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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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befahl Sextus Caesar ihnen mit lauter Stimme. »Die Sitzung scheint außer Kontrolle zu geraten. Es kann sein, daß ich euch befehlen muß, bestimmte Männer hinauszuführen.« Er nickte Drusus zu. »Fahre fort.«
    »Ich werde der Volksversammlung ein Gesetz vorlegen, das jedem Mann vom Arno bis nach Rhegium, vom Rubikon bis Vereium und vom Tyrrhenischen bis zum Adriatischen Meer das uneingeschränkte römische Bürgerrecht gibt!« Drusus mußte brüllen, um gehört zu werden. »Es ist höchste Zeit, daß wir uns von diesem furchtbaren Übel befreien, daß wir nämlich einige Menschen in Italien für besser halten als die anderen — daß wir Römer uns für besser halten als alle übrigen! Senatoren, Rom ist Italien! Und Italien ist Rom! Wir müssen dieser Tatsache endlich ins Auge blicken und jeden Mann in Italien als gleichgestellt anerkennen!«
    Der Senat kochte über. Mehrere Senatoren schrien »Nein, nein, nein!«, trampelten mit den Füßen, brüllten vor Wut, zischten und pfiffen; Stühle schlugen neben Drusus auf den Boden, und von allen Seiten erhoben sich Fäuste gegen ihn.
    Aber Drusus blieb unbewegt stehen. »Ich werde es tun!« schrie er. »Ich — werde — es — tun!«
    »Nur über meine Leiche!« heulte Caepio von seinem Platz weiter hinten.
    Drusus wandte sich Caepio zu. Seine Stimme zitterte vor Wut.
    »Wenn es notwendig wird, auch über deine Leiche, du dekadenter Kretin! Wann hast du jemals mit Italikern gesprochen, um zu erfahren, was für Männer sie sind?«
    »In deinem Haus, Drusus, in deinem Haus! Dort wird über Aufstand geredet! Dein Haus ist ein ganzes Nest voller schmutziger Italiker! Silo und Mutilus, Egnatius und Vidacilius, Lamponius und Duronius!«
    »In meinem Haus wurde niemals über Aufstand geredet!«
    Caepio war mit rotem Gesicht aufgesprungen. »Du bist ein Verräter, Drusus! Eine Schande für deine Familie, ein Geschwür im edlen Antlitz Roms! Dafür werde ich dich vor Gericht stellen!«
    »Nein, du Eiterbeule, ich werde dich vor Gericht stellen!« donnerte Drusus. »Wo ist denn das Gold von Tolosa, Caepio? Erzähle doch einmal den anderen Senatoren davon! Erzähle ihnen, mit welchen Geschäften du dich bereicherst und wie wenig sie sich für einen Senatoren ziemen!«
    »Wollt ihr das wirklich hinnehmen?« brüllte Caepio und blickte sich suchend um. Beschwörend streckte er die Arme aus. »Er ist der Verräter. Er ist die Schlange!«
    Während der ganzen Zeit hatten Sextus Caesar und der Senatsvorsitzende Scaurus versucht, die Ordnung wiederherzustellen, doch nun gab Sextus Caesar auf. Er gab seinen Liktoren ein Zeichen mit den Fingern, ordnete seine Toga und marschierte hinter den Liktoren aus dem Saal, wobei er weder nach rechts noch nach links blickte. Einige Prätoren folgten ihm. Quintus Pompeius Rufus dagegen sprang vom Podium auf Catulus Caesar zu, und im selben Augenblick rannte auch Gnaeus Pompeius Strabo auf Catulus Caesar zu. Beide waren zum Äußersten entschlossen, ihre Fäuste waren geballt, die Gesichter verzerrt. Doch bevor die beiden Pompeier den hochmütig und verächtlich dreinblickenden Catulus Caesar erreichen konnten, trat Gaius Marius dazwischen. Er schüttelte grimmig sein altes Haupt, packte Pompeius Strabos Handgelenk und zwang ihn nieder, während Crassus Orator den wütenden Pompeius Rufus festhielt. Die beiden Kampfhähne wurden höchst unzeremoniell aus dem Haus geführt. Unterwegs zog Marius, unterstützt von Antonius Orator, auch noch Drusus mit sich. Catulus Caesar blieb lächelnd neben seinem Stuhl stehen.
    »Das kam nicht besonders gut an«, sagte Drusus draußen keuchend.
    Die Männer hatten im Comitium Zuflucht gesucht. Wenig später hatte sich eine kleine Menge wütender Parteigänger um sie versammelt.
    »Wie kann Catulus Caesar es wagen, so etwas über meine Familie zu sagen!« schrie Pompeius Strabo, der sich an seinen entfernten Vetter Pompeius Rufus klammerte wie an einen Balken in einer stürmischen See. »Wenn ihr mich fragt, er hat sandfarbene Haare!«
    »Seid endlich still, ihr alle!« sagte Marius, der sich vergeblich nach Sulla umsah. Bis heute jedenfalls hatte Sulla Drusus enthusiastisch unterstützt, hatte bei keiner einzigen Versammlung gefehlt, auf der Drusus eine Rede gehalten hatte. Wo war er jetzt? Hatten ihn die heutigen Ereignisse so abgestoßen? Hatte er sich vielleicht bei Catulus Caesar angebiedert? Dafür gab es keinen vernünftigen Grund, aber selbst Marius hatte nicht erwartet, daß die Sitzung so gewalttätig

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