MoR 02 - Eine Krone aus Gras
Hingabe und Entschlossenheit unserer Bürger«, sagte Mutilus. »Ich nenne es deshalb lieber einen Vertrauenbeweis, daß jede Stadt in Italia bereit ist, das Leben von fünfzig Kindern zu riskieren. Die fünfzig Kinder aus meiner Heimatstadt Bovianum werden nach Marruvium geschickt, und fünfzig Kinder aus Marruvium kommen nach Bovianum. Wie ich sehe, sind bereits weitere Austauschaktionen beschlossen worden — Asculum Picentum und Sulmo — Teate und Saepinum. Gut!«
Silo und Mutilus gingen hinaus, um sich mit dem großen Rat zu besprechen. Als sie zurückkamen, stellten sie fest, daß die Männer im Kriegsrat während ihrer Abwesenheit über mögliche Strategien gesprochen hatten.
»Wir marschieren zuerst auf Rom«, sagte Titus Lafrenius.
»Aber wir dürfen nicht alle Kräfte auf Rom konzentrieren«, wandte Mutilus ein, während er sich setzte. »Wenn wir aus Etruria und Umbria keine Unterstützung bekommen, und davon müssen wir wohl ausgehen, dann können wir im Norden von Rom vorerst nichts ausrichten. Und wir dürfen nicht vergessen, daß das nördliche Picenum fest in der Hand der römischen Pompeier ist und uns deshalb nicht helfen kann. Stimmt ihr mir zu, Gaius Vidacilius und Titus Herennius?«
»Leider müssen wir dir zustimmen«, sagte Vidacilius gewichtig. »Das nördliche Picenum ist römisch. Über die Hälfte gehört Pompeius Strabo persönlich, und was ihm nicht gehört, gehört Pompeius Rufus. Wir haben nur einen Streifen zwischen Sentinum und Camerinum, mehr nicht.«
»Wir müssen den Norden also fast ganz abschreiben«, sagte Mutilus. »Im Osten von Rom, wo der Apennin ansteigt, sieht es viel besser für uns aus. Was den Süden der Halbinsel angeht, so können wir Rom wahrscheinlich ganz von Tarentum und Brundisium abschneiden. Und wenn Marcus Lamponius mit Lucania zu uns stößt, und das tut er meiner Ansicht nach sicher, dann können wir Rom auch von Rhegium abschneiden.« Mutilus’ Züge entspannten sich. »Bleibt jedoch noch das Tiefland der Campania, das sich über Samnium bis zur apulischen Adria erstreckt. Dort müssen wir Rom am härtesten schlagen, aus mehreren Gründen. Der wichtigste ist, daß Rom glaubt, die Campania endgültig unterworfen und dem römischen Reich einverleibt zu haben. Aber das stimmt nicht, Männer! Capua und Puteoli halten sie vielleicht fest in Händen, aber den Rest der Campania können wir ihnen bestimmt abnehmen! Wenn uns das glückt, verlieren sie die besten Seehäfen in der Nähe von Rom und das fruchtbarste Ackerland der näheren Umgebung, und der Weg zu den großen und wichtigen Häfen im fernen Süden ist ihnen abgeschnitten. Wir isolieren Capua. Ist Rom erst in der Defensive, werden Etruria und Umbria sich beeilen, zu uns zu stoßen. Wir müssen jede Straße, die von Osten und Süden nach Rom führt, unter unsere Kontrolle bringen, und wir müssen versuchen, auch die Via Flaminia und die Via Cassia zu beherrschen. Wenn Etruria erst auf unserer Seite steht, gehört uns natürlich jede Römerstraße. Dann können wir Rom notfalls aushungern.«
»Siehst du, Gaius Vidacilius?« sagte Silo triumphierend. »Wer sagt denn, daß wir keine Feldherren haben?«
Vidacilius gab sich geschlagen und hob die Hände. »Ich stimme dir zu, Quintus Poppaedius! In Gaius Papius haben wir einen Feldherren.«
»Ihr werdet noch sehen«, sagte Mutilus, »daß allein in diesem Raum ein Dutzend gute Feldherren versammelt sind.«
Am gleichen Tag, als der neue Staat Italia entstand und dessen Führer in der neuen Hauptstadt berieten, ritt der Prätor Quintus Servilius aus der Familie der Auguren von der Hafenstadt Firmum Picenum die Via Salaria in Richtung Rom. Seit Juni hatte er die Länder nördlich von Rom bereist und war durch die fruchtbaren Hügel Etrurias bis hinauf an den Arno gelangt, der die Grenze zu Gallia Cisalpina bildete. Dann war er östlich nach Umbria weitergezogen und von dort die adriatische Küste entlang nach Süden. Er war mit sich zufrieden. Jeden italischen Stein hatte er umgedreht, und wenn er kein Verschwörernest gefunden hatte, so deshalb, weil es keines gab. Davon war Quintus Servilius überzeugt.
Er war gereist wie ein König. Als Inhaber eines prokonsularischen Imperiums stand ihm ein prächtiges Gefolge zu: Ihm voraus ritten zwölf karmesinrot gekleidete Liktoren mit schwarzen, metallbeschlagenen Gürteln, die Rutenbündel trugen, in denen die Richtbeile steckten. Quintus Servilius selbst saß auf einem schneeweißen Zelter und trug eine
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