MoR 02 - Eine Krone aus Gras
auf oder hat ihnen anderes zu bieten wie beispielsweise Erleichterungen beim Geldverleih oder Nachrichten aus erster Hand über die Pläne des .Senats.
Ich hätte schon vor Jahren Konsul sein können. Wenn ich vor Jahren Prätor gewesen wäre. Und ausgerechnet der Senatsvorsitzende hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er hat die Ritter auf seine Seite gezogen, sie laufen ihm in Scharen nach wie blökende Lämmer. Vielleicht hast Du bemerkt, daß mein Widerwille gegen den Ritterstand immer größer wird. Es wäre doch wunderbar, sage ich mir, wenn ich sie in meiner Gewalt hätte. Unter mir hätten sie zu leiden, Publius Rutilius! Auch Deinetwegen.
Pompeius Strabo hat es in ganz Rom herumposaunen lassen, daß er sich in Picenum mit Ruhm bedeckt hat. Der wirklich Verantwortliche des eher dürftigen Erfolges ist meiner Meinung nach Publius Sulpicius. Er hat Pompeius Strabo eine Armee aus Gallia Cisalpina verschafft, und noch bevor er mit ihm Kontakt aufnahm, hat er den vereinten Truppen der Picenter und Paeligner eine herbe Niederlage zugefügt.
Unser schielender Freund — verfaulen soll er — verbrachte einen angenehmen Sommer im belagerten Firmum Picenum, und jetzt, nachdem er seine Sommerresidenz verlassen hat, beansprucht er den ganzen Ruhm für den Sieg über Titus Lafrenius, der mit seinen Männern gefallen ist. Kein Wort von Publius Sulpicius (obwohl er fast das meiste geleistet hat). Und als ob das nicht genug wäre, sorgen Pompeius Strabos Leute dafür, daß mehr Wirbel um diese Schlacht gemacht wird als um die Operationen des Gaius Marius gegen die Marrukiner und Marser.
Der Krieg ist an einem Wendepunkt angelangt. Das spüre ich in den Knochen.
Ich brauche wohl nicht gesondert über das neue Gesetz zur Verleihung der Bürgerrechte zu berichten, das Lucius Julius Caesar im Dezember zu verkünden gedenkt. .Scaurus wird in seinem Brief wohl alle Einzelheiten schildern. Ich habe dem Senatsvorsitzenden erst vor ein paar Stunden von der Sache berichtet in der Erwartung, daß er vor Empörung aufschreit. Statt dessen hat er sich richtig gefreut. Er hält die Idee für sehr verdienstvoll, solange das Bürgerrecht nicht denjenigen verliehen wird, die ihre Waffen gegen uns erhoben haben. Etruria und Umbria machen ihm Sorgen. Er meint, die Unruhen in beiden Regionen würden sich legen, sobald die Etrusker und Umbrer alle das Stimmrecht hätten. Obwohl ich alles versucht habe, konnte ich ihn nicht überzeugen, daß Lucius Julius’ Gesetz nur ein Anfang ist, daß in Kürze alle Italiker römische Bürger sein werden, egal wieviel römisches Blut an ihren Schwertern klebt und wie frisch es ist. Ich frage Dich, Publius Rutilius — wofür haben wir gekämpft?
Bitte antworte mir schnell. Schreib mir, wie man mit Töchtern umgeht.
Sulla schnürte seinen Brief an Publius Rutilius mit in das Paket, das der Senatsvorsitzende durch einen Sonderkurier nach Smyrna bringen ließ. Rutilius Rufus würde die Briefe in drei bis vier Wochen erhalten, und die Antwort dauerte wahrscheinlich genausolang.
Tatsächlich erhielt Sulla Ende November Antwort. Er war noch immer in der Campania bei Lucius Caesar, dem es inzwischen besser ging. Der Senat wollte ihm zu Gefallen sein und hatte ihm für den Sieg über Mutilus bei Acerrae einen Triumph bewilligt; daß die beiden Armeen nach Acerrae zurückgekehrt waren und zur Zeit des Beschlusses wieder kämpften, interessierte niemanden. Die Entscheidung, daß man gerade diesen Sieg und keinen anderen mit einem Triumph bedachte, begründete der Senat damit, daß die Truppen des Lucius Caesar ihren Befehlshaber auf dem Schlachtfeld als Imperator gefeiert hätten. Die Nachricht kam Pompeius Strabo zu Ohren, und seine Agenten veranstalteten daraufhin einen solchen Aufruhr, daß ihm der Senat per Dekret ebenfalls den Triumph zuerkennen mußte. Sind wir so tief gesunken? fragte sich Sulla. Ein Sieg über Italiker ist doch kein Triumph.
Lucius Caesar konnte die besondere Ehre nicht aus der Reserve locken. Als Sulla ihn fragte, wie er den Triumphzug organisieren wolle, sah er ihn nur überrascht an und sagte: »Da es keine Siegesbeute gibt, braucht nicht viel organisiert zu werden. Ich führe meine Truppen einfach durch Rom, sonst nichts.«
Die winterliche Kampfpause hatte begonnen. In Acerrae störte man sich offenbar nicht besonders an den beiden großen Belagerungsarmeen vor den Toren der Stadt. Während sich Lucius Caesar mit ersten Entwürfen für das Gesetz zur Verleihung des
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