
Aber Publius Rutilius, höre ich Dich rufen, was ist passiert? Nun, ich erzähle es Dir. Zuerst dachten wir, die beiden kämen gut miteinander aus, obwohl sie so verschieden sind. Sie vergaben die Staatsaufträge, überprüften die Listen der Senatoren und Ritter und erließen eine Verordnung, wonach alle Lehrer der Rhetorik mit Ausnahme einiger weniger untadeliger Männer aus Rom verbannt wurden. Ihr Zorn galt vor allem den Lehrern für lateinische Rhetorik, aber auch die Griechischlehrer kamen nicht besonders gut weg. Du kennst diese Menschen, Lucius Cornelius. Für ein paar Sesterze täglich versprechen sie, die Söhne mittelloser, aber ehrgeiziger Väter der dritten und vierten Klasse zu Anwälten zu machen. Diese Anwälte führen ihre Geschäfte dann auf dem ganzen Forum und suchen sich ihre Beute unter unserer leichtgläubigen, aber prozeßlustigen Bevölkerung. Die meisten unterrichten nicht einmal Griechisch, weil die Rechtssprechung auf Lateinisch erfolgt. Jeder gibt zu, daß die sogenannten Rhetoriklehrer die Rechtssprechung und die Anwaltschaft in ein schiefes Licht rük- ken, daß sie die Ahnungslosen und Unterprivilegierten hereinlegen und ihnen ihr bißchen Geld abknöpfen. Und sie tragen nicht gerade zum Ruhm des Forums bei. Jetzt sind sie also weg, und zwar mit Sack und Pack! Es nutzte ihnen nichts, daß sie Crassus Orator und Ahenobarbus Pontifex Maximus verfluchten. Sie mußten Rom verlassen. Nur Lehrer mit tadellosem Ruf und richtigen Schülern durften bleiben.
Rom war beeindruckt. Alle stimmten einen Lobgesang auf die Zensoren an, und man durfte annehmen, daß die beiden jetzt besser miteinander auskommen würden. Statt dessen begannen sie zu streiten. In aller Öffentlichkeit! Der Streit gipfelte in einem heftigen Austausch von Unhöflichkeiten, den halb Rom hören konnte, jene Hälfte jedenfalls (zu der auch ich gehörte, wie ich freimütig gestehe!), die sich in der Nähe des Zensorenhauses aufhielt, um zu hören, was es zu hören gab.
Nun weißt Du vielleicht, daß Crassus Orator sich mit der Fischzucht beschäftigt. Geschäftspraktiken dieser Art werden neuerdings, als mit dem Senatorenrang vereinbar angesehen. Er ließ also auf seinen Landgütern riesige Teiche ausheben und macht jetzt ein Vermögen mit Süßwasseraalen, Hechten, Karpfen und so weiter, die er zum Beispiel an das Priesterkollegium vor den großen öffentlichen Festmahlen verkauft. Wir ahnten ja nicht, was uns bevorstand, als Lucius .Sergius Orata in Baiae Austern zu züchten begann! Von Austern zu Aalen ist es nämlich nur ein kleiner Schritt, Lucius Cornelius.
Ach, wie sehr werden mir die köstlichen römischen Skandale fehlen! Aber davon
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