MoR 02 - Eine Krone aus Gras
römischen Bürgerrechtes befaßte, ging Sulla nach Capua und half Catulus Caesar und Metellus Pius dem Ferkel bei der Neuordnung der Legionen, die nach dem zweiten Vorstoß in die Melfa-Schlucht gewaltig dezimiert waren. In Capua erreichte ihn Rutilius Rufus’ Brief.
Mein lieber Lucius Cornelius, wie kommt es, daß Väter mit ihren Töchtern nie richtig umzugehen wissen? Es ist zum Verzweifeln! Nicht, daß ich mit meiner Tochter Schwierigkeiten hätte. Sie war begeistert, als ich sie mit Lucius Calpurnius Piso verheiratet habe. Zweifellos deshalb, weil sie ein farbloses, kleines Geschöpf ist und keine große Mitgift hatte; es war ihre größte Sorge, daß ihr Vater für sie möglicherweise gar keinen Ehemann finden würde.
Sie wäre sogar entzückt gewesen, wenn ich ihr den widerlichen Sohn des .Sextus Perquitienus angeschleppt hätte. Und als ich dann tatsächlich Lucius Piso herbeizauberte, hielt sie ihn für ein Geschenk der Götter und dankt ihn mir noch heute. Da sich diese Verbindung als besonders glücklich herausstellte, plant die nächste Generation offenbar das gleiche: Die Tochter meines Sohnes soll den Sohn meiner Tochter heiraten, wenn sie alt genug sind. Ja, ja, ich weiß, was der alte Großvater Caesar zu sagen pflegte, aber es ist auf beiden Seiten das erste Mal, daß Cousin und Cousine heiraten. Und es werden hervorragende Junge dabei herauskommen.
Die Lösung Deines Dilemmas, Lucius Cornelius, ist lächerlich einfach. Du brauchst nur die Mitwirkung von Aelia. Es muß so aussehen, als wärest du daran nicht beteiligt. Aelia soll zunächst dem Mädchen gegenüber andeuten, daß Du es Dir mit der Heirat anders überlegt hast und Dich anderweitig umsiehst. Dann soll sie ein paar andere Namen von besonders abstoßenden Kerlen wie dem Sohn des Sextus Perquitienus fallen lassen. Das wird dem Mädchen bestimmt nicht gefallen.
Daß Gaius Marius todkrank ist, bedeutet — verzeih den Ausdruck bitte! — einen echten Glücksfall: Sein Sohn kommt für eine Ehe solange nicht in Frage, als das Familienoberhaupt außer Gefecht gesetzt ist. Trotzdem ist es unbedingt notwendig, daß Cornelia Sulla den jungen Marius kennenlernt. Dann erfährt sie, daß sie mit einem weitaus schlimmeren Mann als Quintus Pompeius verheiratet werden könnte. Aelia soll das Mädchen zu einem Besuch bei Julia mitnehmen, wenn der junge Mann zu Hause ist. Nichts darfeiner Begegnung im Wege stehen — am besten weihst du Julia in die Sache ein! Marius’ Sohn ist ein verzogener, selbstsüchtiger Bursche.
Glaub mir, Lucius Cornelius, was er auch tut oder sagt, er macht sich bei Deinem Kind, das vor Liebeskummer vergeht, bestimmt nicht beliebt. Abgesehen von der Krankheit seines Vaters beschäftigt ihn im Augenblick der Gedanke, wer die Ehre hat, ihn als Kadett ertragen zu müssen. Er ist schlau genug, um zu wissen, daß er sich bei dem Betreffenden zehnmal soviel erlauben kann wie bei seinem Vater — aber manche Befehlshaber sind nachsichtiger als andere. Aus Scaurus’ Brief schließe ich, daß ihn keiner haben will, daß keiner bereit ist, ihn persönlich anzufordern, und daß sein Schicksal ganz von den Launen des Ausschusses abhängt, der über die Zuordnung der Kadetten entscheidet. Meine Informanten haben mir verraten, daß der junge Marius Weib und Wein zuspricht, wenn auch nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Ein Grund mehr, daß er nicht in Verzückung gerät, wenn er Cornelia Sulla begegnet, die er noch aus der Kindheit kennt. Als er fünfzehn oder sechzehn war, hatte er ihr gegenüber zärtliche Absichten, und wahrscheinlich nutzte er ihre Gutmütigkeit auf eine Art aus, die sie gar nicht mitbekommen hat. Er hat sich seither nicht sehr verändert. Der Unterschied ist nur, daß er meint, er habe sich verändert, und sie es nicht meint. Glaub mir, Lucius Cornelius, er schießt jeden Bock, den man sich denken kann, und sie wird ihn auch noch durcheinanderbringen.
Nach dieser Begegnung soll Aelia öfter erwähnen, daß Du wahrscheinlich von der Verbindung mit Pompeius Rufus abgekommen seist — und den Rückhalt eines steinreichen Ritters brauchtest.
Und jetzt verrate ich Dir ein unschätzbares Geheimnis über die Frauen, Lucius Cornelius. Eine Frau kann eisern entschlossen sein, einen Bewerber zurückzuweisen, wenn er aufhört, um sie zu werben, und das einen anderen Grund hat als den, daß er abgewiesen wurde, sieht sie sich den Fang, der da davonschwimmt, unweigerlich noch einmal näher an. Immerhin hat Deine Tochter
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