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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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alle Angebote ab und verteidigte mich selbst. Mit Anstand und Würde, wie ich mir schmeichle, und mit Gelassenheit. Mein einziger Helfer war mein geliebter Neffe Gaius Aurelius Cotta. Er ist der älteste der drei Söhne des Marcus Cotta und Halbbruder meiner lieben Aurelia. Ihr anderer Halbbruder, Lucius Cotta, war in dem Jahr Prätor, in dem die lex Licinia Mucia verabschiedet wurde. Er hatte tatsächlich die Frechheit, bei der Anklage mitzuhelfen! Sein Onkel Marcus Cotta spricht jetzt nicht mehr mit ihm, und seine Halbschwester auch nicht.
    Das Urteil war unvermeidlich, wie ich schon sagte. Ich wurde der Bestechung für schuldig befunden. Das Bürgerrecht wurde mir aberkannt, und ich wurde ins Exil geschickt, mindestens fünfhundert Meilen von Rom entfernt. Ich wurde jedoch nicht enteignet — ich glaube, die Geschworenen wußten, daß sie bei einem Versuch in dieser Richtung gelyncht worden wären. Mein letztes Wort vor den Geschworenen war, daß ich zu dem Volk ins Exil gehen würde, dessentwegen ich verurteilt worden sei — zu den Bürgern der Provinz Asia, genauer: nach Smyrna.
    Ich werde nicht mehr nach Hause zurückkehren, Lucius Cornelius. Ich sage das nicht aus Ärger oder verletztem Stolz. Ich will nichts mehr mit einer Stadt und einem Volk zu tun haben, die ein so offensichtliches Unrecht hinnehmen. Drei Viertel Roms weinen über das offenkundige Unrecht, aber das ändert nichts an der Tatsache, daß ich, das Opfer, kein römischer Bürger mehr bin und ins Exil gehen muß. Nun, ich werde mich nicht erniedrigen oder denen, die mich verurteilten, Genugtuung verschaffen, indem ich den Senat in einer Flut von Bittschriften anflehe, das Urteil zu widerrufen und mir das Bürgerrecht wieder zuzuerkennen. Ich werde mich als wahrer Römer erweisen. Ich werde mich, wie ein folgsamer römischer Hund, dem Urteil eines rechtmäßig ernannten römischen Gerichts beugen.
    Ich habe bereits einen Brief des Ethnarchen von Smyrna in den Händen. Er scheint sich gewaltig zu freuen, einen neuen Bürger namens Publius Rutilius Rufus zu bekommen. Es scheint, daß man ein Fest zu meinen Ehren veranstalten will, sobald ich dort ankomme. Seltsame Leute, die so auf die Ankunft eines Mannes reagieren, der sie doch angeblich ausgenommen hat!
    Hab nicht zu viel Mitleid mit mir, Lucius Cornelius. Man wird gut für mich sorgen, scheint es. Smyrna hat mir sogar eine sehr großzügige Pension, ein Haus und einen Diener zuerkannt. Und in Rom gibt es noch genügend Rutilier, die Schwierigkeiten machen können — meinen Sohn, meine Neffen und meine Vettern des Familienzweiges der Rutilius Lupus. Aber ich werde mich in einen griechischen Umhang und in griechische Sandalen kleiden, denn ich habe kein Recht mehr, eine Toga zu tragen. Willst Du auf dem Rückweg nicht einen Abstecher machen und mich in Smyrna besuchen, Lucius Cornelius? Ich sehe bereits voraus, daß alle Freunde, die im östlichen Mittelmeer weilen, mich besuchen werden! Wenigstens ein kleiner Trost für einen Exilanten.
    Ich habe beschlossen, richtig mit dem Schreiben zu beginnen, aber keine neuen Kompendien über militärische Logistik, Taktik oder Strategie. Statt dessen werde ich Biographien schreiben. Ich habe vor, mit einer Biographie Metellus Numidicus Schweinebackes zu beginnen, die auch ein paar saftige Einzelheiten enthalten wird, bei denen das Ferkel vor Wut mit den Zähnen knirschen dürfte. Dann werde ich mich Catulus Caesar zuwenden und auch eine gewisse Meuterei erwähnen, die sich damals an der Etsch ereignete, als die Germanen sich bei Tridentum herumtrieben. Ach, welches Vergnügen wird mir das bereiten! Also besuche mich bitte, Lucius Cornelius! Ich brauche Informationen, die nur Du mir geben kannst!
    Sulla hatte nie geglaubt, daß er Publius Rutilius Rufus besonders gern hatte. Aber als er jetzt die Briefrolle sinken ließ, waren seine Augen voller Tränen. Und er schwor sich: Wenn er — der größte Mann der Welt — eines Tages als erster Mann Roms fest im Sattel saß, würden Männer wie Caepio und Philippus seine Vergeltung zu spüren bekommen. Und diese Kröte von einem Ritter, Sextus Perquitienus.
    Als jedoch der junge Sulla mit Morsimos hereinkam, waren Sullas Augen bereits wieder trocken.
    »Ich bin bereit«, sagte er zu Morsimos. »Aber bitte erinnere mich daran, dem Kapitän zu sagen, daß wir zuerst nach Smyrna wollen. Ich muß dort einen alten Freund besuchen und ihm versichern, daß ich ihn über die Ereignisse in Rom auf dem laufenden halten

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