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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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sie Groll gegen uns. Heute findet übrigens hier am Ort ein Fest zu Ehren des Picus statt.«
    »Picus?« Quintus Servilius blickte verständnislos auf sein Gegenüber. »Sie geben einem Specht zu Ehren ein Fest?«
    Sie schritten durch das Tor auf einen schmalen, viereckigen Platz, der mit Girlanden aus Herbstblumen geschmückt war. Das Pflaster war mit Rosenblüten und Gänseblümchen bestreut.
    »Picus ist für die Picenter so etwas wie Mars«, erklärte Fabricius. »Sie glauben, er sei der König des alten Italien gewesen und habe die Picenter von ihrem Ursprungsland, dem Land der Sabiner, über die Berge in das Gebiet geführt, das wir heute Picenum nennen. Nach der Ankunft soll Picus sich in einen Specht verwandelt und Bäume angebohrt haben, um die Grenzen des Gebietes zu markieren.«
    »Ach so«, sagte Quintus Servilius gleichgültig.
    Fabricius führte ihn und seinen Legaten Fontaneius zu seinem prachtvollen Wohnhaus an der höchsten Stelle der Stadt. Zuvor hatte er dafür gesorgt, daß die Liktoren und Reiter in der Nähe angemessen untergebracht und die Sklaven bei seinen eigenen Sklaven einquartiert wurden. Angesichts des ehrerbietigen und luxuriösen Empfangs blühte Quintus Servilius geradezu auf, vor allem, nachdem er sein Zimmer, das beste in einem wunderschönen Haus, gesehen hatte.
    Es war heiß an diesem Tag, und die Sonne stand noch immer hoch am Himmel. Nach einem Bad gesellten sich die beiden Römer zu ihrem Gastgeber auf die Loggia, von der aus die Stadt mit ihren imposanten Mauern und die noch imposanteren Berge dahinter zu sehen waren. Es war eine großartige Aussicht für ein Stadthaus.
    »Wenn du willst, Quintus Servilius«, sagte Fabricius, als die Gäste erschienen, »gehen wir heute nachmittag ins Theater. Man gibt Plautus’ Bacchides.«
    »Das klingt vorzüglich.« Quintus Servilius setzte sich auf einen mit Kissen gepolsterten Stuhl im Schatten. »Seit meiner Abreise aus Rom habe ich kein Stück mehr gesehen.« Er seufzte behaglich. »Überall Blumen, aber kaum ein Mensch auf der Straße. Ist es wegen dieses Festes des Picus?«
    Fabricius runzelte die Stirn. »Nein. Dahinter scheint eine merkwürdige neue Politik der Italiker zu stecken. Heute früh sind fünfzig askulanische Kinder — alles Italiker — nach Sulmo geschickt worden, und jetzt warten sie darauf, daß im Gegenzug fünfzig Kinder aus Sulmo in Asculum eintreffen.«
    »Wie merkwürdig! Wenn man es nicht besser wüßte, könnte man es für einen Austausch von Geiseln halten«, sagte Quintus Servilius träge. »Rüsten die Picenter etwa zum Krieg gegen die Marrukiner? Sieht ganz so aus, nicht wahr?«
    »Mir ist nichts von einem Krieg zu Ohren gekommen«, sagte Fabricius.
    »Aber sie haben fünfzig askulanische Kinder in eine Stadt der Marrukiner geschickt und erwarten bei sich fünfzig Kinder der Marrukiner. Das legt doch zumindest nahe, daß die Beziehungen zwischen Picentern und Marrukinern gespannt sind.« Quintus Servilius kicherte. »Wäre ein Krieg zwischen ihnen nicht schön? Dann hätten sie anderes zu tun, als von uns das Bürgerrecht zu verlangen, nicht?« Es nippte an seinem Wein und sah verblüfft auf. »Mein lieber Publius Fabricius! Gekühlter Wein?«
    »Nicht schlecht, was?« Fabricius war beglückt, daß er einen römischen Prätor mit einem so alten und ruhmreichen patrizischen Namen wie Servilius hatte überraschen können. »Ich schicke jeden zweiten Tag einige Leute zum Schneeholen. Damit kann ich den Wein den ganzen Sommer und Herbst über kühlen.«
    »Köstlich.« Quintus Servilius lehnte sich zurück und fragte ohne Überleitung: »In welchem Gewerbe arbeitest du?«
    »Ich habe einen Exklusiwertrag mit den meisten Obstbauern in der Umgebung. Ich kaufe ihnen alle Apfel, Birnen und Quitten ab. Die besten schicke ich per Schiff nach Rom, wo ich sie als Frischobst verkaufe. Den Rest verarbeite ich in meiner kleinen Manufaktur zu Marmelade, die ich dann auch nach Rom schicke. Außerdem habe ich einen Vertrag für Kichererbsen.«
    »Tüchtig, tüchtig.«
    »Ja, ich muß sagen, ich habe einiges erreicht«, sagte Fabricius selbstzufrieden. »Es ist übrigens typisch für die Italiker, daß sie wie alle Faulenzer sofort über Monopole, ungerechte Handelspraktiken und ähnlichen Unfug schimpfen, wenn sie einem Menschen mit römischem Bürgerrecht begegnen, dem es besser geht als ihnen. In Wahrheit wollen sie nicht arbeiten, und wenn sie wollen, verstehen sie nichts vom Geschäft! Wenn es nach denen ginge,

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