MoR 02 - Eine Krone aus Gras
können. Warum ihnen die Illusion nehmen? Wenn wir noch einmal um das Bürgerrecht bitten, sieht es so aus, als seien wir tatsächlich nicht kampfbereit.«
»Einverstanden, Quintus Poppaedius«, sagte Mutilus.
»Gut. Dann schlage ich vor, daß wir aus dem Rat der Fünfhundert eine zweite Gruppe guter Redner auswählen, die nach Rom geht. Sie sollte von mindestens einem Mitglied des Kriegsrats geführt werden.«
»Eines ist sicher«, meinte Vidacilius. »Wenn wir den Krieg gewinnen wollen, müssen wir uns beeilen. Wir müssen die Römer rasch und vernichtend schlagen, an möglichst vielen Fronten. Wir haben hervorragend ausgebildete Truppen und bestes Kriegsmaterial. Wir haben prächtige Zenturionen.« Verdrossen fügte er hinzu: »Aber leider haben wir keine Feldherren.«
»Falsch«, widersprach Silo heftig. »Wenn du meinst, wir hätten keinen Gaius Marius, dann hast du recht. Aber der ist inzwischen ein alter Mann, und wen haben die Römer sonst? Quintus Lutatius Catulus Caesar, der behauptet, er habe die Kimbern in Gallia Cisalpina geschlagen? Jeder weiß doch, daß es Gaius Marius war. Sie haben Titus Didius, aber Didius ist nicht Marius. Und wichtiger ist noch, daß sie Didius’ Legionen ins Lager nach Capua verlegt haben — es sind vier, und alles Veteranen. Ihre besten aktiven Feldherrn, Sentius und Bruttius Sura, sind in Makedonien. Keiner würde es wagen, sie von dort zurückzuholen. Sie haben zuviel zu tun.«
»Bevor sich Rom von uns erobern läßt«, sagte Mutilus bitter, »schreibt es alle Provinzen ab und ruft die Legionen zurück.
Deshalb müssen wir diesen Krieg schnell gewinnen!«
»Ich habe noch etwas zu den Feldherren zu sagen«, sagte Silo geduldig. »Es ist eigentlich gar nicht so wichtig, welche Heerführer Rom zur Verfügung hat. Rom wird reagieren, wie es immer reagiert hat — und die Konsuln des Jahres haben den Oberbefehl im Feld. Ich meine, mit Sextus Julius Caesar und Lucius Marcius Philippus brauchen wir nicht mehr zu rechnen. Deren Zeit ist fast um. Ich weiß nicht, wie die Konsuln des nächsten Jahres heißen, aber sie sind sicher schon gewählt. Deshalb teile ich eure Bedenken nicht, Gaius Vidacilius und Gaius Papius. Jeder der hier Versammelten hat solange Militärdienst geleistet wie die Kandidaten für das Amt des römischen Konsuls. Ich beispielsweise habe an mehreren größeren Gefechten teilgenommen. Und ich hatte das große Glück, Roms schreckliche Niederlage bei Arausio miterleben zu dürfen! Mein Prätor Scato, auch ihr, Gaius Vidacilius, Gaius Papius, Herius Asinius, Marius Egnatius — es gibt in diesem Raum doch keinen, der nicht an mindestens sechs Feldzügen teilgenommen hat! Vom Befehlen verstehen wir mindestens ebensoviel wie jeder, den die Römer ins Feld schicken, ob Legat oder Heerführer.«
»Und wir haben einen großen Vorteil«, sagte Praesenteius. »Wir kennen das Land besser als die Römer. Wir bilden unsere Leute schon seit Jahren überall in Italien aus. Die Römer sammeln ihre Kriegserfahrung anderswo, nicht in Italien. Sobald die Legionäre die Rekrutenschulen in Capua verlassen, kommen sie weg. Didius’ Truppen haben sich zwar leider noch nicht eingeschifft, aber wenn Rom keine Legionen aus Übersee heimholt, verfügt es nur über seine vier Veteranenlegionen.«
»Hat Publius Crassus nicht Truppen aus Hispania Ulterior mitgebracht, als er seinen Triumph feierte?« wollte Herius Asinius wissen.
»Das stimmt. Aber sie wurden zurückgeschickt, als die Spanier wieder einmal rebellierten«, beruhigte ihn Mutilus. Er war am besten darüber informiert, was in Capua vor sich ging. »Die vier Legionen des Titus Didius sind deshalb in Capua stationiert, weil sie vielleicht in der Provinz Asia oder in Makedonien gebraucht werden.«
In diesem Augenblick trat ein Bote ein und überbrachte eine Mitteilung der auf dem Marktplatz tagenden Räte. Mutilus nahm das Papier, überflog es mehrmals und lachte dann barsch.
»Nun, Feldherren des Kriegsrates, offenbar sind unsere Freunde auf dem Marktplatz so entschlossen wie wir, die Sache voranzutreiben! Nach diesem Schreiben hier sind die Mitglieder des concilium Italiae übereingekommen, daß sich jede größere Stadt in Italia mit einer Stadt von gleicher Größe in einem anderen italischen Staat zusammentut und Geiseln austauscht — nicht weniger als fünfzig Kinder, aus allen Schichten!«
»Das nenne ich einen Mißtrauensbeweis«, sagte Silo.
»Mag sein, aber zugleich ist es auch ein greifbarer Beweis der
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