MoR 02 - Eine Krone aus Gras
ihren Fisch noch gar nie gesehen! Aelia muß einen guten Vorwand finden, warum Cornelia Sulla unbedingt zu einem Festessen bei Quintus Pompeius Rufus mitgehen muß: weil der Vater in Rom zu Besuch ist, wegen einer Krankheit der Mutter oder aus irgendeinem anderen Grund. Wird die liebe Cornelia Sulla ihren Widerwillen hinunterschlucken und im Beisein des verschmähten Fischs eine Mahlzeit einnehmen? Ich garantiere Dir, Lucius Cornelius, sie wird. Und da ich ihren Fisch gesehen habe, vertraue ich völlig darauf, daß sie ihre Meinung ändert. Er gehört zu der Sorte Mann, die ihr gefallen. Sie wird immer klüger sein als er und mühelos das Regiment im Haus führen. Unwiderstehlich! Sie ist Dir so ähnlich. In gewisser Hinsicht.
Sulla legte den Brief nieder. Ihm schwirrte der Kopf. Einfach? Wie konnte Publius Rutilius einen so komplizierten Plan aushek- ken und die Stirn haben, ihn einfach zu nennen? Jedes militärische Manöver war leichter! Aber den Versuch war es wert. Alles war einen Versuch wert. Erleichtert und neugierig las er weiter, was Rutilius Rufus noch zu sagen hatte.
In meinem kleinen Winkel unserer großen Welt laufen die Dinge nicht gut. Ich vermute, in Rom hat in diesen Tagen keiner die Zeit oder das Interesse, die Ereignisse in Asia Minor zu verfolgen. Aber zweifellos liegt irgendwo in den Amtsstuben des Senates ein Bericht herum, den unser Senatsvorsitzender inzwischen gelesen hat. Er liest auch den Brief, den ich mit demselben Kurier an ihn geschickt habe.
Aufdem Thron von Bithynien sitzt eine Marionette despontischen Reichs. Ja, kaum war König Mithridates sicher, daß Rom ihm den Rücken zuwendet, ist er in Bithynien eingefallen! Der Anführer der Invasion war angeblich Sokrates, der jüngere Bruder von Nikomedes III. — was auch erklärt, warum sich Bithynien noch immer ein freies Land nennt, obwohl jetzt König Sokrates an der Stelle von König Nikomedes sitzt. Ein König, der Sokrates heißt! Ist das nicht der Widerspruch schlechthin? Kannst du Dir vorstellen, wie sich Sokrates von Athen mit vollem Einverständnis zum König krönen läßt? In der Provinz Asia macht sich über die Freiheit von Bithynien jedenfalls keiner Illusionen. Bithynien ist, abgesehen vom Namen, in jeder Hinsicht das Herrschaftsgebiet des Königs Mithridates von Pontos, der übrigens sicher vor Wut schäumt über die Unentschlossenheit von König Sokrates! Sokrates hat nämlich König Nikomedes entkommen lassen. Trotz seines hohen Alters hat Nikomedes flink wie eine Ziege den Hellespont übersprungen. Hier in Smyrna laufen Gerüchte um, er sei unterwegs nach Rom und wolle sich dort über den Verlust des Thrones beschweren, auf den ihn der Senat und das Volk von Rom großzügigerweise gesetzt haben. Er wird wohl vor Ablauf des Jahres dort eintreffen, mit einem großen Teil des Staatsschatzes von Bithynien.
Und als wäre eine Marionette des pontischen Reichs nicht genug, sitzt eine weiterejetzt auch aufdem Thron von Kappadokien. Mithridates und Tigranes haben sich zusammen nach Eusebeia Mazaka begeben und einen anderen Sohn von Mithridates auf den Thron gesetzt: einen weiteren Ariarathes, aber wahrscheinlich nicht denjenigen, den Gaius Marius persönlich kennengelernt hat. König Ariobarzanes hat sich jedenfalls ebenso flink aus dem Staub gemacht wie König Nikomedes und ist den Verfolgern entkommen. Nicht lange nach Nikomedes wird er mit einer Bittschrift in der Hand in Rom vorstellig werden, aber er hat das Pech, daß er viel ärmer ist!
Lucius Cornelius, es kommen schlimme Zeiten aufunsere Provinz Asia zu, davon bin ich überzeugt. Und es gibt viele hier, die die rosige Zeit der Steuerpächter nicht vergessen haben, und viele, die das Wort Rom verabscheuen. König Mithridates wird deshalb in manchen Gegenden regelrecht umworben. Falls — oder besser sobald — er Anstalten macht, uns die Provinz Asia abzunehmen, wird er, so fürchte ich, mit offenen Armen empfangen.
All das ist nicht unser Problem, ich weiß. Damit muß sich Scaurus herumschlagen. Und ihm geht es nicht gut, wie er schreibt.
Inzwischen bist Du sicher eifrig bei denen Planspielen in der Campania. Ich stimme Dir zu, das Blatt wendet sich. Die bedauernswerten Italiker! Ob Bürgerrecht oder nicht, ihnen wird viele Generationen lang nicht vergeben werden.
Gib mir Bescheid, wie es mit Deiner Tochter gegangen ist. Ich prophezeie Dir, daß die Liebe ihren Lauf nimmt.
Statt seiner Frau den Plan von Publius Rutilius Rufus zu erklären, schickte Sulla
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