MoR 02 - Eine Krone aus Gras
Sklaven, die man verkaufen könnte. Denkt über das, was ich euch zu tun bitte, sorgfältiger und nüchterner nach, als ihr es je getan habt. Gefühle und Vorurteile dürfen keine Rolle spielen. Es geht um viel. Ich will nichts anderes, als mein geliebtes Rom vor den Schrecken eines Bürgerkriegs zu bewahren.«
Dieses Mal hörte der Senat ihm zu. Drusus begann, Hoffnung zu schöpfen. Selbst Philippus, der wütend aussah und von Zeit zu Zeit vor sich hin murmelte, unterbrach ihn nicht. Auch der laute und boshafte Caepio verhielt sich ruhig — und das mochte noch bedeutsamer sein, wenn es sich dabei nicht um eine neue Taktik handelte, die seine Gegner sich in den sechs zurückliegenden Tagen ausgedacht hatten. Vielleicht mochte Caepio auch seine Nase nicht so zurichten lassen wie die des Philippus, die geschwollen und entzündet war.
Nachdem Drusus seine Rede beendet hatte, sprachen der Senatsvorsitzende Scaurus, Crassus Orator, Antonius Orator und Scaevola. Alle unterstützten Drusus. Und die Senatoren hörten aufmerksam zu.
Aber als sich Gaius Marius erhob, um zu sprechen, zerbrach der Frieden. Es geschah in genau dem Moment, in dem Drusus seine Sache gewonnen glaubte. Später glaubte Drusus, daß Philippus und Caepio den Tumult von Anfang an geplant hatten.
Philippus sprang auf. »Genug!« schrie er und sprang vom kurulischen Podium herab. »Es ist genug, sage ich! Wer bist du denn, Marcus Livius, daß du den Verstand und die Prinzipien so großer Männer wie unseres Senatsvorsitzenden vergiftest? Daß der Italiker Marius auf deiner Seite steht, halte ich für unvermeidlich, aber der Senatsvorsitzende? Meine Ohren, meine Ohren! Haben sie wirklich gehört, was einige unserer höchst verehrten Konsulare heute gesagt haben?«
»Deine Nase, deine Nase! Riecht sie denn, wie du stinkst, Philippus?« spottete Antonius Orator.
»Schweig, du Italikerfreund!« brüllte Philippus. »Halte dein übles Mundwerk!«
Auf diese Beleidigung hin sprang Antonius Orator empört von seinem Stuhl auf. Marius und Crassus, die neben ihm saßen, zogen ihn wieder auf seinen Sitz herunter, bevor er sich auf Philippus stürzen konnte.
»Hört mich an!« schrie Philippus. »Wacht endlich auf und erkennt, was euch da vorgegaukelt wird, ihr Senatorenschafe! Krieg? Wie sollte es zu einem Krieg kommen? Die Italiker haben weder Waffen noch Soldaten! Sie könnten nicht einmal gegen eine Herde Schafe in den Krieg ziehen — selbst wenn ihr Senatoren die Schafe wärt!«
Sextus Caesar und der Senatsvorsitzende Scaurus hatten wiederholt zur Ordnung gerufen, seit sich Philippus in die Reden eingemischt hatte. Sextus Caesar winkte nun seinen Liktoren, die heute als Vorsichtsmaßnahme im Saal anwesend waren. Aber bevor die Liktoren sich Philippus nähern konnten, der mitten im Saal stand, riß dieser seine purpurgesäumte Toga vom Körper und warf sie auf Scaurus.
»Hier, nimm sie, Scaurus, du Verräter! Ihr könnt sie behalten! Ich suche in Rom nach einer anderen Regierung!«
»Und ich«, rief Caepio, der ebenfalls von seinem Platz herabstieg, »ich rufe das ganze Volk zusammen, vom Patrizier bis zum Plebejer!« Der Senat löste sich in Chaos auf. Hinterbänkler begannen sich sinnlos zu raufen, und Scaurus und Sextus Caesar riefen immer wieder zur Ordnung, während die meisten der in den vorderen und mittleren Reihen sitzenden Senatoren hinter Philippus und Caepio durch das Portal hinausströmten.
Am unteren Ende des Forum Romanum stand eine große Menschenmenge, die erfahren wollte, was der Senat beschlossen habe. Caepio stieg auf die Rostra hinauf und brüllte, das Volk von Rom möge sich mit all seinen Tribus versammeln. Formalitäten kümmerten ihn nicht — auch nicht die Tatsache, daß die Senatssitzung nicht ordnungsgemäß beendet worden war und deshalb keine Volksversammlung einberufen werden durfte. Caepio begann sofort mit einer Schmährede auf Drusus, der inzwischen neben ihn auf die Rostra getreten war.
»Seht ihn euch an, den Verräter!« heulte Caepio. »Er ist dabei, unser Bürgerrecht jedem dreckigen Italiker auf dieser Halbinsel nachzuwerfen, jedem verlausten samnitischen Schäfer, jedem geistig zurückgebliebenen Bauern aus Picenum, jedem stinkenden Straßenräuber in Lucania und Bruttium! Und unser ehrenwerter Senat? Er ist tatsächlich drauf und dran, dem Verräter nachzugeben! Aber ich werde das nicht zulassen, ich werde es nicht erlauben!«
Drusus wandte sich den anderen Tribunen zu, die ihm auf die Rostra gefolgt
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